Mehr als nur „Junge Wilde“: Community will ihre Heimat attraktiver machen
In Garmisch-Partenkirchen macht ein junges Netzwerk von sich Reden. Dahinter steckt eine Frau, die ihren Heimatort attraktiver gestalten will.
Zehn Jahre nach den Abiturprüfungen verabredete sich der Jahrgang von Bianca Hainisch zu einem Treffen. Das führte der Garmisch-Partenkirchnerin eines ganz besonders vor Augen: Viele ehemalige Klassenkameraden aus dem Werdenfels-Gymnasium leben nicht mehr im Landkreis. Mit dem Abitur in der Tasche zog es sie in die weite Welt. Zurückgekehrt sind nur wenige. Weil sie woanders glücklich wurden, in der Heimat die berufliche Perspektive vermissten oder keine Wohnung fanden. Hainisch möchte jetzt bei den letzten beiden Punkten ansetzen. Das tut die 30-Jährige mit einer ganzen Community, die sich „Work-Life-Gap“ nennt.
Gruppe versteht sich als Sprachrohr für alle Menschen
Müsste Hainisch die Community mit nur einem Wort beschreiben, würde sie von einem Sprachrohr sprechen. Für alle, die „mit uns Garmisch-Partenkirchen in die Zukunft führen wollen“. Egal ob Handwerker oder Akademiker, ob „Zuagroaster“ oder Einheimischer. Mit ihnen allen will sie verhindern, dass junge Menschen ihre Heimat aus beruflichen Gründen verlassen müssen. Besonders zwei Aspekte hat sie im Blick: arbeiten und leben. Übersetz man beides ins Englische, landet man beim Namen des neuen Netzwerks.
Netzwerken spielt bei den „Hoamattüftlern“, wie sich die Gruppe selbst nennt, eine große Rolle. Neben dem örtlichen Unternehmerverein als Hauptsponsor erhalten sie vom Markt, der Zugspitzregion und vielen anderen Partnern Unterstützung. Hainisch steckt unzählige Stunden in das Projekt – stellt es vor, wo sie nur kann. Zuletzt bei einem Staatsempfang in der Münchner Residenz, wo sie mit der Bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) und Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) sprach.
Das Campus-Projekt sieht die Community überwiegend positiv
Wenn die „Hoamattüftler“ selbst Veranstaltungen auf die Beine stellen, bekommt sie Unterstützung von weiteren Mistreitern. Aktuell arbeiten die Beteiligten ehrenamtlich, tauschen sich regelmäßig aus. Zum Beispiel über den Campus, der in Teilen schon ab 2028 im Kreisort in Betrieb gehen soll. Das Projekt, das in einem Zentrum für Forschung, Bildung und Pflege Arbeits- und Studienplätze schafft, sehen sie positiv.
(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen GAP-Newsletter.)
Hainisch weiß aber auch, dass man so etwas kritisch hinterfragen sollte. Gerade beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) müsse man die Bevölkerung aufklären. Darin hat sie Erfahrung – beim Pharmaunternehmen Roche befasst sie sich sehr viel mit KI. Dass man in Garmisch-Partenkirchen zu Assistenzrobotik forscht, findet sie richtig. „Lieber bauen wir unsere eigenen Roboter, anstatt sie aus Asien zu importieren.“ So weiß man, was drin steckt.
Meine News
Auf dem Instagram-Account stellen junge Einwohner ihre Geschichten vor
Dass im Landkreis viel Potenzial steckt, davon ist Hainisch überzeugt. Es gebe interessante Persönlichkeiten, die tolle Projekte auf die Beine stellen. Ihnen bietet sie eine Bühne. Auf dem Instagram-Account der Community präsentierten bereits über 20 Menschen in dreiminütigen Clips sich und ihre Arbeit. Darunter ein Café-Besitzer, eine junge Apotheken-Inhaberin oder zwei Freunde, die ein Musiklabel gegründet haben. Ihre Geschichten zeigen, wie vielfältig das Berufsleben vor Ort aussehen kann. Hainisch hofft, dass das motiviert und inspiriert. Helfen soll auch ein Mentoring-Programm, das der Verein für Berufseinsteiger anbietet.

Auf der Agenda steht auch das Wohnraum-Problem. Ende vergangenen Jahres haben die „Hoamattüftler“ eine Podiumsdiskussion organisiert. Mitglieder aus dem Gemeinderat stellten über 100 Zuhörern ihre Lösungsansätze vor. „Wir sprechen mit allen Parteien“, sagt Hainisch. Auch selbst sind sie tätig, tauschen sich mit der LongLeif gGmbH aus, die den Campus federführend plant. Beide Seiten diskutieren, wie man eine Art Generationen-Wohnen im Markt etablieren kann. Von dieser Lösung – ältere und jüngere Menschen leben unter einem Dach und unterstützen einander – sollen alle Altersklassen profitieren.
Mehr als nur „Junge Wilde“
Die Community hat das große Ganze im Blick. „Wir sind mehr als nur ein paar Junge Wilde, die sich spontan etwas in den Kopf gesetzt haben“, sagt Gründerin Hainisch. Sie weiß, dass sich viele Probleme im Ort nicht kurzfristig lösen lassen. Doch man muss sie ansprechen. Deshalb findet am 22. März bereits die nächste Podiumsdiskussion statt. Bei der möchte sie der jungen Generation wieder eine Stimme geben. Eine, die immer lauter wird. (tsch)