Bahn-Desaster beim Tegernseer Seefest wirkt nach
Nach dem Tegernseer Seefest kam‘s zum Desaster am Bahnsteig. Im Stadtrat machte Bürgermeister Johannes Hagn seinem Ärger Luft: Dass sich die BRB kurz nach der gewonnenen Ausschreibung so einen Fauxpas erlaube, sei eine große Enttäuschung.
Tegernsee – „Eine ganz schräge Nummer“, meinte Michael Bourjau, FWG-Stadtrat und Geschäftsführer der Tegernsee Bahn, zum Desaster nach dem Seefest. Wie berichtet, ließ die Bayerische Regiobahn (BRB) bei ihrer letzten Fahrt gegen 22.30 Uhr rund 250 Menschen am Bahnsteig zurück. Der Zug war überfüllt, mehrmals wurde die Notöffnung betätigt, es kam zu Handgreiflichkeiten, die Polizei wurde gerufen. „Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, das zu vermeiden“, berichtete Bourjau im Stadtrat. Man hätte nur eine der Zug-Garnituren anhängen müssen, die am Tegernseer Bahnhof standen. Um die Genehmigung dafür, so Bourjau, habe der Triebfahrzeugführer bei der Betriebsleitzentrale gebeten. „Aber die Zentrale war beinhart.“
„Ein Schlag ins Kontor“
Das Verstärkerfahrzeug war nicht bestellt und nicht bezahlt, darum durfte es auch nicht angehängt werden. Den Bahnkunden blieben als Alternativen Taxi oder Trampen. Am Morgen danach ließ die BRB-Pressestelle brüsk verlauten, was niemand bezahle, werde auch nicht gefahren. Ein Tonfall, über den die Stadt schon sehr verwundert sei, erklärte Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) im Stadtrat. Dass seitens des Verkehrsdienstleisters „so etwas rausgehauen wird, ohne überhaupt mit uns gesprochen zu haben“, sei eine Überraschung. Keine angenehme. „Das ist ein Schlag ins Kontor“, meinte Hagn. Vor noch nicht einmal einem Monat habe die BRB die Ausschreibung fürs Oberland gewonnen. Er erinnere sich an die Aussage des BRB-Chefs Arnulf Schuchmann, dieser betrachte es als seinen Arbeitsauftrag, hohe Qualität zu bieten und neue Ideen zu entwickeln. Und jetzt das.
BRB-Chef Arnulf Schuchmann unter Beschuss
Er habe Schuchmann geschrieben und bisher keine Antwort erhalten, berichtete Hagn. Zu klären gibt es ihm zufolge einiges. Zum Beispiel, warum die Stadt für einen Zugverstärker im Linienverkehr zahlen solle, obwohl der Ticketpreis bereits entrichtet sei. Verhandlungen darüber habe es vor dem Seefest aber nicht gegeben, versicherte Hagn. Erwartet hätte er, dass die BRB in einem solchen Fall, wenn die Kundschaft nächtens am Bahnhof stehe, kurzerhand ein Fahrzeug zufüge und die Kostenfrage am nächsten Tag kläre. „Ich war ja auch vor Ort“, meinte Hagn. Ein Anruf hätte genügt.
Negativ-Beispiel in Sachen Kundenorientierung
Ein solches Vorgehen wäre auch für Bourjau der richtige Weg gewesen. Stattdessen habe ihm ein Freund, der im Zug mitfuhr, von der Empfehlung eines Zugbegleiters berichtet, bei Beschwerden möge man sich an den Bürgermeister von Tegernsee wenden. Der habe keine zweite Garnitur gewollt. Bourjau vermutet, die BRB habe die Situation durchaus provoziert: „Wir wurden vors Loch geschoben. Mit dem Gedanken: Das nächste Mal werden sie zahlen.“ Dabei könne es sich bei den Mehrkosten für eine zusätzliche Garnitur ja nur um die Finanzierung des Diesel-Treibstoffs handeln, so Bourjau. Das Ganze sei sehr, sehr unerfreulich und ein unglaubliches Negativ-Beispiel in Sachen Kundenorientierung: „So geht man nicht mit Gästen um.“
Betriebswirtschaftlich hadere er allerdings mit dem Anspruch, dass Stadt und TTT als Veranstalter Zugverstärkungen finanzieren sollen, merkte Bourjau an: „Die Fahrgäste haben ja schon bezahlt.“ Damit bestehe nach seinem Empfinden auch ein Anspruch, abgeholt zu werden.
Einnahmen durch Deutschland-Ticket gedeckelt
BRB-Chef Schuchmann verneint dies. Mit der Einführung des Deutschlandtickets für 49 Euro habe sich die Lage geändert: „Unsere Einnahmen sind gedeckelt.“ Das Gros der Bahnfahrer habe dieses Ticket als Abo und nutze es auch sehr fleißig. Die Züge seien im Schnitt um gut 30 Prozent voller als zuvor, aber es komme eben nicht mehr Geld herein. „Wer einen Verstärker will, muss zahlen“, macht Schuchmann deutlich. Diese Haltung entspreche auch der Rechtslage. Veranstalter von Festen, in diesem Fall die Tourismusgesellschaft und die Stadt, müssten sich um ein ÖPNV-Konzept kümmern. Die Seefest-Organisatoren seien aber im Vorfeld nicht auf die BRB zugekommen: „Offenbar braucht man uns nicht.“
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Allerdings sei die Sache in Tegernsee „blöd gelaufen“, räumt Schuchmann ein. Wäre er an jenem Abend eingebunden gewesen, so der BRB-Chef, hätte er für eine zweite Garnitur entschieden. So lag die Verantwortung bei einem Mitarbeiter in der Zentrale, der spät am Abend nicht im Alleingang gegen die geltenden Regeln handeln wollte. Dies könne man dem Betreffenden nicht vorwerfen, so Schuchmann. Er als Vorgesetzter schütze seinen Mitarbeiter, so sei die umstrittene Pressemitteilung entstanden.
„Aber ich habe meine Lehre daraus gezogen“, sagt Schuchmann. So wie auch die Beteiligten bei TTT und Kommunen. Am Abend des Wiesseer Seefests, geplant am Freitag, 16. August, wird der späte Zug verstärkt. Dies, so Schuchmann, werde von den Veranstaltern finanziert. Man sei in Abstimmung mit der TTT: „Wir wollen ja nicht, dass wieder so ein Ei passiert.“