„Bargeld ist Freiheit“: Bürger in Oberbayern fordern Erhalt von Scheinen und Münzen
Die Zahlungen mit Bargeld gehen zurück. Könnte das der Anfang vom Ende der Scheine und Münzen sein? Ja, sagt die kürzlich gegründete „Initiative Bargelderhalt“ – und warnt vor den Gefahren einer bargeldlosen Welt.
Landkreis – Weniger mit Scheinen oder Münzen, mehr mit Karte oder Handy: Dieser Trend ist seit einiger Zeit beim Bezahlen zu beobachten. Auch auf der Wiesn: In dieser Woche sorgten die Wirte der Münchner Stubn für Schlagzeilen – sie verkündeten, dass man heuer in ihrem Wiesn-Zelt nicht mehr bar zahlen kann. „Einfach zeitgemäß“ nennen sie diesen Schritt.
Ist Bares also bald Rares? Wenn es so weitergeht, dann schon, meinen die Wessobrunnerin Gaby Kerscher sowie Tanja von Ehrenstein und Josef Göbl aus Weilheim. Mit etwa 15 weiteren Personen haben sie sich zur „Initiative Bargelderhalt“ zusammengefunden. Das Ziel der Gruppe steckt schon im Namen: Bargeld erhalten.
Datenschutz durch Bargeld
Die drei Bargeld-Fans haben verschiedene Gründe, warum ihnen die Scheine und Münzen so am Herzen liegen. Tanja von Ehrenstein, Grundschullehrerin und Mutter, betont etwa, dass Bargeld wichtig sei, um Kindern den Umgang mit Geld beizubringen. Denn während der Geldbeutel, von der Mama mit Bedacht gefüllt, schnell leer ist, lässt sich mit der Karte deutlich mehr Geld auf einmal ausgeben – der Überblick fehle hier, kritisiert von Ehrenstein: „Wenn ich meinem Kind einfach eine Karte in die Hand gebe, entwickelt es kein Bewusstsein fürs Geld.“
Auch das Thema Datenschutz spielt für die Bargeld-Befürworter eine wichtige Rolle. Schließlich kann beim digitalen Zahlen jede Buchung genau nachvollzogen werden. Das oft genannte Argument „Ich hab‘ ja nix zu verbergen“ überzeuge sie nicht, betont von Ehrenstein: „Bargeld ist meine Freiheit.“ Josef Göbl vergleicht die persönlichen Daten mit einem Buch. „Wenn ich es vor mir liegen hab‘, muss ich nicht unbedingt reinschauen. Aber ich kann.“
Jede Kartenzahlung kostet die Einzelhändler Geld.
Auf finanzielle Nachteile für Händler durch die bargeldlose Zahlung weist Gaby Kerscher hin. „Jede Kartenzahlung kostet die Einzelhändler Geld“, betont die Wessobrunnerin: „Das ist den Kunden oft gar nicht bewusst.“ Konkret meint Kerscher damit die Transaktionsgebühr, die der Händler an den Zahlungsdienstleister abführen muss – meist wird die Höhe dieser Gebühr prozentual vom Umsatz berechnet. „Das ist wie eine verdeckte Steuer – eine Geldnutzungssteuer“, kritisiert Josef Göbl.
Sorge vor Einführung von digitalem Euro
Eine anstehende Abschaffung des Bargelds durch die Politik, wie von manchen befürchtet wird, hält Gaby Kerscher für eher unwahrscheinlich. Das Verschwinden des Bargelds sei „eher ein schleichender Prozess“. Kerscher verweist dabei auf den Rückgang von Bankfilialen, gerade in ländlichen Regionen: „Der Zugang zum Bargeld wird dadurch erschwert.“
Kritisch sehen die Mitglieder der „Initiative Bargelderhalt“ die Bestrebung von Europäischer Union (EU) und Europäischer Zentralbank (EZB) zur Einführung eines digitalen Euros. Dabei handelt es sich um ein neues digitales Zahlungsmittel, das von der EZB ausgegeben wird. Wie der Name schon vermuten lässt, kann mit dem digitalen Euro nur per Smartphone gezahlt werden. Das wäre vor allem für Tanja von Ehrenstein, die kein Smartphone besitzt, ein Problem. „Es wird mittlerweile einfach vorausgesetzt, dass jeder ein Smartphone hat“, klagt die Weilheimerin – gerade auch ältere Leute könnten sich dadurch abgehängt fühlen.
Petition für Bargelderhalt
Mit verschiedenen Aktionen möchte die „Initiative Bargelderhalt“ auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Den Auftakt markierte ein Vortrag von Hansjörg Stützle im Weilheimer Stadttheater Ende März. Laut seiner Internetseite beschäftigt sich Stützle „seit 30 Jahren mit dem Thema Geld und Wirtschaft“. Mithilfe einer Petition möchte Stützle erreichen, dass die Möglichkeit der Bargeldzahlung gesetzlich verankert wird. Diese Petition bewerben die Mitglieder der „Initiative Bargeld“ an einem Infostand, mit dem sie regelmäßig in der Weilheimer Innenstadt vertreten sind – zum nächsten Mal am kommenden Samstag, 19. Juli, von 9.30 bis 14.30 Uhr. Das Thema stoße bei den Leuten auf großes Interesse, betonen die drei Bargeld-Fans – und das längst nicht nur bei älteren Menschen.
Kürzlich brachte die „Initiative Bargeld“ auch die Internetseite www.weilheim-zahlt-bar.de an den Start. Hier sollen demnächst Geschäfte aufgeführt werden, die die Barzahlung unterstützen. Einige Einzelhändler hätten schon zugesagt, berichtet Kerscher. Für jene gilt offenbar – wie für die Mitglieder der Initiative – das Motto: „Nur Bares ist Wahres.“