Mehr Leistung, mehr Einkommen? Was ein Steuerrabatt für Überstunden bringen würde

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Deutschland fehlen Arbeitskräfte. Die FDP will Überstunden steuerlich begünstigen. Welchen Effekt hätte das? (Symbolbild). © IMAGO/Elisatim/Westend61

Die FDP fordert eine Steuerbegünstigung von Überstunden. Der Arbeitskräftemangel koste Wachstum. Während Gewerkschaften den Vorschlag „verrückt“ finden, schlägt ein Ökonom konkrete Zahlen vor.

Berlin – In Deutschland fehlen Arbeitskräfte. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung wird das Problem künftig eher größer als kleiner. Die Liberalen forderten deshalb am Montag (8. April), die Steueranreize für Überstunden zu verbessern. Eine begrenzte Zahl von Überstunden und die ausbezahlten Überstundenzuschläge solle laut FDP steuerfrei sein. Kritik kam dazu von Gewerkschaften, ein Ökonom hält den Vorschlag jedoch für plausibel.

Debatte über Steuerrabatt: Ökonom skizziert steuerliche Anreize für Überstunden

DGB-Chefin Yasmin Fahimi nannte den FDP-Vorschlag im Gespräch mit den Funke-Zeitungen eine „verrückte Idee“. Der Vorschlag lade geradezu dazu ein, Vollzeitarbeit zu verdrängen oder die geschlechterungleiche Verteilung von Arbeit noch weiter anzukurbeln, so die Kritik. FDP-Chef Christian Lindner entgegnete dazu auf der Plattform X: „Der Blick auf das Arbeitsleben ist bei Frau Fahimi leider einseitig.“ Lindner denke bei seinem Vorschlag an Menschen, die [neben der Vollzeitstelle] noch einem Minijob nachgehen.

Auch Unions-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte sich in der Vergangenheit bereits für eine geringere Besteuerung von Überstunden ausgesprochen. David Stadelmann, Ökonom an der Universität Bayreuth, hält die Maßnahme offenbar für geeignet, das gesamtgesellschaftliche Arbeitsangebot zu erhöhen und damit den Arbeitskräftemangel abzumildern. Freibeträge bei Überstunden von „etwa 20 Euro pro Stunde ab der 41. Arbeitsstunde pro Woche“ seien denkbar, wie der Ökonom im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte. Der Experte verwies dabei auf das Nachbarland Österreich mit einem ähnlichen System. „Überstundenzuschläge werden dort nur hälftig besteuert, solange es um die ersten zehn [...] pro Monat geht.“

Risiken der Überstundenregelung: Weniger Nachwuchs in Firmen, weniger Frauen im Berufsleben

Der Steuerrabatt für Überstunden birgt allerdings auch Risiken. Grundsätzlich profitieren nur Vollzeitbeschäftigte von dem Modell. Denn ansonsten gebe es den Anreiz, in Teilzeitarbeit zu wechseln, um dann steuerbegünstigte Überstunden zu leisten, erklärte Stadelmann gegenüber RND weiter. Eine Ausnahme hält der Ökonom für Eltern in Teilzeit möglich, denen man einen „früher einsetzenden Vielarbeiterabzug“ einräumen könnte. Voraussetzung dafür sei allerdings eine funktionierende Arbeitszeiterfassung.

Allerdings: Der gesellschaftliche Trend scheint in die andere Richtung zu gehen. Kürzlich erzielte etwa die Gewerkschaft GDL im Tarifkampf mit der Bahn die Einigung auf eine 35-Stunden-Woche. Laut dem Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Sebastian Dullien, ist nicht empirisch nachgewiesen, dass Menschen Überstunden wegen der Steuerlast ablehnen. Zudem könnte unter der Mehrarbeit die Gesundheit und Produktivität der Arbeitnehmer leiden, wie der Ökonom RND sagte. Auch die Rekrutierung von Nachwuchs in Firmen und die Frauenerwerbstätigkeit könnten zurückgehen.

Steuerbegünstigte Überstunden sind aber nicht der einzige Ansatz im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Deutschland braucht pro Jahr laut Vorsitzender der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, 1,5 Millionen Zuwanderer. Ihnen soll es deshalb künftig einfacher gemacht werden, im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Regierung will außerdem ältere Arbeitnehmer motivieren, freiwillig länger zu arbeiten. Denn nicht nur der Arbeitsmarkt leidet, auch das deutsche Rentensystem ächzt unter der Belastung. Immer weniger Beitragszahlern stehen immer mehr Rentenempfänger gegenüber.

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