"Hier ist die Abzocke zu Hause": Reporter deckt Abzocke bei Touristen-Touren auf

"Tut mir leid, dass Sie enttäuscht sind", sagt der schottische Busfahrer. Antwortet Peter Giesel: "Das macht nichts, das ist mein Job." Diese Antwort ist wahrscheinlich das Ehrlichste in der ganzen Sendung, weil es tatsächlich der Job des Reporters ist, sich täuschen zu lassen. Der Rest ist Lüge. 

So wie bei diesem Trip von Edinburgh zum Loch Ness, um dem sagenumwobenen Wassertier Nessie nahe zu sein. Nahe sein bedeutet in diesem Fall Urquhart Castle. Dort gibt es ein Nessie-Museum und dort wurde vor rund 100 Jahren das erste Foto des legendären Ungeheuers aufgenommen. Das Bild ist natürlich Schmu – ebenso wie die Tour, die Giesel für 90 Euro gebucht hat. 

Der Bus bringt ihn nach einer 3,5-Stunden-Fahrt nämlich nur an den Südzipfel des 37 Kilometer langen Sees Ness, genauer: nach Augusta. "Hier gibt es nur ein Dorf, einen Parkplatz und eine Pommesbude", stöhnt Giesel. "Wir waren nicht am wahren Ort. Mein Urlaubstag ist verbrannt worden."

"Hier ist die Abzocke zu Hause", erklärt der Urlaubstester

In vielen Bundesländern sind die Sommerferien gestartet, in anderen geht es in den nächsten Tagen los. Urlaubszeit heißt Reisezeit, also hat sich Giesel mit seinem Team für die Kabel-1-Sendung "Achtung Abzocke – Urlaubsbetrügern auf der Spur" auf den Weg gemacht, um Urlaubsbetrügern auf die Schliche zu kommen. Dazu schlüpft er an Touristen-Hotspots selbst in die Rolle des ahnungslosen Urlaubers. Nepp und Gaunereien werden mit der Kamera festgehalten, um die Täter anschließend mit dem belastenden Material zu konfrontieren. 

Diesmal sind Schottland und Irland, wo es mehr Schafe als Menschen gibt, Giesels Reiseziele. Im irischen Dublin steht er mit zwei Whiskeyflaschen kopfschüttelnd im Stadtviertel Temple Bar auf der Straße. Er hat in zwei verschiedenen Läden, die nur einige Meter voneinander entfernt sind, Whiskey gekauft. Für den "Crested Jameson" hat er mal 75 und mal 45 Euro hingelegt. Im Supermarkt zahlt Giesel für den Tropfen schließlich nur 26 Euro. "In diesem Wohnblock ist die Abzocke zu Hause", erklärt er.

In der Touristen-Bar kostet der Liter Bier 22 Euro

"Temple Bar ist eine Touri-Falle", stellt Reporter Giesel fest. Wer im Touri-Viertel unterwegs ist, zahlt eben auch Touri-Preise. So viel Sachverstand sollte man als Reisender eigentlich mitbringen. Zum Abzock-Wohnblock gehört auch ein Pub namens "Temple Bar". Giesel bestellt vier Bier für sich und sein Team. Macht 45,80 Euro. Ein Bier hat 568 Milliliter, macht 22 Euro pro Liter. Dagegen ist ein Oktoberfestbierchen ein Schnäppchen. 

Zum Glück gibt es in Dublin 770 Pubs und damit die höchste Kneipendichte aller europäischen Städte. "Die rote Temple-Bar ist eher der Tempel der Abzocke", befindet Giesel. "Kein Ire trinkt sein Bier in der Temple Bar." Schon ein paar Straßen weiter kostet das Bierchen nur noch zwischen sechs und acht Euro. Das ist immer noch teuer, weil in Irland hohe Steuern auf Alkohol bestehen, aber eben kein Nepp.

Plötzlich ist die Kutschfahrt in Dublin teurer und kürzer

Eine riesige Unverschämtheit ganz anderer Art stellt die Preispolitik bei einer traditionellen Fahrt mit einer Pferdekutsche dar. Wer etwa an der Haltestelle Guinness-Museum in Dublin eine zehnminütige Fahrt bis ins Temple-Bar-Viertel antritt, soll laut angeschlagener Preistafel dafür 30 Euro zahlen. Nach gerade sechseinhalb Minuten stoppt der Kutscher die Tour abrupt. Aussteigen! 

Obwohl nicht mal annähernd das Ziel erreicht ist, soll Giesel dafür 50 Euro statt 30 Euro berappen. Einer anderen Reisegruppe, die Giesel trifft, wurden für eine vergleichbare Strecke 150 Euro abgenommen. Giesel erklärt: "Die Abzocke ist die Regel bei den Jungs – keine Ausnahme." 

Früher hatte die Stadtverwaltung ein Auge auf solche Betrüger geworfen. Mittlerweile herrscht Anarchie. Auf Höhe des Parks St. Stephen’s Greens stehen die älteren, alteingesessenen Kutscher. Einer sagt: "Wir können nichts dagegen tun, außer ehrlich arbeiten." Ein anderer Kutscher rät Giesel: "Sie hätten Nein sagen sollen. Wir sind individuell. Die anderen Fahrer kenne ich nicht einmal."

Reporter Giesel hat zwei einfache Grundregeln für den Urlaub

Peter Giesel unternimmt auch eine gebuchte Fahrt mit dem Bus von Dublin zu den Cliffs of Moher. Die bekannte Kliffküste ist eine stark besuchte Touristenattraktion. Ein Ticket kostet 75 Euro. Für das Geld sitzt Giesel insgesamt sechs Stunden im Bus und hat am Zielort gerade 70 Minuten, um die Klippen zu bestaunen. Zuzüglich des Essens beim Zwischenstopp gibt er gemeinsam mit seinem Kameramann am Ende 215 Euro aus. 

Zwei Kollegen des Teams machen die Gegenprobe und mieten sich für selbiges Ziel ein Auto. Mit Sprit und Mittagessen kommen sie insgesamt auf 160 Euro. Dafür gab es aber ein paar Extras: die Besuche einer Destillerie, eines Hochmoors, einer Burg und einer Wehranlage plus ausreichend Zeit, entlang der Klippen zu spazieren und das angrenzende Museum zu erkunden. 

Giesels Fazit lautet: "Ich rate dringend davon ab, sich auf eine Pauschaltour einzulassen." Merke eins: Wer selbst organisiert, spart Geld. Merke zwei: Wer sich abseits der Touristen-Hotspots bewegt, spart noch mehr Geld.