„Das wäre weg“: Bauern zeigen mit Kampagne Auswirkungen des Tierschutzgesetztes auf
Mit dem Hashtag „daswäreweg“ wollen landwirtschaftliche Verbände aufzeigen, welche Folgen das geplante Tierschutzgesetz für die Kulturlandschaft hätte. Zum Auftakt der gleichnamigen Kampagne trafen sich Vertreter aus ganz Bayern in Kreuth.
Landkreis – Für die rund 70 Landwirte, Verbandsvertreter und die neun Redner war der Termin ein Heimspiel. Vor der Naturkäserei Tegernseer Land spielten zwei Musiker auf, der Blick der Gäste war mit dem Wallberg im Rücken auf große Banner gerichtet. Drei beeindruckende Vorher-nachher-Vergleiche waren darauf abgedruckt, links Almen, wie es sie heute gibt, rechts eine dystopische Fotomontage, die die jeweils selbe Alm verbuscht, zugewachsen und unter einem etwas dunkleren Himmel zeigt. „Schaut‘s euch an, wie traumhaft das ist“, rief der oberbayerische BBV-Bezirkspräsident Ralf Huber mit Blick auf das linke Bild und erntete ein Nicken seiner Zuhörer. „Ohne Kombihaltung wird es nicht mehr so ausschauen.“
Im Kern hatte der Freisinger die Botschaft damit schon zusammengefasst, die der Bayerische Bauernverband mit den beiden Almwirtschaftlichen Vereinen Oberbayern und Allgäu vermitteln wollte. Mit der Kampagne „#daswäreweg“, zu deren Auftaktveranstaltung die ARGE Bayerischer Bergbauern nach Kreuth geladen hatte, wollen die Alm- und Alpbauern die aus ihrer Sicht existenzbedrohenden Auflagen verhindern, die derzeit im Kabinettsentwurf des geplanten Tierschutzgesetzes unter anderem zur Kombinationshaltung vorgesehen sind. Insbesondere die Anforderung, den Tieren zusätzlich zur Bewegung im Sommer auch zweimal wöchentlich Zugang zu Freigelände im Winter zu ermöglichen, wozu beispielsweise auch ein Laufhof zählt, sei „ein Ding der Unmöglichkeit“, sagte BBV-Präsident Günther Felßner, der eigens aus dem Nürnberger Land gekommen war. „Und wenn ein Franke ins Tegernseer Tal fährt, dann muss es wirklich brennen“, scherzte er. Die Botschaft sei dringlich und wichtig, der Winterauslauf „irrational und unfachlich“, unter anderem weil die Tiere bei Schnee gar nicht raus wollten, der Auslauf gefährlich sei und vielerorts nicht umsetzbar. Felßner betonte: „Jetzt müssen wir den Dialog mit der Politik suchen.“
Vertreter äußern harsche Kritik an Politik
Zum Auftakt der Kampagne waren es aber erst einmal die Landwirte unter sich, die sich über die Politik und Konsumenten austauschten – und sich dabei recht einig waren. Es sei egal, ob die Politiker in München, Berlin oder New York im Hochhaus sitzen, meinte etwa Bezirkspräsident Huber. „Da ist es immer gleich – scheiße, hätte ich bald gesagt.“ Die Tierhaltung als lange gewachsene Struktur solle von Berlin aus zerstört werden, sagte Huber. Die Wertschätzung für Lebensmittel durch die Konsumenten hält Josef Glatz, Vorsitzender des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, indes für zu gering. „Das müsste mehr wert sein als ein Schnicki-Schnacki-Urlaub“, forderte Glatz.
Auch Michaela Schmitz-Guggenbichler, DEHOGA-Vorsitzende des Fachbereichs Gastronomie, zeichnete ein düsteres Bild der Politiker, die „zwischen Tagungssälen und Häppchen“ den Blick verloren hätten. Sie warnte vor einer „sozialen und kulinarischen Verödung“ und kündigte die Unterstützung des Verbands an: „Wir kämpfen mit euch!“ Ähnlich äußerte sich auch Christine Singer, BBV-Landesbäuerin und Tierhaltungspräsidentin. Ohne die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern mit viel Herzblut würde die Vielfalt der Pflanzen verloren gehen, warnte sie. Mensch und Tier seien in der aktuellen Haltung in einer Symbiose, die es zu erhalten gelte.
Dass das nicht so einfach sein wird, ließ BBV-Milchpräsident Peter Köninger erahnen. Denn auch die andere Seite, die Tierhaltung als problematisch sehe, zerre am Gesetz und versuche, Argumente zu liefern. Andere Wahrnehmungen wollte unter anderem BBV-Präsident Felßner in diesem Fall aber nicht gelten lassen. Ziel der Politik auf europäischer Ebene sei der Green Deal, zu dem das Streben nach Nachhaltigkeit zähle. Und genau das sei in der kleinstrukturierten Landwirtschaft bereits perfekt gegeben. Doch auch Felßner stellte Politikern kein gutes Zeugnis aus: Sie seien „von Ideologie und Wahlergebnissen getrieben“. Die Almwirtschaft werde einer Betrachtung aus dem siebten Stock in Berlin geopfert, so Felßner. „Die Kombinationshaltung muss eine dauerhaft erlaubte Haltungsform werden“, forderte er.
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Rückenwind bekamen die Landwirte, die schon 2023 an gleicher Stelle gegen das Gesetz protestiert hatten, unter anderem von Kreuths Vize-Bürgermeister Wolfgang Rebensburg (FWG), der den Tourismus im Bergsteigerdorf aufgriff. „Wir wollen so bleiben, wie wir sind“, sagte er. „Wir hoffen, dass die Aktion etwas bewirkt.“ Josef Faas vom Unteren Naturschutz am Landratsamt bestätigte, ohne Bewirtschaftung würden viele Flächen nicht erhalten werden. Und Kreisobmann Josef Huber betonte, es gehe nicht um Jammerei. „Ich denke, es hat jeder verstanden, wie weit es fehlt.“
Nun soll die Kampagne Fahrt aufnehmen über Soziale Netzwerke, getragen von Menschen in der Natur, die „#daswäreweg“ unter ihre Fotos im Internet schreiben. Die Hoffnung ruht damit auch auf denjenigen, in deren Richtung Ralf Huber abschließend vorausschickte: „Am Wochenende kommen die Leute raus aus ihren Schachterlhäusen, da wo keiner von uns leben möchte.“ nap