Trotz Debatte über „Brandmauer“: Warum Söder Meloni doch besuchen will
Bayerns Regierungschef plant eine zweitägige Rom-Reise, auch mit Audienz beim Papst. Der Besuch ist zweifellos pikant – aber auch politisch spannend.
München – Rückblickend war es irgendwas zwischen Aussprache und Abwatschen. Im September 2022 kam der CSU-Vorstand zu einer leidenschaftlichen Debatte zusammen, ob man in der neuen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni eine Politfreundin oder eine Postfaschistin sehen wolle. Parteivize Manfred Weber warb sehr für Dialog. In der Runde blieb er damit allein. Am Ende warnte Parteichef Markus Söder, es sei „ein Problem, wenn Bürgerliche Radikale ins Amt hieven“. Und verlangte eine „Brandmauer nach rechts“.
Gut anderthalb Jahre lang ist das die Lage geblieben: Weber sucht ab und zu den persönlichen Dialog mit Meloni und auch ihrer Partei – der Rest der CSU-Spitze verfolgt das mit größtem Misstrauen. Man solle sich „von toxischen Personen fernhalten“, hieß es murrend aus der Partei. Umso spannender ist nun ein Termin, den Söder in den nächsten Wochen plant. Nach Informationen unserer Zeitung reist Bayerns Regierungschef am 10. Mai nach Rom. Zum Treffen mit Meloni.
Der Ministerpräsident werde in dieser Funktion anreisen, bestätigt ein Regierungssprecher. Auf der zweitägigen Rom-Reise wird es dann zudem eine Audienz bei Papst Franziskus geben und einen Besuch am Grab von Papst Benedikt im Petersdom.
Markus Söder in Rom: Nanu, jetzt also doch Meloni?
Nanu, jetzt also doch Meloni? Die so Radikale? Die Reise ist zweifellos pikant, aber auch politisch spannend. In Söders Umfeld wird klargestellt, es gehe um einen Staatsbesuch, nicht um einen Parteitermin. So wie Söder jüngst mit einigen Regenten Süd- und Südosteuropas Kontakt suchte, um Bayerns Interessen zu vertreten, setze er das nun in Rom eben fort.
Zur Erinnerung: Das Treffen mit dem Albaner Edi Rama war auch Staats-, nicht Parteisache; Rama ist stolzer Sozialist. Mit Meloni dürfte es unter anderem um Migration gehen und um den Bau einer Wasserstoff-Pipeline über die Alpen. Beides Themen, die auch schon Kanzler Olaf Scholz im November in Rom mit ihr besprach.
Kern des Streits um Weber/Meloni ist eher eine strategische Parteifrage. Der CSU-Vize würde die Meloni-Partei „Fratelli d‘Italia“ gern aus dem rechtsradikalen Spektrum loseisen und an die christdemokratische EVP in Europa heranführen. Er bescheinigte Meloni schon 2023, sie agiere „konstruktiv“, klar pro-ukrainisch, auf Distanz zu Europa-Kritikern wie dem Ungarn Viktor Orban. Der Flüchtlingspakt ihrer Regierung mit Albanien, der die Schlepperkriminalität und den Seenotretter-Streit im Mittelmeer eindämmen könnte, wird auch in den Unionsparteien positiv gesehen.
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Italien: Meloni ist seit Amtsantritt Richtung Zentrum gerück
Letzte Woche kam ein großer Schritt dazu: Im Europaparlament sicherten die italienischen Abgeordneten von Parteichefin Meloni sowie der „Lega“ in letzter Minute die Mehrheit für den großen Asylpakt der EU. Sie stimmten mit Webers Christdemokraten. Gegen die anderen radikal rechten Kräfte, deren Fraktion („ID“) sie eigentlich angehören.
Weber sprach anschließend von „Bürgerliche Mitte“ und „Bürgerliche Rechte“. Dass Meloni seit Amtsantritt Richtung Zentrum gerückt ist, bescheinigen ihr alle Beobachter. Ob man sich darauf verlassen mag, sind sich die Kenner uneins. Allerdings wird ihre Partei in Europa wohl noch viel wichtiger werden. Umfragen sagen den „Fratelli“, sich bei der Wahl im Juni mindestens zu verdoppeln. In den Umfragen sackt indes Lega-Chef Mattheo Salvini, einer von Melonis Koalitionspartnern in Rom, ab.
Söder erhält zweite Privataudienz bei Papst Franziskus
Teil zwei der Söder-Reise, die Audienz beim Papst, wird politisch sicher ungefährlicher. Es ist seine zweite Privataudienz im Amt nach 2018. Das Treffen damals lief sehr harmonisch, ließ allerdings einen päpstlichen Wunsch offen. Zum Gastgeschenk (Präsentkörbe mit Lebkuchen, Schokolade und einem Spendenscheck) soll Franziskus gesagt haben: „Wie, aus Bayern und kein Bier?“