Trumps Zölle kosten uns alle jetzt schon Geld - bald machen sie vieles günstiger

Als Donald Trump am Mittwoch in den Sozialen Medien eine Zollvereinbarung mit Japan verkündete, lobte sich der US-Präsident für eine "historische Einigung". 

  • Erstmals in der Geschichte öffne Japan seine Märkte für US-Produkte. "Ein großartiger Deal für alle." "Wahrscheinlich der größte Deal der Geschichte." "Hunderttausende neue Jobs." "So etwas gab es noch nie."
  • Es ist eine von acht "historischen Einigungen" und "größten Erfolgen der Geschichte", die Trump innerhalb von drei Tagen verkündet. Japan öffnete seine Märkte vor über 170 Jahren für die Vereinigten Staaten.
  • Trotz dieser Verzerrungen führte das Abkommen mit Japan den Menschen in Deutschland vor Augen: Die Bundesrepublik und die EU warten weiter auf eine "historische Einigung" mit Trump.
  • Am 1. August läuft die Frist ab, ab der die USA allen Einfuhren aus der EU Zölle von mindestens 30 Prozent auferlegen wollen.

Das Abwarten im Zollstreit schafft zwei falsche Eindrücke:

  1. Noch ist nichts Entscheidendes passiert.
  2. Ein Abkommen, das die angedrohten 30-Prozent-Zölle abschwächt, bringt Deutschland in eine Lage wie vor Trumps Zollkrieg.

Die schlechte Nachricht: In Wahrheit hat Trumps Zollkrieg bereits viel Schaden angerichtet. Die Menschen in Deutschland spüren ihn bereits. Selbst mit einem Abkommen dürfte sich der Schaden vergrößern.

Die gute Nachricht: Deutschland und die EU können diese Belastungen meistern. Die USA aber eher nicht. Deswegen verändert sich bald wohl noch viel mehr. 

Der Weg, wie Europa den Schaden in einen Erfolg verwandeln kann, verläuft in vier Schritten.

Trump Truth Social
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Schritt 1: Weniger Verkäufe, weniger Investitionen

Dass der Zollkrieg schon jetzt die deutsche Wirtschaft trifft, zeigt eine aktuelle Umfrage des Ifo-Instituts:

  • Mehr als 60 Prozent der befragten deutschen Unternehmen berichten bereits über Probleme durch Trumps Zollkrieg.
  • Der Autohersteller Volkswagen hat durch die Zölle von Januar bis Juni 1,3 Milliarden Euro verloren, berichtete der Konzern. Der Zollkrieg eskalierte erst mit Trumps "Befreiungstag" am 2. April. Der Großteil des Schadens entfällt also auf nur drei Monate.
  • Das fällt auch auf die deutschen Angestellten zurück: VW muss seine bereite eingeleiteten Sparmaßnahmen vermutlich ausweiten.
  • Auf alle Firmen hochgerechnet, verdeutlicht das Beispiel Volkswagen: Der deutschen Wirtschaft entgehen durch die Zölle schon jetzt Milliarden.
  • In den USA aktive Unternehmen erwarten laut Ifo-Institut, dass sie dort bald noch weniger verkaufen.
  • Deswegen schieben Firmen Investitionen in Deutschland und den Vereinigten Staaten auf. Sie wissen nicht, ob sie die Kapazitäten brauchen. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft ergab im Juni, dass die Investitionen deutscher Firmen in den USA seit dem zweiten Amtsantritt Donald Trumps im Januar um rund 95 Prozent eingebrochen sind.

Das trifft die Menschen in Deutschland.

  • Investitionen bringen Unternehmen künftige Gewinne, weil sie mehr produzieren und verkaufen können.
  • Schieben sie Investitionen auf, verringert dies künftige Gewinne und schwächt den Standort.
  • Schieben Unternehmen Projekte in Deutschland auf, verringern sie außerdem Aufträge für Baufirmen und andere an diesen Projekten beteiligten Unternehmen.
  • Ohne die gestrichenen Projekte wächst die deutsche Wirtschaft weniger.
  • Der Staat nimmt weniger Steuern ein. Er muss mehr sparen oder die Einnahmen durch eine Anhebung der Steuersätze erhöhen.
  • Den Menschen in Deutschland bleibt durch beide Effekte weniger Geld.

Dieser Schaden ist bereits eingetreten. 

Schritt 2: Die Probleme verschlimmern sich in dieser Woche

Die kommende Woche bringt nun den nächsten Showdown im Zollstreit:

  • Vor Trumps Zollkrieg wurden Waren deutscher Firmen im Schnitt mit rund einem Prozent Zoll belegt.
  • Derzeit betragen die US-Zölle auf die meisten EU-Waren zehn Prozent.
  • Ohne Abkommen steigen sie zum 1. August auf 30 Prozent.
  • Mit einem Abkommen dürften die effektiven Zölle mindestens auf zwölf bis 17 Prozent steigen, schätzt die Forschungsabteilung der Deutschen Bank. Immer noch mehr als derzeit.

Deutsche Exporte in die Vereinigten Staaten verteuern sich innerhalb der kommenden Woche also wohl deutlich. Das erhöht die Gefahr, dass sich die Probleme vergrößern, die diese Teuerungen auslösen. Besserung erwartet derzeit praktisch kein Experte.

