Ärger für Aiwanger: Jede Sitzung seit Amtsantritt verpasst
Hubert Aiwanger steht Ärger ins Haus. Der Grund: Bayerns Wirtschaftsminister lässt sich bei der renommierten Max-Planck-Gesellschaft nicht blicken.
München – Es soll eine Sitzung der guten Nachrichten werden. Am Dienstag will Bayerns Ministerrat die nächsten Wissenschafts-Offensiven anschieben. 100 neue Stellen für den Schwerpunkt „Künstliche Intelligenz“, ein Verdoppeln des bisherigen Programms; dazu eine Zwischenbilanz der Uni-Exzellenzstrategie. Was in den offiziellen Verlautbarungen sicher unerwähnt bleiben wird: Hinter den Kulissen kracht es kräftig im Kabinett. Einer der zentralen Minister hat Ärger, weil er sich angeblich zu wenig um Hightech kümmert.
Nach Informationen unserer Zeitung steht Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor dem Rauswurf aus dem Senat der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), weil er sich über fünf Jahre hinweg bei keiner einzigen Sitzung dort blicken ließ. Es ist keine bayerische Hakelei – sondern Zorn der anderen Länder. Die zuständige Konferenz der Kultusminister weigert sich seit Juni 2023, Aiwanger noch mal ins wichtige Gremium der MPG zu senden. Zunächst wurde das Thema mit Blick auf die bayerische Landtagswahl im Oktober 2023 höflich vertagt. Danach platzte den Länderministern dann der Kragen. Sie nominierten alle vorgeschlagenen Landespolitiker für den Senat – Aiwangers Platz ließen sie unbesetzt.
„Es bestanden Vorbehalte gegen eine Wiederbenennung von Staatsminister Aiwanger mangels Sitzungsteilnahme“, ist in einem vertraulichen Dokument im Umfeld der Sitzung vermerkt. „Diese Vorbehalte bestehen weiter.“
14 Termine seit Amtsantritt: Aiwanger ließ sich nicht einmal blicken
Die auf ihre Wissenschaftspolitik mächtig stolzen Koalitionäre in Bayern sind nun mit keinem Regenten im Senat vertreten. Das ist ungewöhnlich. Zumal die Max-Planck-Gesellschaft eine für Wirtschaft und Wissenschaft herausragende Bedeutung hat. Sie versteht sich als Deutschlands erfolgreichste Forschungsorganisation – mit 31 Nobelpreisträgern auf Augenhöhe mit den weltbesten Forschungsinstitutionen. Allein in Bayern ist sie Träger von über einem Dutzend renommierten Instituten, von extraterrestrischer Physik bis hin zu recht irdischem Steuerrecht. Der Senat, in dem Top-Forscher und hochrangige Politiker tagen, wählt den Präsidenten, bestellt die Institutsleiter und überwacht den Haushalt. Größenordnung: zwei Milliarden Euro, dazu 24 000 Mitarbeiter.
Aiwanger fand für 14 Termine seit Amtsantritt, während der Pandemie auch viermal virtuell, nie Zeit. Auf der CSU-Seite im Kabinett wird spätestens seit letztem Jahr geschimpft, er vernachlässige einen erheblichen Teil seines Ressorts: Technologiepolitik, Start-ups, die Schnittstelle zwischen Unis und Wirtschaft, dazu die komplette internationale Wirtschaftspolitik. Die Max-Planck-Leerstelle sei symptomatisch dafür und peinlich für Bayern. Für exzessive Teilnahme an Protestdemos nehme er sich offenkundig deutlich mehr Zeit.
Aiwanger könnte von Wissenschaftsminister Blume ersetzt werden
Plan B: Die anderen Länder würden wohl Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) nachnominieren für den Senat. Bisher gibt es aber keine Signale von Aiwanger, dem Partner diesen Posten abzutreten. Dafür ein erstes Zeichen der Besserung: Gestern empfing Aiwanger den neuen Max-Planck-Präsidenten Prof. Patrick Cramer zum Antrittsbesuch in München; der ist allerdings auch schon Mitte 2022 gewählt worden, Amtsantritt letzten Juni.
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Die Zusammenarbeit mit der MPG gelte als „sehr gut“, lässt Aiwangers Ministerium ausrichten. Auf Staatssekretärs-Ebene habe es mehrere Dutzend Gespräche gegeben. Im Übrigen hätten auch die früheren Minister (alle von der CSU) zwischen 2013 bis 2018 nur an einer von 18 Sitzungen teilgenommen. (Christian Deutschländer)