„Mahatma Söder“ in Indien – kleine Szene offenbart völlig veränderte Rolle des CSU-Chefs
Bayern ist ihm nicht genug: Kaum hat Söder in Berlin die Koalition fertig verhandelt, sitzt er im Flieger nach Indien. Quasi die erste Auslandsreise für Schwarz-Rot. Hier sieht er Chancen für die schwächelnde Wirtschaft.
Neu-Delhi – Der Fasching in Veitshöchheim ist in diesem Moment noch weiter weg als die gut 6300 Kilometer, die es tatsächlich sind. 2015 verkleidete sich dort Markus Söder als „Franken-Gandhi“, wie er damals scherzte. Zehn Jahre später steht er am Sonntagmittag andächtig in Neu-Delhi an jenem Ort, an dem der echte Mahatma Gandhi 1948 kremiert wurde. Der Gastgeber fordert ihn auf, zwei Handvoll Rosenblätter über den Gedenkstein zu werfen. Richtig werfen?, fragt Söder zweimal unsicher nach. Man kann sich in solchen Momenten auch furchtbar blamieren. Ja, richtig werfen! Söder wirft also – und steht plötzlich selbst im Blütenregen, den ihm der Gegenwind beschert.
Man kann an dieser kleinen Szene gut die neuen Nuancen beschreiben, die Söder auf dieser Reise zeigt. Eine Spur mehr Ernsthaftigkeit. Er hat zuletzt die Zahl seiner Auslandsreisen deutlich erhöht: China, Ägypten, Italien. Der Unterschied: Bislang trat er allein als Ministerpräsident auf. Es ging um Fotos mit Pandas und Kamelen, sein Essen (auch wenn er es gar nicht aß), nebenbei ein wenig um wirtschaftliche Beziehungen, aber nie um Weltpolitik.
Nach Indien aber kommt Söder nicht mehr nur als Ministerpräsident von Bayern, sondern auch als Chef einer künftigen Regierungspartei. Der neue Kanzler ist noch nicht im Amt, der neue Außenminister nicht mal benannt. Plötzlich steht Söder da im Rampenlicht. Die Neugier ist groß: Was plant Deutschland?
Indien ist gespalten: Einerseits Annäherung an den Westen, andererseits enges Verhältnis zu Russland
Und was plant Indien? Es ist ein höchst widersprüchliches, aber sehr selbstbewusstes Land, das der Ministerpräsident da besucht. Auch politisch. Die Regierung von Premier Narendra Modi macht einerseits mit dem Westen gute Geschäfte, zelebriert sich als größte Demokratie der Welt. Auf der anderen Seite aber pflegt sie – aus alter Tradition heraus – ein sehr enges Verhältnis zu Russland. Schon immer bezog man wesentliche Teile der militärischen Ausrüstung aus Moskau. Seit den westlichen Sanktionen gegen Russland kommt nun billige Energie hinzu. Im Juli 2024 kamen 44 Prozent der Ölimporte aus Russland – Tendenz stark steigend. Als Modi im vergangenen Jahr demonstrativ Wladimir Putin umarmte, ging ein Aufschrei um die Welt.

Markus Söders diplomatischer Fokus: Wirtschaft und internationale Partnerschaften
Söder dürfte diese Dinge beim Treffen mit Außenminister Subrahmanyam Jaishankar natürlich angesprochen haben. Öffentlich darüber reden will er nicht. Ihm geht es darum, die Partnerschaft der beiden Länder zu betonen. Das sei „in dieser globalen Situation ganz besonders“ wichtig. Das kriegerische Russland, das übergriffige China, die neuen Ex-Partner USA – plötzlich steht Indien als höchst verlässlicher Partner da. Er habe sich vor dem Besuch eng mit Friedrich Merz und Ursula von der Leyen abgestimmt, betont Söder mehrfach.
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Der CSU-Chef baut auf einen Ausbau der Handelsbeziehungen. „Wir setzen uns für eine Freihandelszone ein, die so schnell wie möglich kommen soll“, sagt Söder. Zudem wolle man beim Thema Verteidigung enger zusammenarbeiten. Den Indern ginge es sowohl um Taurus-Marschflugkörper als auch um U-Boote aus Deutschland. „Indien hat Interesse, auch bei uns einzukaufen.“
Davon könne vor allem die bayerische Industrie profitieren. Großes Potenzial sieht Söder auch bei Technik- und Raumfahrt, vor allem weil es in Deutschland künftig ein Ministerium geben werde, dass die Raumfahrt im Namen trage. Darüber habe er mit dem Wissenschaftsminister gesprochen. Außerdem wird ein Stipendienprogramm für Studenten aufgelegt (auch für Bayern, die nach Indien gehen) und die Gewinnung von Fachkräften erleichtert. Für Pflegekräfte will Söder eine „Fast Lane“ bei Visumsanträgen aufmachen.
Markus Söder erinnert an indischen Freiheitskämpfer
So viel Inhalt war lange nicht auf Söder-Reisen. Natürlich gibt es wieder Fotos. Aber dass er mit Turban posiert, liegt daran, dass er einen Tempel der Minderheit der Sikh besucht, wo die Kopfbedeckung Pflicht ist. Ein Besuch des Taj Mahal ist nicht geplant „Ehrfürchtig gedenke ich des Lebens und des Vermächtnisses von Mahatma Gandhi“, schreibt Söder ins Gästebuch der Gedenkstätte. Dann studiert er noch die Tafel, auf der Gandhis sieben größte Sozialsünden zusammengefasst sind. Gleich die erste lautet: „Politik ohne Prinzipien.“ Söder macht mit dem Handy ein Foto davon. Nur zur Sicherheit.