Energiepreise auf Vorkrisenniveau: Warum das nicht alle Unternehmen entlastet

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Die Energiepreise befinden sich wieder auf einem Niveau wie vor der Krise. Einige Unternehmen profitieren, andere beklagen weiterhin hohe Preise. Warum?

München – Nach den Höchstständen in den vergangenen Jahren haben sich die Energiepreise wieder weitgehend normalisiert. Unternehmen können Strom und Gas wieder weitgehend zu den Konditionen wie vor der Energiekrise beziehen. Nach einer zweijährigen Phase voller Unsicherheiten und für einige Firmen existenzbedrohenden Preisen profitieren nun einige Unternehmen von der Entwicklung.

Seit dem Höhepunkt im Sommer 2022 sind die Strompreise auf dem Großhandel um bis zu 80 Prozent gefallen. Gas ist laut Handelsblatt sogar 90 Prozent günstiger als zum Höchststand der Preise, als die Megawattstunde über 300 Euro gekostet hat. Derzeit liegt der Preis auf der niederländischen Plattform TTF bei etwa 27 Euro. Terminkontrakte 2025 sind für ungefähr 26 Euro pro Megawattstunde erhältlich – nur etwas mehr als vor Ausbruch des Ukraine-Krieges und der Energiekrise.

Strom- und Gaspreise für Unternehmen fallen deutlich

Auch bei Stromlieferungen hat sich die Situation für Unternehmen stark verbessert. Ein Terminkontrakt kostet laut Handelsblatt derzeit knapp über 60 Euro je Megawattstunde. Im August 2022 waren es noch 400 Euro. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) dokumentiert einen starken Fall der Energiekosten. 2024 liegt der monatliche Durchschnittspreis je Kilowattstunde für kleine und mittlere Unternehmen bei 17,64 Cent. Das ist so günstig wie seit 2017 nicht mehr. Der Strom für Haushalte ist ebenfalls günstiger als 2019.

Jahr Preis in Cent pro Kilowattstunde
2024 17,65
2023 24,46
2022 43,20
2021 21,38
2020 17,76
2019 18,43
2018 17,96
2017 17,09
2016 15,55
2015 15,23
2014 15,32
Quelle: BDEW

Viele Unternehmen nutzen die verhältnismäßig niedrigen Energiepreise derzeit, um neue Verträge abzuschließen. Das berichtet das Handelsblatt mit Verweis auf einen nicht näher benannten Manager eines größeren Stadtwerks. Diese profitieren von niedrigeren Beschaffungskosten, aber auch vom Wegfall der EEG-Umlage und der gesunkenen Stromsteuer.

Welche Unternehmen nicht vom günstigeren Energiepreisen profitieren

Doch nicht alle Unternehmen profitieren. „Die gesunkenen Preise werden vor allem diejenigen Firmen entlasten, die ihren Energiebedarf weiterhin kurzfristig am Terminmarkt decken oder deren Beschaffungsverträge auslaufen“, sagte Stefan Benett, Experte von der Beratungsfirma Inversto dem Handelsblatt.

Viele Unternehmen haben jedoch noch laufende Verträge. Diese haben sie zuvor zu höheren Preisen abgeschlossen, um Planungssicherheit zu haben und weiteren Preissteigerungen bei Strom und Gas zu entgehen.

Mitarbeiter in einem Stahlwerk.
Energieintensive Industrieunternehmen profitieren weniger von den derzeit niedrigeren Preisen für Strom und Gas. (Archivfoto) © Oliver Berg/dpa

Der Chemiekonzern BASF profitiert laut Handelsblatt zwar von den derzeitigen Preisen auf dem europäischen Gasmarkt. Der Verbrauch, die absoluten Preise oder das Verhältnis zu internationalen Preisindizes seien jedoch nicht auf dem Niveau vor 2021. Außerdem belasteten gestiegene Netzgebühren und Umlagen das Unternehmen.

Die gesunkenen Preise wirken sich auch auf die Ergebnisse der Unternehmen aus. Firmen in energieintensiven Sparten profitieren jedoch weniger von der Entwicklung. Andere Faktoren wie die Rückgänge bei der Konjunktur sowie staatliche Eingriffe bei Netzentgelten und der CO2-Besteuerung relativierten die Entlastung, zitiert das Handelsblatt den Industrieverband der Feuerverzinker.

Energieintensive Branchen beklagen weiterhin relativ hohe Energiepreise in Deutschland

Gerade die Unternehmen mit einem hohen Energiebedarf verweisen auf die weiterhin relativ höheren Preise im Vergleich mit anderen Regionen der Welt, etwa den USA. Im Vergleich dazu ist der Strompreis in Deutschland doppelt so teuer, der Gaspreis beträgt demnach sogar ein Vier- bzw. Fünffaches.

„Im europäischen Vergleich sind die Energiekosten aufgrund der höheren Abgaben und Steuern nicht wettbewerbsfähig“, beklagt etwa der Verband der Feuerverzinker gegenüber dem Handelsblatt. Auch Branchenexperte Stefan Benett sieht Deutschland und Europa bei den Energiekosten benachteiligt und beschreibt ein großes Risiko der Abwanderung und Verlagerung von Anlagen. Deutsche Unternehmen investieren bereits verstärkt in den USA.

Ratingagentur sieht erhöhtes Risiko für deutsche Industrie – wegen Strom- und Gaspreisen

Die Ratingagentur Moodys beschreibt deshalb ein erhöhtes Kreditrisiko für die Industrie in Deutschland. Das Unternehmen erwartet keinen weiteren Fall der Energiekosten und geht davon aus, dass diese höher bleiben als vor Beginn des Krieges zwischen Russland und der Ukraine. (ms)

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