Verbrenner statt Elektroauto: China-Konkurrenz will „Autos für die Welt bauen“
Autos mit Verbrennungsmotor scheinen auf dem absteigenden Ast. Eine voreilige Abkehr hin zu E-Autos würde jedoch der Konkurrenz aus China in die Karten spielen.
Berlin/München - Klimatechnisch scheint die Wende hin zu emissionsfreien Fahrzeugen unverzichtbar. Der Weg dahin ist jedoch langwierig: Der deutsche Staat scheut die abrupte Abkehr von Autos mit Verbrennungsmotor, weil damit massiv das Wohl der heimischen Wirtschaft/Industrie und damit auch der Lebensstandard der Menschen zusammenhängt.
Auf EU-Ebene dürfen ab 2035 keine Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor mehr verkauft werden und auch an der Diesel- und Dienstwagenförderung ändert sich vorläufig nichts. Freilich hängt dies auch damit zusammen, dass Elektroautos lediglich in Sachen Schadstoffe im Fahrbetrieb umweltfreundlicher sind, bis dato jedoch nicht in Sachen Herstellung.
China-Hersteller Chery: Europa-Strategie mit Verbrennermodellen
Als potenzielle Nutznießer eines Verbrenner-Stopps gelten chinesische Hersteller mit günstigen Elektroautos, die neben dem Automarkt in der Heimat auch die Weltmärkte aufmischen wollen. Allerdings geht in der öffentlichen Debatte bislang unter, dass China nicht nur mit E-Autos Vollgas gibt: Während besonders VW und Mercedes-Benz ihre Strategie offenbar vornehmlich auf E-Mobilität ausrichten, nimmt mit Chery ein chinesischer Hersteller 2024 Deutschland und Europa mit Verbrennermodellen ins Visier.
Der Autobauer ist auch in Europa kein Unbekannter: Bereits seit 1997 werden Fahrzeuge produziert und auch in andere Länder exportiert - bislang jedoch nicht nach Europa, sondern vorzugsweise in Schwellenländer. Das ändert sich jedoch bald: Chery beginnt das Unterfangen hierzulande mit gleich drei Marken und mehreren Modellen bis Ende 2025, ließ Strategiechef Zhu Shaodong zuletzt wissen. Die Besondersheit:
Während die meisten chinesischen Autohersteller auf E-Modelle setzen, plant der Hersteller aus Wuhu (Provinz Anhui) neben Elektroautos auch mit Verbrennern sowie Hybridmodellen. Es handelt sich also um eine Technologie-Offenheit, zu der sich auch BMW bekennt - und weiterhin die traditionelle Antriebstechnologie weiterentwickelt.
Europa: Chery bringt günstige SUV-Modelle mit Verbrennungsmotor
Bei Chery geht es im Frühjahr 2024 mit einem SUV der designorientierten Marke Omoda los, als potenzielles Pendant zum VW Tiguan. Die China-Neuheit kommt wahlweise mit einem 180 PS starken Turbobenziner oder (kurze Zeit später) auch als Elektroauto. Den Omoda 5 gibt es dann wahlweise mit 136 PS oder 204 PS und einer Speicherkapazität der Batterie von 48 oder 64 kWh. Mit dem Omoda 7 kommt ein weiteres, größeres SUV - ausschließlich mit Verbrennungsmotor oder als Hybrid.
Parallel zu Omoda baut Chery eine weitere Marke auf: Jaecoo hat rustikalere und günstigere Modelle im Portfolio. Die Jaecoo-Modelle sind wie jene von Omoda in der Kompakt- und Mittelklasse angesiedelt und tragen die Kürzel 7 und 8. Das kleinere SUV soll nach Informationen von Focus.de für Preise ab etwa 30.000 Euro erhältlich sein. Für etwa fünftausend Euro mehr soll es den Jaecoo 7 auch als Plug-In-Hybrid geben, Allradantrieb gibt es optional. Preislich kann damit derzeit in Europa niemand mithalten: Einen quasi voll ausgestatteten Hybrid für unter 40.000 Euro sucht man bei der Konkurrenz in Europa vergeblich.

Chery entwickelt von Deutschland aus - „wollen Autos für die Welt bauen“
Cherys deutscher Europa-Chef Jochen Tueting erklärte in einem Gespräch mit Automobil-produktion.de, man sei über die Untersuchung der EU-Behörden gegen chinesische Unternehmen nicht besorgt. Für 2024 steht sogar die Errichtung eines eigenen Montagewerks in Europa im Raum. In Rüsselsheim ist die Zentrale beheimatet, in der Nähe von traditionellen Autobauern wie Opel oder auch Hyundai (aus Südkorea), das in Europa längst den Status des exotischen Herstellers verlassen hat. „Wir wollen Autos für die Welt bauen und nicht für China“, erklärt Tueting, warum die Entwicklung von Chery-Neuheiten im Herzen Europas erfolgt.
Für deutsche Autobauer wäre es indes ein gewagtes Unterfangen, sich komplett vom Verbrennungsmotor loszusagen. Als Warnung gilt zum Beispiel der Automarkt in Mexiko: Focus.de schildert, dass chinesische Hersteller in dem mittelamerikanischen Land dieses Jahr vermutlich 20 Prozent Marktanteil erreichen - und das fast nur mit Verbrennern. Volkswagen sollte das zu denken geben: Volkswagen fährt in Mexiko seit Jahrzehnten gute Absatzzahlen ein. Chery plant derweil eine ähnliche Entwicklung in Europa:
Wie Reuters erklärte, möchte der größte Autoexporteur Chinas im kommenden Jahr alleine in Großbritannien bis zu 15.000 Fahrzeuge verkaufen. Damit würde man etablierte Marken wie Jeep, Jaguar und Suzuki aus dem Stand überholen.
China-Hersteller konkurrieren mit VW und Co. nicht nur bei E-Autos
Deutsche Autohersteller müssen angesichts ihrer Preisphilosophie also nicht nur bei E-Autos die asiatische Konkurrenz fürchten, sondern auch beim Verbrennerantrieb. Zwar stimmen die Aspekte (Händler-)Netzwerk, das Flottengeschäft und auch die Skepsis von Verbrauchern gegenüber chinesischer Technologie manche Manager der hiesigen Autobauer optimistisch. Doch zeigen die Erfahrungen im Smartphone-Sektor, dass dieses Bild trügerisch sein kann.
Einen Problempunkt der Vergangenheit bei Autos konnten China-Hersteller derweil offenbar ausmerzen: Die China-Neuheit Omoda 5 verfügt über eine europäische Typgenehmigung sowie eine Fünf-Sterne-Performance beim Euro-NCAP-Crashtest. (PF mit Material der dpa)