„Höchst skurril“: Steckerlfisch-Drama an Münchner Gericht - Familie streitet um besonderen Grill
Der Grill ist ruiniert, die Familie zerstritten: Vor dem Münchner Landgericht stritten sich ein Dietramszeller und sein Schwager aus Eurasburg. Auslöser war ein selbstgebauter Steckerlfischgrill.
Dietramszell/München - Herr W. kann nur noch schimpfen, als er aus dem Gerichtssaal kommt. „Das Glump kann kein Mensch gebrauchen!“ Er meint nicht den Rechtsstreit, der hinter ihm liegt – den hat er für sich entschieden. Er meint den Grill, den er seinem Schwager geliehen hat, für laue Sommerabende mit knusprigem Steckerlfisch – den will er jetzt nicht mehr zurück. Der Grill ist ruiniert, die Familie zerstritten. Ein Drama, das sich am Donnerstag am Landgericht München II abgespielt hat.
München: Familien streiten sich vor Gericht um Steckerlfischgrill - „Höchst skurril“
Dort gibt Richter Clemens Turkowski ein Stöhnen von sich. „Das Ganze ist höchst skurril“, sagt er, mit wenig Lust, zu verbergen, für wie unnötig er das Verfahren hält. Aber zwischen Herrn W., dem Kläger, und Herrn H., dem Beklagten (Namen geändert), ist eine Versöhnung ausgeschlossen.
Wie also konnte der Grill die Familien aus Dietramszell und Eurasburg entzweien? Vor ein paar Jahren baute Herr W., mittlerweile verrenteter Kunstschmied, das Corpus Delicti, indem er Bauteile aus Edelstahl zusammenschweißte. Allein 800 Euro Materialwert habe das Gerät, schätzt er. Den Grill lieh er dann Herrn H. für eine Feier in dessen Garten – und dort blieb er auch. Als er ihn Jahre später um Rückgabe bat, gab es den Grill aber nicht mehr.
Jedenfalls nicht mehr so, wie er mal war. Herr H. hatte einen Unterbau daran montiert und Farbe hineingesprüht – nur mehr ein „Schrotthaufen“, befand Herr W. Weil sein Schwager nun außerdem der Ansicht war, der Grill gehöre ihm und die Herausgabe verweigerte, zeigte ihn Herr W. wegen Unterschlagung an – ohne Erfolg.
Aus selbstgebautem Grill wird „Schrotthaufen“ - Mann reicht Klage gegen Schwager ein
Also reichte Herr W. Klage ein. Im Oktober 2023 trafen sich beide Parteien vor dem Amtsgericht Wolfratshausen. Der Richter dort betrachtete den Fall nicht als Petitesse: Zwölf Zeugen sagten aus, um Licht in die Eigentumsverhältnisse zu bringen, der Grill wurde im Gerichtssaal angeschaut. Schließlich wurde er Herrn W. zugesprochen. Das akzeptierte Herr H. nicht, er ging in Berufung. So kam der Fall nach München.
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Dort stellt Richter Turkowski am Donnerstag eine Vermutung an: „Wenn man das so sieht, denkt man: Das muss einen anderen Hintergrund haben.“ Freilich, antwortet der Beklagte Herr H. – es gebe eine Erbschaftsstreitigkeit, ein Eigenheim sei da mit im Spiel. „Das hat damit nichts zu tun!“, gibt Herr W. erbost zurück.
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Genau genommen gehe es ihm auch nicht um den Grill als Ganzes, vielmehr um die Edelstahlspieße für die Fische, wertvolles Material. Die aber sind wohl nicht mehr vorhanden, wurden beim Umbau mutmaßlich ausgetauscht. Wirklich festlegen mag sich Richter Turkowski bei so vielen widerstreitenden Äußerungen nicht.
Irgendwann hat Herr W. genug. „Er soll den Grill behalten! Ich baue mir einen neuen!“, knurrt er und schiebt hinterher: „Aber die Gerichtskosten hat er zu übernehmen!“ So kommt es auch, durch einen Vergleich, den beide Parteien schließen. Darin wird Herr W. verpflichtet, seinen Anspruch auf den Grill nicht zu vollstrecken. Herr H. muss zahlen.
Als er aus dem Saal kommt, scheint Herr W. nicht mehr nur wütend zu sein, sondern auch traurig. Im Streit hat er wohl mehr verloren als nur einen Fischgrill. „Ich will mit den Menschen nie wieder was zu tun haben“, sagt er, „und das tut weh.“