Deutsche Autohersteller dem Untergang geweiht? Ökonom malt düsteres Szenario
Der Standort Deutschland schwächelt, die Autohersteller befinden sich in unruhigem Fahrwasser. Ein Ökonom fordert grundlegende Änderungen, andernfalls sieht er schwarz.
Berlin/München – In den vergangenen Jahren hat sich das Umfeld für deutsche Automobilhersteller verändert: Strengere Umweltauflagen und Emissionsstandards setzen die Konzerne unter Druck. Zudem sorgt die erstarkte Konkurrenz, beispielsweise durch Tesla oder auch BYD, für eine Sättigung der globalen Märkte und schmale Gewinnmargen.
Zudem erfordert der Umstieg auf E-Mobilität hohe Investitionen, während gleichzeitig traditionelle Verbrennungsmotoren an Attraktivität verlieren. Moritz Schularick, Chef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, hat in einem Interview über das Herzstück der deutschen Industrie gesprochen und prophezeit der Automobilbranche einen grundlegenden Wandel.
Deutsche Wirtschaft im Wandel: Von der Auto- zur Rüstungsindustrie?
Seine These stützt sich nicht nur auf den Bereich Antriebstechnologie, es geht auch um Jobs: Eine Hoffnung ist für den Topökonom die Rüstungsindustrie, was sich seiner Meinung nach auch auf die Arbeitsmarktsituation auswirkt. Laut Schularick befindet sich unser Land in einem „Transformationsprozess“, seine Worte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) klingen ein Stück weit nach Kriegswirtschaft:
„Autozulieferer und Stahlindustrie verlieren Mitarbeiter. Man muss diese Arbeitnehmer in die neuen Branchen bringen. Das passiert bereits in der Militärtechnologie, daraus werden wir gesamtwirtschaftlich Vorteile ziehen.“ Das bisherige Zugpferd, die Autoindustrie, ist nach Meinung des Ökonomen nicht mehr gut aufgestellt: „Die Chance, dass die drei großen deutschen Autohersteller, BMW, VW und Mercedes-Benz, dieses Jahrzehnt in dieser Form überleben, sind gering“, glaubt er sogar. Was genau er damit meint, ist unklar.

Absatz deutscher Premiumhersteller: Nur BMW mit Oberwasser
Die hiesige Autoindustrie kämpft mit stagnierenden Umsätzen, das spiegelt sich in den Verkaufszahlen wider: Von den drei großen Premiummarken laufen die Geschäfte aktuell lediglich bei BMW gut. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg der Absatz um 2,3 Prozent auf rund 1,1 Millionen Fahrzeuge.
Damit behauptet BMW die Position als weltweit führender Premiumhersteller, vor Mercedes-Benz und der Volkswagen-Tochter Audi, die beim Absatz jeweils einen Rückgang verzeichnen. Mercedes verkaufte knapp 960.000 Fahrzeuge - ein Minus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr -, Audi verzeichnete mit 833.000 verkauften Autos einen Schwund von acht Prozent.
Laut Reuters profitiert BMW 2024 von einer jüngeren Modellpalette, ist zudem weniger stark von der schwächelnden Nachfrage in China betroffen. Außerdem kommt BMW im Gegensatz zu Mercedes und Audi beim weltweiten Absatz von Elektroautos voran: Die Verkaufszahlen von BEV-Modellen konnten um etwa ein Drittel auf knapp 180.000 Fahrzeuge gesteigert werden.
Meine news
IfW-Chef sieht Deutschland „in vielen Bereichen im Rückstand”
Geht es nach Schularik, orientiert sich Deutschland wirtschaftspolitisch zu stark an den Interessen einzelner Großkonzerne – und nennt ein Beispiel aus der Autobranche: Dass man sich auf EU-Ebene gegen Strafzölle für China-Modelle wehrt, hält er für „zu kurz gedacht“. Vielmehr hält er es für wahrscheinlich, dass die Absätze von VW und Co. in der Volksrepublik in den nächsten Jahren ohnehin nach unten gehen, angesichts der erstarkten Konkurrenz heimischer Hersteller.
Insgesamt sehe er die deutsche Wirtschaft im globalen Wettbewerb nicht gut aufgestellt, die Bundesrepublik sei „in vielen Bereichen im Rückstand“: Dabei zählt er neben Elektroautos auch die Digitalisierung und Software-Entwicklung auf, unter der Ausnahme von SAP. Generell fehle es an der Infrastruktur und Möglichkeiten für heimische Cloud-Anwendungen.

Rechtsruck in Deutschland? „Wir dürfen uns nicht wundern”
Insgesamt sei die Veränderungsgeschwindigkeit zu langsam, was aus der alternden Gesellschaft herrühre: „Die tun sich mit Veränderungen schwer. Ein Großteil ist über 50, für sie wird Politik gemacht, nicht für die 20- bis 30-Jährigen“, so der Wirtschaftsexperte.
Dass es in der Gesellschaft zuletzt einen „Rechtsruck“ zugunsten der AfD gab, schreibt Schularik somit den „Altparteien“ zu: „Wer jetzt in den Arbeitsmarkt eintritt, findet kaum eine Wohnung, die Schulen sind nicht gut. Ihm zufolge sei es dann kein Wunder, dass junge Menschen in Deutschland unzufrieden sind. (PF)