„Tribunal gegen Höfesterben“: Bauern klagen Agrarindustrie an

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Seit Jahrzehnten ein Kämpfer für die Milchbauern: Romuald Schaber, hier 2017 bei einer Demonstration in Hannover. © Holger Hollemann/dpa

Mit einer ungewöhnlichen Veranstaltung in Huglfing wollen einige Privatpersonen, an der Spitze Ex-BDM-Chef Romuald Schaber, an den Bauernaufstand erinnern und gleichzeitig für die Landwirtschaft der Zukunft werben – und zwar mittels eines Tribunals gegen die Großkopferten.

Huglfing – Die Organisatoren kommen zum Teil von weit her: Romuald Schaber lebt bekanntlich im Oberallgäu, die Mitorganisatoren Franziska Schmidt in Ulm und Gerd Zitzner sogar in Essen – wie kam dieses Trio auf die Idee, so eine Veranstaltung in Huglfing auf die Beine zu stellen? „Das ist eine lange Geschichte“, sagt Wolf-Dieter Rochlitz aus Duisburg, der sich ebenfalls um die Organisation kümmert.

Was können die Bauern von heute aus der Geschichte lernen

Rochlitz war als Flüchtlingskind nach dem Zweiten Weltkrieg auf einem Bauernhof in Lenggries aufgewachsen und hat seitdem nicht nur eine Verbindung zur Landwirtschaft, sondern auch zur Region. Mit seinem Freund Zitzner war er beim bundesweiten Milchstreik 2008 aktiv dabei, beide haben damals den Frontmann und Gründer des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber, kennengelernt.

Jetzt hatten sie zusammen die Idee, in Erinnerung an den Bauernaufstand von 1525 für die Zukunft der Landwirtschaft zu kämpfen. Damals hätten sich Bauern, Arbeiter und Handwerker gegen weltliche und kirchliche Fürsten erhoben und die Abschaffung der Leibeigenschaft gefordert sowie gleiche Rechte für alle, heißt es im Einladungs-Flyer. Ihr Kampf sei grausam niedergeschlagen worden, „aber ihre Forderungen nach Menschenrechten und ihre Sehnsucht nach Freiheit waren in die Welt gesetzt“, heißt es. Nun wolle man aufzeigen: „Wo stehen Bauern und Arbeiter heute? Was können wir aus der Geschichte lernen?“

Die Agrarindustrie wird angeklagt

Dass sie mit ihrer Veranstaltung ausgerechnet im Gasthof Moosmühle in Huglfing landen, ist eher Zufall. Eigentlich sollte die Veranstaltung im Allgäu stattfinden, dem Zentrum des Bauernaufstands vor 500 Jahren. Doch Schabers Kreisverband sei von der Aktion nicht so begeistert gewesen, sagt Rochlitz. „Dann sind wir eben in den Landkreis Weilheim-Schongau ausgewichen.“

Die Veranstaltung gliedert sich in zwei Teile: Nach Begrüßung und Mittagessen startet um 13.30 Uhr das „Tribunal gegen das Höfesterben und für eine Landwirtschaft der Zukunft“. Angeklagt werde die monopolistische Agrarindustrie als Teil des internationalen Finanzkapitals rund um Banken, Handels- und Lebensmittelkonzerne wie Aldi sowie Chemie- und Landtechnik-Konzerne. Ankläger ist natürlich Schaber, der zehn „Verbrechen“ anprangern wird, von der Ruinierung klein- und mittelbäuerlicher Betriebe über die Klimakatastrophe und die Spaltung von Lebensmittelproduzenten und Verbrauchern bis zur Zerstörung der Identität des bäuerlichen Lebens.

Singspiel über den Bauernkrieg

Wer wird denn physisch auf der Anklagebank sitzen? „Niemand“, räumt Rochlitz ein, aber das sei auch nicht vorgesehen. Schließlich gehe es nur darum, die Botschaft rüberzubringen. Deshalb dürfte auch wenig überraschend schon im Vorfeld klar sein, wie das Urteil von Richterin Schmidt aussehen wird. Im zweiten Teil wird es schließlich noch ein Singspiel über den Bauernkrieg geben, aufgeführt von Kindern und Jugendlichen. „Die sind begeistert bei den Proben“, sagt Rochlitz.

Wie die Resonanz auf die ungewöhnliche Veranstaltung sein wird, können die Organisatoren im Vorfeld schwer einschätzen. „Wir wollten keinen riesigen Raum mieten, der dann halb leer ist, zu klein sollte er aber auch nicht sein“, so Rochlitz. Man fühle sich jetzt im Hubertus-Saal des Huglfinger Gasthofs Moosmühle gut aufgehoben. 25 Teilnehmer hätten sich schon fest angemeldet, 80 Leute wäre unser Ziel. Dann wäre der Saal auch voll“, sagt Rochlitz.

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