EU-Ermittlungen und Strafzölle gegen China: Was Deutschland und Frankreich Angst macht

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Das „Freund-Feind“-Schema der EU bringt die deutsche Wirtschaft in arge Bedrängnis. Werden Strafzölle gegen China verhängt, hat Peking bereits Gegenmaßnahmen parat.

Peking/Brüssel – Erhebt die Europäische Union Strafzölle auf chinesische Autos? Laut übereinstimmenden Medienberichten wurde die ursprüngliche Frist von der EU vom 5. Juni auf einen Zeitpunkt nach den Wahlen zum Europäischen Parlament (9. Juni 2024) verschoben.

Derweil hat China sich zur Antisubventionsuntersuchung der EU-Kommission gegen importierte Elektroautos aus der Volksrepublik geäußert, um den mutmaßlichen Einsatz staatlicher Beihilfen auszugleichen – und warnt vor entsprechenden Gegenmaßnahmen.

EU-Strafzölle gegen China? Gegenmaßnahme lässt deutsche Autobauer zittern

So verschärft das chinesische Außenministerium den Ton, um die Kommission von Plänen abzubringen, die es als protektionistisch erachtet. „China fordert die EU auf, die Ermittlungen schnellstmöglich einzustellen, um die Wirtschafts- und Handelskooperation zwischen China und der EU sowie die Stabilität der Industrie- und Lieferketten nicht zu stören“, zitiert Euronews den Ministeriumssprecher Mao Ning.

Die chinesische Handelskammer habe beim China Chamber of Commerce der EU (CCCEU) angekündigt, dass das Reich der Mitte im Falle zusätzlicher Zölle als Vergeltungsmaßnahme seine Zölle auf importierte Fahrzeuge mit großem Motor auf bis zu 25 Prozent erhöhen könnte. Diese Maßnahme würde europäische Autohersteller treffen, die stark vom chinesischen Markt abhängig sind - insbesondere Volkswagen, BMW oder auch Mercedes-Benz.

„Wenn die EU darauf besteht, die Ermittlungen fortzusetzen, wird China nicht tatenlos zusehen. Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unsere rechtmäßigen Rechte und Interessen entschieden zu schützen“, führt Ning aus.

Frankreich von China weniger abhängig – doch Peking hat Antwort parat

Als starker Befürworter von Strafzöllen gegen China gilt Frankreich, für das der Autoabsatz in der Volksrepublik kaum eine Rolle spielt. Doch auch hier hat China eine passende Antwort: Peking könnte den Verkauf von französischem Brandy ins Visier nehmen, nachdem Anfang 2024 eine Antidumpinguntersuchung eingeleitet wurde.

Die Angst vor chinesischen Vergeltungsmaßnahmen auf die EU-Untersuchungen stellt die Mitgliedstaaten vor eine Bewährungsprobe, jeder Zollerhöhung muss mit qualifizierter Mehrheit zugestimmt werden. Der Hintergrund:

BMW bei einer Zeremonie im chinesischen Shenyang: China wartet das Ende der EU-Ermittlungen und mögliche Strafzölle ab, ehe Gegenmaßnahmen folgen
BMW bei einer Zeremonie im chinesischen Shenyang: China wartet das Ende der EU-Ermittlungen und mögliche Strafzölle ab, ehe Gegenmaßnahmen folgen. © Xinhua/Imago

In China hergestellte E-Modelle werden angeblich zu deutlich niedrigeren Preisen verkauft als europäische Konkurrenzprodukte. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass dies abseits von China bislang nicht der Fall ist. Brüssel führt die vermeintliche Preisdifferenz auf großzügige Finanzhilfen zurück, welche die chinesische Regierung heimischen Unternehmen gewährt.

Mehrere EU-Staaten gegen Strafzölle: „Wollen keinen Handelskrieg“

Die bereits im September 2023 angekündigte Untersuchung steht vor dem Abschluss ihrer ersten Phase: Die Frist endet am 4. Juli 2024, bis dahin wird voraussichtlich über vorläufige Strafzölle entschieden. Wie hoch sind aktuell die Zollgebühren gegen China? Die EU erhebt derzeit eine Abgabe von 10 Prozent auf importierte Fahrzeuge, unabhängig der Herkunft.

Im Vorfeld eines Treffens der Handelsminister in Brüssel äußerten die Gesandten Schwedens und Irlands ihre Vorbehalte gegenüber der Vorgehensweise der EU-Kommission. Statt Protektionismus sei es wichtig, freie und offene Märkte aufrechtzuerhalten. „Wir wollen uns auf keinen Handelskrieg einlassen“, sagte der Schwede Johan Forssell. Auch Ungarn ist gegen die Einführung von Strafzöllen.

Insbesondere Deutschland als Exportnation mit starker Autoindustrie befürchtet, in einem drohenden Handelskrieg zwischen die Fronten zu geraten. Schließlich ist der chinesische Markt für deutsche Hersteller lukrativ und von großer Bedeutung. Umgekehrt liegt der Marktanteil chinesischer Modelle hierzulande gerade mal bei 0,75 Prozent, schildert die Automobilwoche.

USA fahren harten Kurs gegen China – Experten warnen EU-Länder

Die EU-Kommission schätzt, dass chinesische Marken wie BYD, Nio und Xpeng mittlerweile acht Prozent des europäischen Marktes für Elektroautos erobert haben (gegenüber vier Prozent im Jahr 2021). Ein Bericht des Forschungsdienstleisters Rhodium Group zeigt, dass die EU-Importe von in China hergestellten BEV-Modellen dementsprechend von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2020 auf 10,6 Mrd. Euro im Jahr 2023 gestiegen sind.

Während mögliche Strafzölle in Europa ein Politikum sind, fahren die USA gegenüber China einen harten Kurs: Die Regierung kündigte kürzlich eine Erhöhung um 100 Prozent an und erhöhte nach Ansicht mancher Experten den Druck auf Brüssel, ebenfalls eine härtere Haltung gegenüber China einzunehmen. Dass sich die EU-Länder dem Protektionismus der USA anschließen, könnte jedoch selbstmörderisch sein. Davor warnen Experten, deutsche Hersteller und der Verband der Automobilindustrie. (PF)

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