Nach 31 Jahren: Stadt Starnberg erhöht Gewerbesteuer

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Mehr Einnahmen verspricht sich die Stadt Starnberg von der Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes (Symbolfoto). © Jens Schicke/Imago

Seit 1993 war der Gewerbesteuerhebesatz in der Stadt Starnberg stabil. Das ändert sich nun. Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung beschloss der Stadtrat am Donnerstag die erste Anhebung seit 31 Jahren. Er verspricht sich davon mehrere Millionen Euro Mehreinnahmen.

Starnberg – Die Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes gilt in der Kommunalpolitik gemeinhin als Ultima Ratio. Erst wenn sich Verwaltung und Gemeinderat finanziell gar nicht mehr anders zu helfen wissen, wird dieses Instrument in Betracht gezogen – zu groß ist die Sorge, dass eingesessene Unternehmen abwandern oder potenzielle Zuzügler nicht mehr kommen, wenn sie mehr Steuern auf ihre Gewinne bezahlen müssen. Genau an diesem Punkt steht derzeit aber die Stadt Starnberg. In deren Haushaltsplan für das laufende Jahr klaffte zu Beginn der Stadtratssitzung am Montag noch ein Defizit von 3,5 Millionen Euro – trotz bereits vollzogener Gebührenerhöhungen und Zuschussreduzierungen im großen Stil. So kam es, dass eine breite Mehrheit von 26:3 Stimmen den Gewerbesteuerhebesatz von 330 auf 380 Prozent anhob. Es ist die erste Erhöhung in der Kreisstadt seit 31 Jahren.

Die Stadträte hatten keine Freude an ihrem Beschluss. „Wir halten die Erhöhung für ein sehr schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Starnberg“, sagte CSU-Fraktionschef Thomas Beigel. Allerdings seien die Mehreinnahmen ausreichend, um das Defizit zu decken. Er halte es jedoch für „elementar wichtig“, im Herbst erneut darüber zu reden mit dem Ziel, den Hebesatz wieder zu senken. Zwar sei die Gewerbesteuer für Personen- und Einzelgesellschaften aufkommensneutral, erklärte Beigel, der beruflich als Steuerberater arbeitet. „Zwei Drittel unserer Gewerbesteuer kommen aber von Kapitalgesellschaften, und die trifft es.“

Eva Pfister vom Bündnis Mitte Starnberg (BMS) zitierte Zahlen aus dem Jahr 2019, wonach etwas mehr als 800 Unternehmen in Starnberg veranlagt worden seien. Die stärksten 15 davon seien für ein Viertel des Gewerbesteueraufkommens verantwortlich gewesen. Im Jahr 2022 hatte die Stadt mit rund 23,2 Millionen Euro so viel Gewerbesteuer eingenommen wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Pfister ging am Montag nicht davon aus, dass der Steuersatz wieder gesenkt wird. „Wir müssen ehrlich zu uns sein. Was oben ist, bleibt oben“, sagte sie. Mögliche Mehreinnahmen von 4,5 Millionen Euro entsprächen den gestiegenen Ausgaben für Kreisumlage und Personalkosten.

Bürgermeister: „Nur eine schwarze Null in diesem Jahr reicht nicht“

Diese 4,5 Millionen Euro hatte die Stadtverwaltung als Konsolidierungsvolumen errechnet für den Fall, dass der Hebesatz sogar auf 400 Prozent steigt. Auf diesen Wert habe die Stadt Weilheim ihren Hebesatz erhöht, erklärte Geschäftsleiter Ludwig Beck. „Wir erwarten, dass auch andere Kreisstädte den Hebesatz auf 400 Punkte anheben“, sagte er. Fürstenfeldbruck und Wolfratshausen zum Beispiel lägen bereits bei 380. Beck erinnerte zudem daran, dass die Stadt bis ins Jahr 2027 rund 40 Millionen Euro werde schultern müssen.

Unter anderem plant Starnberg den Bau einer neuen Grundschule als Ersatz und Erweiterung für die sanierungsbedürftige Schlossbergschule und ein neues Feuerwehrhaus, um modernen Ansprüchen an den Brandschutz gerecht zu werden. „Es wird nicht möglich sein, ohne drastische Erhöhung der Gewerbesteuer den Haushalt auszugleichen“, sagte Beck. Auch Bürgermeister Patrick Janik warnte: „Nur eine schwarze Null in diesem Jahr reicht nicht.“

Vorschlag 400 Prozent geht Starnberger Stadtrat zu weit

Der vorgeschlagene Erhöhung auf 400 Prozent ging dem Stadtrat allerdings zu weit, für Dr. Johannes Glogger (WPS) beispielsweise war sie unverhältnismäßig. Eine hauchdünne Mehrheit von 15:14 Stimmen lehnte den Vorschlag ab. Dr. Thorsten Schüler (UWG) beantragte schließlich die 380 Prozent. Der niedrigere Hebesatz habe in den vergangenen Jahren nichts bei Gewerbeansiedlungen gebracht, dennoch erhalte sich die Stadt damit gegenüber anderen Kreisstädten „wenigstens ein bisschen“ einen Standortvorteil, sagte er. Auch Patrick Janik sah die Auswirkungen auf Gewerbeansiedlungen in überschaubarem Rahmen und nannte als Beispiele Pöcking (240 Prozent) und die Landeshauptstadt München (490 Prozent).

Während Tim Weidner (SPD) eine Anhebung trotz der bereits starken Belastungen der Unternehmen als „alternativlos“ bezeichnete, lehnte Marc Fiedler (FDP) sie rundweg ab und forderte, „an die grundsätzlichen Strukturen ranzugehen“. Das betonte auch Ludwig Jägerhuber (CSU). „Nur mit Gebühren- und Steuererhöhungen kann es nicht weitergehen“, sagte er. Die Personalsituation der Verwaltung müsse genauso betrachtet werden wie die Möglichkeiten zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

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