Vorwürfe nach Aschaffenburg-Angriff: Bayern-SPD fordert „klarte Antworten“ von CSU

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Vorwürfe nach Aschaffenburg-Angriff: Bayern-SPD fordert „klare Antworten“ von CSU

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Nach dem Aschaffenburg-Angriff weist Bayern die Schuld von sich, die Landes-SPD sieht offene Fragen – und erwartet dementsprechend klare Antworten.

Aschaffenburg – Infolge des Messerangriffs in Aschaffenburg machen sich Bayern und der Bund gegenseitig Vorwürfe. Hintergrund sind mutmaßliche Versäumnisse mit Blick auf die Ausreisepflicht des Tatverdächtigen. Während Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, Versagen vorwirft, weist die Bundesregierung die Kritik zurück.

Nach Aschaffenburg-Angriff: Scholz und Faeser werfen Bayern Versäumnisse vor

Wie schon Bundeskanzler Olaf Scholz sprach Bundesinnenministerin Nancy Faeser von Versäumnissen auch in Bayern. „Für die Abschiebungen sind die Länder vor Ort zuständig. Wir stellen fest, dass wir zu wenig Abschiebehaftplätze haben und ja, wir haben hier Vollzugsdefizite“, erklärte Faeser im ZDF. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Christiane Feichtmeier, bleibt in ihrer Einschätzung zwar zurückhaltender, erklärt gegenüber IPPEN.MEDIA jedoch auch: „Versäumnisse bayerischer Behörden können nicht ausgeschlossen werden.“

Nach dem Angriff in Aschaffenburg: Bayern und der Bund machen sich gegenseitige Vorwürfe. (Symbolbild) © IMAGO / Ardan Fuessmann, Ralf Hettler/dpa

Offene Fragen nach Aschaffenburg-Angriff: Bayern-SPD erwartet „klare Antworten“ im Innenausschuss

Viele Fragen seien nach der Tat in Aschaffenburg noch nicht abschließend geklärt. „Wir erwarten vom Innenminister für kommenden Mittwoch klare Antworten – dann berichtet er im Innenausschuss.“ Für eine finale Einschätzung sei es angesichts der offenen Fragen noch zu früh.

In einem Park in Aschaffenburg hatte am Mittwoch ein ausreisepflichtiger Mann aus Afghanistan einen zweijährigen Jungen marokkanischer Abstammung und einen 41 Jahre alten Mann mit einem Küchenmesser getötet – drei weitere Menschen hatte der bei seiner Tat 28-Jährige verletzt. Anfang Dezember 2024 habe er, so Herrmann, gegenüber den Behörden schriftlich angekündigt, ausreisen zu wollen – es aber offensichtlich nicht getan. Zuvor habe der 28-Jährige aber unter anderem wegen einer verstrichenen Frist nicht abgeschoben werden können.

Mutmaßlicher Täter von Aschaffenburg: Bayerns Innenminister sieht Versäumnisse beim Bund

Das BAMF habe den Asylantrag des Mannes zwar am 19. Juni 2023 abgelehnt und nach den Regeln des Dublin-Verfahrens eine Abschiebung nach Bulgarien angeordnet. Den Afghanen selbst habe die Behörde wohl auch darüber informiert. Die bayerischen Ausländerbehörden habe das BAMF aber „aufgrund welcher Fehler und Probleme auch immer“ erst am 26. Juli, also mehr als einen Monat später, in Kenntnis gesetzt – wenige Tage vor Ablauf der Frist für die Abschiebung.

Es sei „offenkundig“, dass eine bayerische Behörde „nicht innerhalb von sechs Tagen“ eine derartige Rückführung organisieren könne – „noch dazu, wenn das völlig unvorbereitet entsprechend kommt“, sagte Herrmann. Auch dies, erklärt Feichtmeier gegenüber IPPEN.MEDIA sei jedoch noch nicht geklärt: „Uns ist nicht klar, ob der Freistaat zumindest einen Versuch zur Abschiebung unternommen hat. Das wäre auch in einem Zeitraum von sechs Tagen nicht unmöglich gewesen.“

Aschaffenburg: Ausreisepflichtiger Tatverdächtiger – SPD in Bayern forder Aufklärung

Dass der Mann die Ausreise-Ankündigung später nicht in die Tat umsetzte, lag laut Herrmann wohl auch daran, dass er die dafür benötigten Papiere vom afghanischen Generalkonsulat bisher nicht erhalten hatte – und damit nicht ausreisen konnte. Bei Polizei und Justiz war der Mann wegen mehrerer Ermittlungsverfahren gegen ihn bekannt – auch wegen Gewaltdelikten.

„Möglicherweise wäre eine Unterbringung angebracht gewesen“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. „Und ob Bayern das BAMF auch über die Straftaten informiert hat – dazu ist es nämlich gesetzlich verpflichtet.“ Von den Behörden erwarte die SPD in Bayern daher, „sämtliche Hintergründe dieser furchtbaren Tat“ zu rekonstruieren.

Kritik an Schuldzuweisungen nach Aschaffenburg-Angriff: „Helfen niemandem – am wenigsten der Inneren Sicherheit“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, kritisiert gegenüber IPPEN.MEDIA die Reaktion der Union auf die Tat: „Offenbar versucht die Union, allen voran die CSU, derzeit durch immer neue, rechtlich häufig gar nicht umsetzbare Forderungen von eigenen Verantwortlichkeiten abzulenken.“

Die Union hat infolge der Tat in Aschaffenburg eine Reihe von Maßnahmen zur Verschärfung der Asylpolitik gefordert – darunter ein „faktisches Einreiseverbot“ für Menschen ohne gültige Papiere. Über die Aussagen von Unions-Vertretern sagt von Notz weiter: „Pauschale Schuldzuweisungen und in höchstem Maße populistische Vorschläge ohne sicherheitspolitischen Mehrwert helfen jedoch niemandem – am wenigsten der Inneren Sicherheit.“

Grünen-Fraktionsvize fordert Aufklärung nach Aschaffenburg – in Bayern und auf Bundesebene

Bei dem Angriff in Aschaffenburg sei es „nach heutigem Kenntnisstand“, erklärt der Grünen-Politiker weiter, „zu eklatanten Versäumnissen auf unterschiedlichen politischen Ebenen gekommen.“ Vor diesem Hintergrund fordert der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, „offen zu Tage getretene Defizite müssen sehr genau analysiert und schnellstmöglich abgestellt werden.“ Im Fokus müsse dabei auch „die Zusammenarbeit von bayerischen und Bundesbehörden“ stehen.

Einen großen Teil der derzeit noch offenen Fragen müsse die Landesregierung in Bayern unter CSU-Führung beantworten. Gleichzeitig, betont von Notz, müsse auch die „genaue Rolle der beteiligten Bundesbehörden“ in den Blick genommen werden. „Auch die Bundesregierung und das federführende Bundesinnenministerium müssen ihren Teil zur Aufklärung leisten.“ Ein Bericht der Bundesregierung an den Innenausschuss des Bundestages sei bereits beantragt. (pav mit dpa)

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