Pionier kapituliert vor den Auflagen: Aus für Solar-Park Point

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Josef Solleder wollte ein Pilotprojekt starten. © THOMAS PLETTENBERG

Als Pionier wollte Josef Solleder mit dem ersten Solarpark im Landschaftsschutzgebiet die Energiewende vorantreiben. Die Anlage war schon bestellt, als weitere Umweltauflagen ins Spiel kamen. Solleder sieht sich nicht in der Lage, sie zu erfüllen. Er wirft hin – enttäuscht und mit viel Groll auf die Behörden.

Schaftlach – Als Privatmann wollte Josef Solleder durchkämpfen, was für die Energiegenossenschaft Waakirchen-Schaftlach, von ihm 2011 mit gegründet, ein zu dickes Brett gewesen wäre: den ersten Solarpark im Landschaftsschutzgebiet. Im Dezember 2023 wähnte er sich nach vielen Gesprächen, Ortsterminen, Schriftwechseln und aufwendigen Gutachten kurz vor dem Ziel und orderte angesichts der langen Lieferzeiten die Anlage (wir berichteten). Doch statt einer schnellen Genehmigung für die Anlage in Point bei Schaftlach gab’s weitere Auflagen zum Beweidungskonzept und einen ruppigen Schriftwechsel mit Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Solleder hat genug. „Auf diese Wende in letzter Sekunde war ich nicht gefasst“, sagt er – und gibt das Projekt auf: „Ich habe die Anlage abbestellt.“

„Eine Bankrotterklärung“

Die Entscheidung ist ihm schwergefallen. Denn eigentlich wollte der leidenschaftliche Kämpfer für die Energiewende mit seinem Privat-Vorhaben den Vorreiter machen für weitere, größere Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen im Landkreis Miesbach, dann mit Bürgerbeteiligung. Solleders bitteres Fazit: „Stattdessen ist dieses Projekt eine Bankrotterklärung. Hier haben alle verloren, Klimaschutz ebenso wie Umweltschutz.“

Dabei scheinen die Rahmenbedingungen optimal. Die Wiese, auf der die PV-Module stehen sollten, gehört Solleder selbst, er wäre auch der einzige Anlieger gewesen. Zudem befindet sich gleich daneben ein Umspannwerk. 1720 Solarmodule sollten eine Jahresleistung von einer Million Kilowattstunden bringen, das entspricht dem Jahresbedarf von etwa 250 Vier-Personen-Haushalten. Die Investitionskosten liegen bei rund 700 000 Euro.

Unter den Modulen sollten Schafe grasen

Der Waakirchner Gemeinderat hatte den Solarpark bereits im Dezember 2022 befürwortet. Es begann ein aufwendiges Bauleitverfahren. Auf die Fertigstellung eines Umweltgutachtens habe er acht Monate gewartet, berichtet Solleder. Letztlich schienen aus seiner Sicht alle Belange des Naturschutzes berücksichtigt. Unter den Modulen sollten im Sommer Schafe grasen, das Beweidungskonzept stand. Solleder rechnete mit einer Genehmigung Anfang März.

Stattdessen, schildert Solleder, habe der Zuständige bei der Unteren Naturschutzbehörde weitere Forderungen zum Flächenausgleich, zur Mahd und zum Beweidungskonzept erhoben, denen er nicht nachkommen könne. Zudem kündigte die Behörde an, alle drei Jahre werde eine Überprüfung stattfinden. „Da kommen dann weitere Auflagen“, fürchtet Solleder. Beim Ortstermin habe der Zuständige vom Amt „einfach nicht zugehört“. Es folgte ein unfreundlicher Schriftwechsel. Solleder bat um ein Gespräch mit Landrat Olaf von Löwis. „Aber da kam kein Terminangebot.“

Landratsamt bedauert den Rückzug

Zornig zog Solleder die Reißleine. Im Landratsamt reagiert man bestürzt. Man bedaure die Rücknahme des Bauantrags sehr, versichert Sprecherin Sabine Kirchmair. Sie sei überraschend gekommen: „Eigentlich war man noch lange nicht am Ende, Möglichkeiten und Lösungen zu finden, um die gesetzlichen Anforderungen umzusetzen.“ Die Klimaschutzmanagerinnen Veronika Halmbacher und Antonia Rüede-Passul hätten versucht, zu vermitteln. „Leider vergeblich“, meint Kirchmair.

Das Verfahren sei erst vor Kurzem von der Gemeindeverwaltung ans Landratsamt übergeben worden, so die Sprecherin. Nachdem es sich bei dem Standort um eine sehr schützenswerte Wiese handle, gälten hohe gesetzliche Anforderungen. „Aber wir hätten die zuletzt noch bestehenden Probleme – Vorschriften zur Mahd – gerne gelöst, wenn der Antragsteller dazu bereit gewesen wäre“, meint Kirchmair.

Klimaschutzmanagement will künftig proaktiv unterstützen

Das Landratsamt habe aus dem Desaster gelernt: Das Klimaschutzmanagement wolle künftig versuchen, die Umsetzung solcher Maßnahmen proaktiv zu unterstützen, obwohl die Bauleitplanungen Sache der Gemeinden seien: „Die Energiewende ist eines der wichtigsten Ziele für den Landkreis Miesbach.“ Den Oberbehörden werde das Landratsamt melden, dass die gesetzlichen Anforderungen für die Umsetzung von Freiflächen-PV-Anlage noch einige Schwierigkeiten bereiteten.

„Schade und ärgerlich“, kommentiert Waakirchens Bürgermeister Norbert Kerkel das Projekt-Aus. Er könne die Reaktion Solleders auf die neuerlichen Auflagen nachvollziehen. „Da hätte man sich bewegen können.“

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