Deutsche Wirtschaft in Not: 4 Punkte, an denen sich die Ampel selbst blockiert
Deutschlands Wirtschaft klagt über Standortnachteile und zu hohe Auflagen. Die Politik der Ampel-Koalition ist aber bei mehreren Themen festgefahren.
Berlin - Die Nachrichten bezüglich der deutschen Wirtschaft sind seit Monaten schlecht. Laut des Internationalen Währungsfonds (IWF) bleibt Deutschland gemäß Konjunktur das Schlusslicht unter den Industrienationen. So wird das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik im Jahr 2024 voraussichtlich nur 0,2 Prozent betragen, während der IWF für die gesamte Weltwirtschaft 3,2 Prozent vorhersagt. Soweit so schlecht. Währenddessen streitet die Ampel-Koalition unter der Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über Themen wie die Kindergrundsicherung, das Bürgergeld für Sozialhilfe-Empfänger oder die Rente mit 63.
Während Ampel-Koalition streitet: Deutsche Wirtschaft immer schwächer
Und während der Wirtschaftsstandort Deutschland regelrecht abrauscht, ringt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor allem mit seinem Kabinettskollegen sowie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Vier Punkte fallen derzeit auf, an denen sich die „Ampel“ selbst blockiert.

Lindner fordert Sparen: Ampel-Zoff blockiert Lösungen für deutsche Wirtschaft
1. Problem der „Ampel“: Lindners Sparvoschriften spalten die Regierungskoalition. Der FDP-Chef hatte zuletzt mehrere Ministerien zum Sparen aufgerufen, insbesondere das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium. Beide Ministerien müssten sich die Frage stellen, „verbessern wir mit unserem Steuergeld wirklich Lebenschancen oder dienen die Projekte deutschen Interessen“, sagte Lindner den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Brisant: Das Bundesaußenministerium ist durch Ressort-Leiterin Annalena Baerbock grün geführt, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung untersteht Svenja Schulze von der SPD. Zu Habecks Politikstil gehören indes bekanntermaßen (teils hohe) Investitionen durch die Wirtschaft und durch den Staat. Der Grünen-Politiker hatte zum Beispiel im Podcast „Table.Today“ von Table.Media gefordert: „Wir sind schon auch sehr risikoscheu in Deutschland. Und in einer Phase wie dieser muss man ein Stück weit auch den Mut für das Neue aufbringen.“ Lindner bekräftigte dagegen immer wieder, dass er 2024 keine neuen Schulden machen will.
Habeck gegen Lindner: Minister sind uneins über Ausgaben für Klimaschutz
2. Problem der „Ampel“: Wie viel darf Klimaschutz kosten? Habeck will Klimainvestitionen und den Umbau der Energieversorgung vorantreiben, zum Beispiel durch Wärmepumpen in privaten Haushalten. Lindner bremst ihn dabei aber immer wieder aus. Schon im Januar 2022 hatte Habeck gefordert, das Tempo beim Klimaschutz zu verdreifachen. Das bedeutet aber auch hohe Kosten für eine nach wie vor industriell geprägte und sich in der Transformation befindliche Wirtschaft.
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Der Haken: Habeck braucht Milliarden Euro für seine ambitionierte Energiewende. Es sind Milliarden, die mit möglichen kurzfristigen Subventionen für den Wirtschaftsstandort in Konkurrenz stehen. Darauf weist Lindner stoisch hin. Eine Einigung erzielen beide selten, und wenn, dann nur mit einem harten Kompromiss. Ein schlüssiges Konjunkturpaket für das Land kam aus dieser gegenseitigen Blockade-Haltung bislang nicht heraus. Kurzum: Lindner wirbt vehement für Steuersenkungen, auch für die Wirtschaft, Habeck braucht für seine Pläne aber sehr viel Geld – aus Steuergeldern.
Deutschlands Wirtschaft rauscht ab: Fachkräftemangel macht Branchen Sorgen
3. Problem der „Ampel“: Frage der Wachstumsbremse Fachkräftemangel ist nicht beantwortet. Wie zieht Deutschland mehr Expertinnen und Experten an? Und wie lässt sich das in Einklang mit der Zuwanderungspolitik bringen? Selbst in diesem extrem wichtigen Punkt für deutsche Unternehmen gibt es keine einheitliche Linie. Dabei fehlen viele hunderttausend Arbeits- und Fachkräfte. „Das wird perspektivisch die entscheidende Frage sein, ob Deutschland wächst und der Wohlstand im Lande sich mehren kann, beziehungsweise erhalten wird“, sagte Habeck kürzlich.
Er schlägt vor, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eines Rechtsanspruchs auf flexibles Arbeiten für Beschäftigte prüft. Das könnte sich auf den Arbeitsort und die Arbeitszeit beziehen, also etwa die Verteilung der Arbeitsstunden auf den Tag. „Wir haben die Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften modernisiert, die Umsetzung läuft und es ist wichtig, dass dies Wirkung zeigt“, erklärte Habeck weiter.
Da manche Unternehmen dennoch regelrecht nach Fachkräften flehen, vom digitalen Sektor bis ins Handwerk, schlug Lindner steuerfreie Überstunden als Anreiz für mehr Arbeit und Weiterbildungen vor. Auch ein Steuerrabatt für ausländische Fachkräfte befürwortet der Minister. Ein zielstrebiges Programm, hinter dem alle drei Regierungsparteien geschlossen stehen, fehlt aber noch – auch wenn das Einwanderungsgesetz angepasst wurde. Stocken weitere Vorhaben jetzt, Mitte 2024, weil SPD, die Grünen und FDP mit Vorbereitungen für den Wahlkampf zur Bundestagswahl im September 2025 beschäftigt sind?
Ampel-Bundesregierung: Wahlkampf statt Lösungen für Deutschland?
4. Problem der „Ampel“: Wahlkampf statt realistische Lösungen für Unternehmen? Die Wirtschaftswoche kritisierte jüngst in einer kommentierenden Analyse, dass sich Habeck derzeit hauptsächlich um sein Duell mit Baerbock um die neuerliche Kanzlerkandidatur der Grünen kümmere, nachdem der Norddeutsche der Norddeutschen bei der Bundestagswahl 2021 den Vortritt gelassen hatte. So weise Habeck immer wieder darauf hin, dass er wichtige Klimaschutzgesetze auf den Weg gebracht habe. Ihre Umsetzung kostet aber eben nicht nur sehr viel Geld, der Entschluss, es zu tun, liegt zudem in der Vergangenheit. Dabei gibt es gegenwärtig drängende Probleme in der Wirtschaft, während die Grünen und die FDP in Umfragen geradezu abgestürzt sind.
Die Liberalen hatten deshalb einen Zwölf-Punkte-Plan zur Beschleunigung der Wirtschaftswende vorgestellt - samt Kritik an der „Ampel“-Politik. Auch diese Vorstöße wurden als wahlkampftaktisches Manöver eingeordnet. Die SPD will dagegen unbedingt an der Rente mit 63 festhalten, die die FDP unbedingt abschaffen will. Und die Wirtschaft hat von diesen unterschiedlichen Positionen nichts. Ob die Wirtschaftswende angesichts dieser krassen Gegensätze gelingen kann, ist mehr als fraglich. (pm)
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