Das liegt neben den Zöllen selbst auch an der Verunsicherung, die sie auslösen. Trump hat den Zoll für EU-Produkte seit April viermal verändert. Unternehmen planen aber auf Jahrzehnte, bis sich Projekte wie neue Fabriken und Büros rechnen. Unter diesen Bedingungen investieren sie ungern - weder in den USA, noch in Deutschland, um Produkte in die USA zu verkaufen.

Die genaue Höhe des Zolldeals ist damit weniger entscheidend als die Verunsicherung, die die Wankelmütigkeit in Washington auslöst. Diese Verunsicherung bleibt auch bestehen, wenn Trump und die EU in den nächsten Tagen ein Abkommen schließen.

US-Präsident Donald Trump hält bei einer Veranstaltung im Rosengarten des Weißen Hauses am 2. April ein Schaubild zu Zöllen hoch. Mit dieser von ihm "Befreiungstag" getauften Veranstaltung eskalierte er den von ihm begonnenen Handelskrieg.
US-Präsident Donald Trump hält bei einer Veranstaltung im Rosengarten des Weißen Hauses am 2. April ein Schaubild zu Zöllen hoch. Mit dieser von ihm "Befreiungstag" getauften Veranstaltung eskalierte er den von ihm begonnenen Handelskrieg. Chip Somodevilla/Getty Images

Schritt 3: Die EU reagiert, Produkte werden billiger

Das passiert: Während die Unternehmen erwarten, dass der US-Markt für sie an Bedeutung verliert, erwarten sie für den EU-Markt das Gegenteil: 40 Prozent der vom Ifo-Institut befragten Firmen rechnen sich in der EU steigende Absatzchancen aus.

Das liegt auch daran, dass die US-Zölle den Druck auf die EU erhöhen, ein altes Problem anzugehen: 

  • Zu viele Vorschriften erschweren den innereuropäischen Handel. Unterschiedliche Energienetze, unterschiedliche Vorschriften für die Lagerung von Lebensmitteln, unterschiedliche Regeln für die Kennzeichnung von Lebensmitteln.
  • Diese Hemmnisse wirken wie Zölle: von 45 Prozent auf Waren zwischen den EU-Ländern und von 110 Prozent auf Dienstleistungen. Das hat der Internationale Währungsfonds ausgerechnet – dabei ist die EU eigentlich ein zollfreier Raum.

Im Rahmen der kürzlich vorgestellten Binnenmarktstrategie will die EU nun zunächst die zehn schädlichsten Handelshemmnisse beseitigen, beispielsweise durch die Harmonisierung von Verpackungs-, Kennzeichnungs- und Abfallvorschriften.

Für Verbraucher bedeutet das:

  • Günstiger Einkaufen: Mehr Produkte und weniger Handelshemmnisse bedeuten für die Verbraucher sinkende Preise.
  • Mehr Geld: Selbst begrenzte Entschlackungen des Binnenmarkts könnten die EU-Wirtschaft um fünf Prozent wachsen lassen und mehr als eine Million neuer Jobs schaffen, schätzt Wirtschaftsprofessor Klemens Joos von der TU München. Das verbessert auch in Deutschland Jobchancen und Gehälter.

Die Möglichkeit zum Gegensteuern ist der erste Grund, warum Wirtschaftsexperten zuletzt Deutschland und Europa bescheinigten, die Folgen von Trumps Zöllen zwar zu spüren, aber bewältigen zu können. Der zweite Grund liegt weiter südlich.

„Sie richten einen weitaus höheren Schaden für das Wachstum an als alle Zölle, die die USA verhängen könnten.“ Der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, über Barrieren und regulatorische Hürden im EU-Binnenmarkt.

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„Trumps Zölle sind ein tiefgreifender handelspolitischer Schock – sie zwingen Unternehmen, globale Märkte neu zu bewerten und Investitionen neu auszurichten." Andreas Baur, ifo-Handelsexperte 

Schritt 4: Deutschland richtet sich neu aus

Neben dem eigenen Binnenmarkt kann die EU auch weltweit neue Märkte erschließen: 

  • Indien, Brasilien, Saudi-Arabien, Ägypten, Thailand und Vietnam: Freihandelsabkommen mit diesen Ländern würden die deutschen Exporte um 125 Milliarden Euro steigen lassen, schätzt die Forschungsabteilung der Deutschen Bank.
  • Das entspräche acht Prozent der gesamten deutschen Exporte im Jahr 2024.
  • Zum Vergleich: Der Handel mit den USA macht derzeit rund zehn Prozent aller Exporte aus.
  • Auch Afrika - dort wird sich die Bevölkerungszahl laut UN-Prognosen bis zum Jahr 2100 mehr als verdoppeln - eignet sich als neuer Wachstumsmarkt.

Der globale Süden und der EU-Binnenmarkt könnten einen Wegfall des Handels mit den USA also mindestens ausgleichen. Für die Menschen in Deutschland verändert dies dennoch vieles: 

  • Nordamerikanische Läden und Marken prägen unsere Innenstädte.
  • US-Marken wie Coca-Cola oder Mars sind auch im Supermarkt omnipräsent.
  • Angestellte flogen für Geschäftsreisen häufig in die Vereinigten Staaten.

Wahrscheinlich werden Reiseziele und Produkthersteller bald häufiger in der EU, in Südamerika, Asien und Afrika angesiedelt sein. Trumps Slogan "Make America Great Again" klingt gut, geht aber in einer globalen Wirtschaft mit zahlreichen Alternativen nach hinten los.