Blick für lokale Geschichte geschärft: So entstand die ausgezeichnete Seminararbeit von Agnes Braun aus Lenggries
Mit ihrer ausgezeichneten Seminararbeit erregte die ehemalige Hohenburger Gymnasiastin Agnes Braun vor Kurzem viel Aufmerksamkeit. Die Unterlagen befinden sich nun im bayerischen Staatsarchiv.
Lenggries – Für ihre hervorragende wissenschaftliche Arbeit hatte Agnes Braun im Herbst den Preis des „Bayerischen Clubs“ zur Förderung der bayerischen Kultur entgegengenommen, zusammen mit sechs anderen Abiturientinnen und Abiturienten aus Bayern (wir berichteten). Der Preis ging erstmals nach Hohenburg, und die ganze Schulfamilie ist stolz.
Agnes Braun hatte über „Das explosive Erbe des Zweiten Weltkriegs“ im Leitfach Wirtschaft und Recht geschrieben. Das Thema hatte ihr Robert Huber vorgeschlagen. Der stellvertretende Schulleiter leitete auch das Seminar mit dem Rahmenthema Nachkriegsgeschichte. Der Fokus wurde auf „Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg“ gelegt, und als lokalen Schwerpunkt recherchierte die Schülerin zu den ehemaligen Munitionswerken in Geretsried.
Interview mit einem Sprengstoffexperten geführt
„Über Blindgänger findet man sehr viele Informationen im Internet“, berichtet Agnes Braun bei einem Gespräch. Das Thema hielt sie allgemein, listet Bomben- und Zündertypen auf, berichtet über die Entstehung von Blindgängern sowie über Auffindung und Entschärfungs- methoden und dann über deren Entsorgung und Vernichtung. Am Ende ihrer Arbeit findet sich ein langes Interview mit dem Experten Günther Bochmann von der Firma EMC Kampfmittelbeseitigung. „Das war großes Glück, und ich bin Herrn Bochmann dafür sehr dankbar“, sagt die junge Frau. Bochmann, der auch Feuerwerker ausbildet, erklärte Braun unter anderem, wie man bei der Beseitigung von Kampfmitteln vorgeht, und warum die Ortung im Boden, etwa bei Bauarbeiten, immer wieder schwierig ist. „Dabei habe ich sehr viel gelernt über dieses Thema. Sonst bekommt man davon ja nicht viel mit. Ich habe jetzt riesigen Respekt vor dieser Berufsgruppe“, sagt Agnes Braun.

„Geretsried hat eine große wirtschaftliche Bedeutung für den Landkreis“
Der zweite Teil der Arbeit handelt von den Munitionswerken in Geretsried. Braun beschreibt die Produktion bis zum Kriegsende, die Bombardierung, den Umgang in der Nachkriegszeit und dann die ökonomische Entwicklung von Geretsried. Dabei geht sie vor allem auf das Süßwarenunternehmen Kneisl ein. In ihre Arbeit flossen beispielsweise Unterlagen vom Historischen Arbeitskreis Geretsried ein, aber auch einiges aus dem Stadtarchiv. „1996 wurde ein Gutachten über die Munitionswerke erstellt. Da konnte ich viele Informationen rausziehen.“
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Vor Entstehung dieser Arbeit, berichtet sie, habe sie zur Geschichte Geretsrieds wenig Bezug gehabt. „Aber jetzt verstehe ich vieles. Geretsried hat heute eine große wirtschaftliche Bedeutung für den Landkreis, weil sich damals nach dem Krieg dort viele Unternehmen ansiedelten. Flüchtlinge fanden Arbeit und Wohnraum in den ehemaligen Bunkern. All das ist auf die Munitionswerke zurückzuführen“, sagt sie. „Und ich verstehe jetzt auch, warum das Stadtbild so ist, wie es ist.“ Heute sei ihr bewusst, wie sehr die Nachkriegsgeschichte im täglichen Leben noch nachwirke.
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Seminararbeit ist länger als üblich
Die Seminararbeit umfasst 30 Seiten plus 20 Seiten Interview mit Günther Bochmann. „Das ist echt viel, normalerweise sind solche Arbeiten insgesamt nur 10 bis 15 Seiten lang. Ich bin wirklich dankbar, dass ich so viel schreiben durfte.“ Historische Fotos, Karten und Grafiken runden die Arbeit ab.
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Geht so ein Thema nicht auch unter die Haut? Agnes Braun verneint. „Es ist überwiegend technischer Natur.“ Andere Gymnasiasten hätten beispielsweise über die Verschleppung von Waisenkindern zu Kriegszeiten recherchiert. „Es ist schrecklich, was man da zu lesen bekommt. Das geht unter die Haut, mein Thema eigentlich nicht.“
Duales Studium bei Airbus begonnen
Dass sie für die Arbeit einen Preis bekommen hat, freut die Lenggrieserin natürlich sehr. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet.“ Die ausgezeichnete Arbeit befindet sich nun im bayerischen Staatsarchiv. Mittlerweile hat Agnes Braun ein Studium angefangen, allerdings in einem ganz anderen Bereich: Sie absolviert am Bodensee bei der Firma Airbus ein duales Studium, eine Kombination aus Informatik und Elektrotechnik. Aktuell ist sie in der Praxisphase und macht eine Grundausbildung in Elektrotechnik. „Ich interessiere mich sehr für Technik“, sagt die junge Frau. Diese Studienplätze bei Airbus seien begehrt und hätten eine lange Vorlaufzeit. „Schon Mitte der 11. Klasse habe ich die Zusage für diese Stelle bekommen.“ Geschichte, sagt sie, sei ein schönes Hobby, aber: „Ich möchte nicht davon leben müssen.“
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