Plötzlicher Gegenangriff der Ukraine in Kursk: „Russland erhält das, was es verdient“
Trotz militärischer Rückschläge geht die Ukraine in Kursk zur Gegenoffensive über.Der Vorstoß kommt unerwartet – und könnte die Kriegsdynamik verändern.
Die ukrainischen Streitkräfte, die unter erheblichem Druck stehen, haben im westrussischen Kursk eine unerwartete Offensive begonnen. „Gebiet Kursk, gute Nachrichten: Russland erhält das, was es verdient“, postete Andrij Jermak, der Leiter des Präsidentenbüros in Kiew, auf Telegram, was den Angriff indirekt bestätigte. Ursprünglich hatten russische Militärblogs über die unerwarteten Angriffe der Ukrainer berichtet.
Die Russen wurden im Gebiet Kursk überrascht, es gebe ukrainische Angriffe in verschiedene Richtungen, so Andrij Kowalenko, der Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation beim Sicherheits- und Verteidigungsrat, der dem ukrainischen Präsidenten untersteht. Weder das Militär in Kiew noch das russische Verteidigungsministerium äußerten sich zunächst zu der Offensive.
Vorstoß der Ukraine in Kursk kurz vor Trumps zweiter Präsidentschaft
Die Offensive, die etwa zwei Wochen vor der Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar stattfand, könnte laut Beobachtern dazu dienen, russische Schwächen aufzudecken und so bei den erwarteten Friedensverhandlungen aus einer stärkeren Position heraus zu agieren. Zuletzt waren die Russen sowohl im Gebiet Kursk als auch in der Ostukraine auf dem Vormarsch. Von den im Sommer in Kursk eroberten knapp 1000 Quadratkilometern kontrolliert das ukrainische Militär derzeit nur noch die Hälfte.
Auf Videos, die angeblich aus der Region stammen, sind mehrere Kolonnen gepanzerter ukrainischer Fahrzeuge in schnellem Marschtempo zu sehen. Minenräumfahrzeuge bahnen den Weg. Laut russischen Militärbloggern setzt Kiew auch intensiv Störsender ein, um russische Drohnen zu neutralisieren. Als Hauptangriffsrichtung gilt die Ausfallstraße nach Kursk nordöstlich der Kleinstadt Sudscha, die die Ukrainer während ihrer überraschenden Sommeroffensive einnehmen konnten.
Selenskyj berichtete kurz vor Kursk-Offensive von hohen Verlusten Russlands in der Region
Erst am Vorabend hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von schweren Verlusten russischer Einheiten bei dem Versuch berichtet, das Gebiet Kursk zurückzuerobern. „Bei Kämpfen heute und gestern allein im Umkreis der Ortschaft Machnowka im Gebiet Kursk hat die russische Armee ein Infanteriebataillon nordkoreanischer Soldaten und russischer Fallschirmjäger verloren“, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft am Freitagabend. Die Angaben konnten unabhängig nicht bestätigt werden. Ein Bataillon der russischen Streitkräfte besteht laut offiziellen Angaben aus bis zu 500 Soldaten.
In den letzten Wochen sind immer wieder Videos aufgetaucht, die Angriffsversuche russischer Einheiten - teilweise verstärkt durch nordkoreanische Soldaten - im Gebiet Kursk zeigen sollen. Oft sind zerstörte russische Panzerfahrzeuge und getötete Soldaten zu sehen. Militärexperten führen die hastigen Angriffsversuche auf Moskaus Bestreben zurück, vor der Amtseinführung des designierten US-Präsidenten Donald Trump so viel Territorium wie möglich zurückzugewinnen, um bei den erwarteten Verhandlungen eine starke Ausgangsposition zu haben.

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Trotz Vorstoß in Kursk: Ukraine bleibt in der Defensive
Die Situation auf dem Schlachtfeld bleibt für die Ukraine schwierig. Trotz der Verluste greifen russische Truppen weiter an. Sie sollen in den letzten 24 Stunden bei Kurachowe, in der Nähe der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk, und auch in der umkämpften Stadt Torezk Geländegewinne erzielt haben.
Laut Medienberichten aus Kiew hat Russland im vergangenen Jahr fast 3600 Quadratkilometer ukrainisches Territorium erobert - eine Fläche fast 1,5-mal so groß wie das Saarland. Die Ukraine habe im November mit 610 Quadratkilometern die größten Gebietsverluste erlitten, als die Russen täglich etwa 20 Quadratkilometer besetzten, berichtete der Militärblog „Militarnyi“ unter Berufung auf Kartenmaterial von „Deepstate“, einem weiteren Militärblog. Die Verluste des Jahres 2024 sind ein Vielfaches des Vorjahres.
Es gibt keine offizielle Bestätigung für diese Zahlen. Mitte Dezember hatte der ukrainische Telegramkanal UA War Infographics die Eroberungen der russischen Truppen seit Jahresbeginn auf gut 2.800 Quadratkilometer geschätzt. Allerdings hat die Ukraine auch im Dezember noch 510 Quadratkilometer verloren. Auffällig ist, dass die Gebietsverluste für Kiew nach der eigenen Sommeroffensive und den Eroberungen im westrussischen Gebiet Kursk deutlich zugenommen haben. (spr/dpa)