Besonders im Handwerk herrscht Verärgerung, dass die Bundesregierung die versprochene Senkung der Stromsteuer verschiebt. Anders sieht es in Industrie und Landwirtschaft aus.
Bad Tölz-Wolfratshausen– Wirtschaft und Verbraucher entlasten durch eine Senkung der Stromsteuer: So hatten es sich CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben. Für Diskussionen sorgte daher dieser Tage die Meldung, dass die versprochene Steuersenkung zumindest für Privathaushalte sowie für Handwerksbetriebe aufgrund der Haushaltslage zunächst einmal auf unbestimmte Zeit verschoben ist. Auch im Landkreis löst dies Irritationen aus.
Stromsteuer: Handwerker profitieren nicht
„Sehr ärgerlich“ findet es Kreishandwerksmeister Martin Waldmann, dass Handwerksbetriebe vorläufig nicht von einer gesenkten Stromsteuer profitieren. Besonders betroffen seien „stromintensive“ Handwerksberufe, wie etwa Maschinenschlosser oder Schreiner. „Gerade in der jetzigen Situation könnten die Betriebe so eine Erleichterung gut gebrauchen“, sagt der Dietramszeller und verweist darauf, dass die Betriebe das eingesparte Geld gut wieder in den Wirtschaftskreislauf investieren könnten.
Es sei ein bekanntes Phänomen, dass die Großindustrie stärker unterstützt werde als die Handwerksbetriebe vor Ort. „Ich kann nur hoffen, dass unsere Kommunalpolitiker dieses Thema beständig nach oben weitergeben“, sagt der Installateur- und Heizungsbaumeister.
Dorst bekommt schon Steuerentlastung
In den Genuss des niedrigeren Strompreises sollen vorläufig nur Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft kommen. Hier, so hieß es diese Woche vonseiten der Regierung, sollten die bestehenden Preiserleichterungen „verstetigt“ werden. Für das Kochler Unternehmen Dorst Technologies beispielsweise rechnet Hubert H. Löcherer, Vorstandsvorsitzender der Dorst-Löcherer-Stiftung, mit keinen zusätzlichen finanziellen Vorteilen.
„Wir gehören schon heute zu den produzierenden Unternehmen, die eine Steuerentlastung nach Paragraf 9b des Stromsteuergesetzes in Anspruch nehmen können und das auch tun“, erklärt er auf Anfrage unserer Zeitung. Bei Stromkosten in Höhe von über einer Viertelmillion Euro seien es „schon recht nennenswerte fünfstellige Beträge, die wir auf Antrag zurückvergütet erhalten“, so Löcherer. Er hoffe und sei zuversichtlich, dass die aktuelle Regelung bei einer neuen Gesetzgebung „nicht stirbt oder aber entsprechend ersetzt wird“.
Bauer spricht von 150 Euro Ersparnis
Keine allzu große Rolle für seinen landwirtschaftlichen Betrieb misst Peter Fichtner, Kreisobmann im Bayerischen Bauernverband (BBV) dem Thema Stromsteuer bei. Eine Absenkung um 2 Cent pro Kilowattstunde würde ihm „über den Daumen“ vielleicht 150 Euro Ersparnis pro Jahr bringen, hat er durchgerechnet. Würde er seinen Strombedarf nicht seit Kurzem über eine kleine PV-Anlage auf dem Dach zum Teil selbst decken, dann wären es wohl 250 Euro. „Für den Einzelnen ist es ein überschaubarer Betrag – aber Kleinvieh macht auch Mist“, sagt der Heilbrunner. „Bei einem Betrieb mit einem Verbrauch von 100.000 Kilowattstunden kann das natürlich anders ausschauen.“ So etwas gebe es zum Beispiel in der energieintensiven Geflügelmast, die aber in der Region keine Rolle spiele.
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Für die meisten Landwirte aber stehe die Stromsteuer im Vergleich zu anderen Themen im Hintergrund. Die Agrardieselvergünstigung zum Beispiel mache das Doppelte aus, und auch von einer seit 1. Januar geltende Änderung bei der Mehrwertsteuerpauschalierung sei der einzelne Betrieb je nach den individuellen Gegebenheiten „wesentlich stärker betroffen“.
Insgesamt sieht Fichtner jedoch das Problem, dass die Regierung durch das gebrochene Wahlversprechen an Vertrauen verlieren könnte. Sein Vorschlag: „Hätte man die Stromsteuer für alle Gruppen um einen Cent gesenkt, hätte man politisch und medial weniger Probleme.“ (ast)