E-Auto-Krise in Deutschland: Mangelnde Nachfrage hinterlässt „Bremsspuren“

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Der E-Auto-Markt in Deutschland schwächelt: Auch im Mai gab es deutlich weniger Zulassungen, viele Start-ups mussten aufgeben. Wie geht es nun weiter?

München – Die Euphorie um Elektroautos hat in Deutschland in den letzten Monaten deutliche Dämpfer erhalten: Zahlreiche E-Auto-Start-ups sind gescheitert, die Neuzulassungszahlen gehen zurück, um Investitionen in Verbrenner von großen Automobilherstellern wie Volkswagen und Mercedes-Benz gibt es Wirbel. Die Elektromobilität steckt in einer Krise, doch Experten bleiben verhalten optimistisch.

Produktion von Elektrofahrzeugen bei Volkswagen
Elektroautos verkaufen sich aktuell schleppend – das hat auch Konsequenzen für die Zulieferer. (Symbolbild) © Kirchner-Media/Imago

Pkw-Neuzulassungen Mai 2024: E-Autos sind weniger gefragt

Im Gegensatz zum weltweiten Wachstum der E-Auto-Branche brach der Absatz auf dem deutschen Markt im ersten Quartal 2024 um 14 Prozent ein, so Studien der „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts und Strategy&. Nachdem die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr die Förderung überraschend gestrichen hat, schwand auch das Kaufinteresse der Verbraucher: In den ersten fünf Monaten wurden 15,9 Prozent weniger Elektro-Pkw als im Vergleichszeitraum des Vorjahres neu zugelassen, so die Zahlen des Kraftfahrzeugbundesamtes.

E-Auto-Krise: Traditionshersteller investieren in E-Mobilität – aber auch weiter in Verbrenner

Nach Sono Motors, Unity One, Faraday Future, Lightyear One, Byton, E.Go Life und nun zuletzt Fisker scheitern immer mehr Start-ups, die sich Großes vom boomenden E-Auto-Markt versprochen hatten. Doch nicht nur die „Kleinen“ ziehen sich vom Markt zurück. Auch Automobil-Giganten wie Volkswagen, der zuletzt verkündete, das „Volks“-E-Auto für 20.000 Euro in Eigenregie bauen zu wollen, scheinen zurückzurudern.

Denn auch bei VW steckt man 60 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer Verbrenner. Das Ziel: Die „Verbrenner-Autos wettbewerbsfähig zu halten“, so VW-Finanzvorstand Arno Antlitz. „Die Aussagen aus einigen Artikel, dass wir unsere Strategie ändern würden oder gar Gelder ‚umschichten‘, sind jedoch falsch“, berichtigt ein Volkswagen -Sprecher auf Anfrage von IPPEN.MEDIA am Montag (24. Juni). Mehr als zwei Drittel, nämlich 120 Milliarden Euro und damit 68 Prozent der Investitionen, werden in die Zukunftsfelder Digitalisierung und Elektrifizierung fließen.

E-Auto-Krise in Deutschland: Rekordproduktion, 100.000 Fahrzeuge bleiben unverkauft

Dennoch: Nach einem Produktionsrekord von 973.000 Elektroautos im vergangenen Jahr führt nun die mangelnde Inlandsnachfrage zu „Bremsspuren“ bei der Produktion, so Analysen des Chemnitz Automotive Institute (CATI). Danach sind die Folgen der E-Auto-Krise drastisch. 100.000 unverkaufte Battery Electric Vehicles (BEV) türmen sich hierzulande, auch ein neuer Rekordwert. Dass es nicht noch mehr sind, liegt am Exportanteil von 80 Prozent der in Deutschland produzierten E-Autos.

Grafik: In den ersten fünf Monaten 2024 wurden 15,9 Prozent weniger E-Autos als im Vergleichszeitraum des Vorjahres neu zugelassen, so die Zahlen des Kraftfahrzeugbundesamtes.
In den ersten fünf Monaten 2024 wurden 15,9 Prozent weniger E-Autos als im Vergleichszeitraum des Vorjahres neu zugelassen, so die Zahlen des Kraftfahrzeugbundesamtes. © ADAC e.V.

„Export allein kann nicht alle Probleme lösen“: Mangelnde Nachfrage hinterlässt „Bremsspuren“

Doch auch die Entkopplung von Produktion und Inlandsnachfrage stößt langfristig an ihre Grenzen, mahnt Prof. Dr. Werner Olle von CATI: „Der Export allein kann nicht alle Probleme lösen.“ Heißt: Der inländische Absatz müsse ebenfalls steigen, um den deutschen Elektroauto-Markt auf eine breite Basis zu stellen. 

E-Auto-Euphorie gedämpft: Viele wollen zurück zum Verbrenner

Das könnte etwas dauern. Denn weniger Deutsche als noch in den vergangenen Jahren ziehen in Betracht, ein Elektroauto zu kaufen. Nur noch 17 Prozent bejahten die Frage, ob ein E-Auto für sie infrage käme, so Zahlen des Allensbach-Instituts im Auftrag der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech). Im Jahr 2021 konnten sich noch 24 Prozent mit dem Gedanken anfreunden.

Auch mit mangelnder Loyalität könnte die E-Mobil-Branche künftig zu kämpfen haben. Denn nicht wenige E-Auto-Besitzer bereuen den Kauf. Laut einer McKinsey Studie will jeder vierte deutsche E-Auto-Fahrer zurück zum Verbrenner. Wesentlicher Grund für die Unzufriedenheit sind mit 47 Prozent die als zu hoch empfundenen Gesamtbetriebskosten der E-Autos; für 27 Prozent ist die unbefriedigende Ladeinfrastruktur Ursache für den Wunsch, zurück zum Verbrenner zu wechseln.

„Dynamische Situation“: Experten rechnen mit Erholung des E-Auto-Marktes

„Wir befinden uns momentan in einer sehr dynamischen Situation mit vielen Unwägbarkeiten“, erklärte auch der Branchenexperte Dr. Alexander Timme. Vor allem die Situation der Zulieferer sei angespannt. Dennoch gehe man davon aus, dass sich bis Ende des Jahres die Verkaufszahlen für E-Autos wieder erholen werden, auch in Erwartung einer weiteren Verschärfung der Emissionsziele in 2025.

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