Planungen für Ganztagsanspruch: Schongau wächst deutlich schneller als gedacht
Um eine möglichst genaue Prognose zu bekommen, welcher Raumbedarf in Schongau durch das Recht auf Ganztagsbetreuung ab 2026 entsteht, korrigiert die Stadt ihren Faktor für die Bevölkerungsentwicklung deutlich nach oben. Grund: Die Stadt wächst viel schneller als angenommen. Auch die Grundschule baut vor.
Schongau – Im Mai des vergangenen Jahres hatte der Schongauer Stadtrat entschieden, ein externes Institut mit der Schulbedarfsplanung und der Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung der Kindertagesbetreuung zu beauftragen. Hintergrund ist der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder ab dem Grundschulalter, der ab dem Schuljahr 2026 stufenweise eingeführt wird.
Bei den Erstklässlern startet im Schuljahr 2026/2027 der Anspruch auf Ganztagsbetreuung
Startend mit den Erstklässlern im Schuljahr 2026/2027 bis hinauf zu den Viertklässlern, die dann im Jahr 2029/2030 die Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen können, haben dann alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr den Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung.
Das Schongauer Gremium war zu dem Schluss gekommen: Lieber im Vorfeld etwas mehr Geld in die Hand nehmen für die Untersuchung, als völlig ins Blaue hinein zu planen. Aber wie die Bevölkerungsentwicklung langfristig bewerten? Zuletzt war das für die Erstellung des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK) untersucht worden. Wie Stadtbaumeister Sebastian Dietrich ausführte, rechnete man bisher mit einem mittleren Szenario, einer Bevölkerungszunahme von 0,24 Prozent.
Schongaus Bevölkerung wächst deutlich schneller als gedacht
Das reicht aber längst nicht mehr aus, die Schongauer Bevölkerung ist deutlich schneller angewachsen als angenommen. Speziell in den Jahren 2015/2016 und dann wieder 2021/2022 seien viele Geflüchtete in Schongau angekommen, so Dietrich. Diese Kurve habe sich derzeit wieder etwas abgeflacht. „Aber faktisch hatten wir ein Prozent Wachstum pro Jahr.“
Um entsprechend mit der Bauleitplanung reagieren zu können, schlug Dietrich vor, mit einem höheren Faktor zu rechnen. Man könne nicht wissen, wie sich die Zahlen bei den Geflüchteten entwickele. „Aber vielleicht ist es auch sinnvoll, moderat auf Sicht zu fahren“, so Dietrich, schließlich habe das auch Folgen. Er schlug vor, mit einem Bevölkerungswachstum von 0,42 Prozent pro Jahr weiterzurechnen.
Anhebung auf 0,42 Prozent Wachstum „zu konservativ“
Alexander Majaru (SPD) war selbst diese Annahme „zu konservativ“: Man müsse nicht mehr nur von Kriegen ausgehen, die globale Erwärmung steige weiter an, es werde auch Menschen geben, die von Inseln aufs Festland flüchten müssten. Auch Markus Keller (Grüne) rechnete vor, dass zwei Drittel der Neubürger Schongaus Geflüchtete seien. „Für die Schulen wird es immer schwieriger, und auch für die Bauleitplanung“. Man brauche weniger Einfamilienhäuser, dafür mehr Geschosswohnungsbau. „Auf zehn Jahre oder länger halte ich die Prognose für zu spekulativ.“
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Insbesondere bei den Schulen und Kindergärten müsste nachgebessert werden
„Es geht nicht in die friedliche Richtung“, war sich Gregor Schuppe sicher. Der ALS-Stadtrat hinterfragte dann, welche Auswirkungen es habe, wenn man mit zu hohen Zahlen für die Bedarfsanalyse weiter rechne. Das habe direkte Auswirkungen insbesondere bei den Schulen und Kindergärten, so Dietrich. „Wenn wir übersteuern, kann es sein, dass wir mehr Raum schaffen, als wir brauchen.“
Mehr Raum speziell an Schulen würde immer gebraucht, konterte Schuppe und plädierte für eine höhere Anpassung der Wachstums-Prognose, was auch der neue CSU-Stadtrat Florian Jocher unterstrich: „Zu groß gebaut hat noch keiner.“ Allerdings müsse man sich das auch leisten können, gab Stephan Hild (UWV) zu bedenken. Er bezweifelte überdies, dass man künftig genug Personal bekomme für die Schulen und Kindergärten. „Daran wird das Ganze scheitern. Wenn man gebaut hat, ist es nicht mit Leben zu füllen“, so Hild. Die Ganztagsbetreuung sei ein Rechtsanspruch, betonte Schuppe noch einmal. „Die Option Scheitern gibt es nicht.“
Die Stadt passt nun ihre Prognose an auf 0,75 Prozent Wachstum jährlich
Letztlich passt die Stadt nun ihre Prognose deutlich an – von 0,24 Prozent jährlichem Wachstum auf 0,75 Prozent. Das beauftragte Institut Sachs werde die Zahlen überarbeiten, konkrete Flüchtlingskatastrophen wie jetzt durch den Ukraine-Krieg würden aber nicht abgebildet.
19 Stadträte stimmten dafür, die UWV ließ sich jedoch nicht überzeugen. Einstimmig folgte das Gremium der Entscheidung der Staufer-Grundschule, in den offenen Ganztagsbetrieb zu wechseln (siehe Text oben) – vorbehaltlich der Zustimmung der Regierung von Oberbayern. Das Angebot der gebundenen Ganztagsklasse war beim Neubau der Schule gefördert worden, die Förderbindung gilt 25 Jahre.
Auch die Grundschule baut vor und stellt auf offenen Ganztagsunterricht um
An der Staufer-Grundschule soll künftig offener statt gebundener Ganztagsunterricht stattfinden. Dies hatte die Schulleitung beschlossen, auch der Elternbeirat hatte dem zugestimmt, wie ALS-Stadtrat Gregor Schuppe, selbst Mitglied der Schulleitung, in der Stadtratssitzung erläuterte. Es habe sich herausgestellt, dass der gebundene Ganztag sehr starre Vorgaben mache. Nicht alle Eltern bräuchten eine Betreuung für ihr Kind täglich bis 16 Uhr. Auch sei die Schule im offenen Ganztag viel flexibler, die Schüler könnten besser auf die Klassen verteilt werden. Der offene Ganztag biete regulären Unterricht, im Idealfall übernehme dann ein externer Anbieter im Köhlerstadel und biete auch flexible Angebote vom Sport bis zum Musikunterricht. „Im Idealfall geht das Kind um 16 Uhr nach Hause und hat auch seine Freizeitaktivitäten bereits erledigt“, so Schuppe. Künftig laufe die Ganztagsbetreuung unabhängig von den Ferien mit nur wenigen Schließtagen. „Personal zu finden wird schwierig, aber wenn wir jetzt starten, haben wir eine Chance.“
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