Waakirchen macht Tempo: Blitz-Bau mit Modellcharakter

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Waakirchen

Kommentare

Die Optik des Gebäudes unterscheidet sich nicht von üblichen Neubauten. Weil die Betonmodule versetzbar sind, gilt das Haus als mobile Unterkunft. © Wohnbaugesellschaft Waakirchen

Ein solides Haus mit ordentlichen Wohnungen statt Asylhalle: Das ist der Deal. Um eine Behelfsunterkunft für 150 Geflüchtete in Marienstein zu verhindern, zieht die Gemeinde Waakirchen im Eiltempo einen Neubau hoch. Der Bauausschuss winkte den Plan durch – nicht ohne Bedenken.

Waakirchen –Der erste Spatenstich ist schon für Anfang April geplant. An der Schaftlacher Straße in Waakirchen, auf einer grünen Wiese im Außenbereich, soll ein Haus im Modell „Solidarischer Schaftlacher Wohnbau“ (SSW) entstehen. Gefertigt aus Betonmodulen, geht es baurechtlich als mobile Unterkunft für Geflüchtete durch, was eine blitzschnelle Genehmigung erlaubt. Optisch handelt es sich um ein Gebäude im ortsüblichen Stil, in dem zehn Wohnungen für insgesamt 40 Menschen Platz haben. Der Bauausschuss der Gemeinde stimmte dem Bauantrag einmütig zu.

„Aber es ist keiner begeistert“, meinte Günther Jeske (FWG) mit Blick auf die zahlreichen Zuhörer im Sitzungssaal. Die Aussicht auf ein Flüchtlingshaus in der Nachbarschaft macht einigen Anwohnern Sorgen. Auch Rudi Reber (ABV) hat dafür Verständnis: „Ich hoffe, dass es mit den 40 funktioniert.“ Er verspreche schon jetzt, sich dafür einzusetzen, dass „Leute, die Probleme machen“, die Unterkunft wieder verlassen müssten.

Alternative zur Asylhalle in Marienstein

Was die Bedenken überwiegt, ist die Angst vor weit größerem Ungemach. Das Landratsamt plant einen Umbau der Mariensteiner Lagerhalle des Unternehmers Franz Haslberger in eine Unterkunft für 150 Geflüchtete. Dagegen wehrt sich die Gemeinde mit aller Kraft. Das SSW-Modell ist ihr Alternativ-Angebot. Nach langen Verhandlungen hat das Landratsamt eine Zusage gemacht: Gelingt es der Gemeinde, mit ihrem Kommunalunternehmen (KU) Wohnbaugesellschaft Waakirchen bereits in diesem Sommer ein erstes Haus für Geflüchtete zu errichten, wird die Halle nicht belegt.

Gebäude soll im Sommer bezugsfertig sein

KU-Geschäftsführer Luitpold Grabmeyer und sein Team haben viel Vorarbeit geleistet, um den Blitz-Bau möglich zu machen. Die Einladungen zum Termin für den ersten Spatenstich sind in Vorbereitung, zum Start der Sommerferien soll das Haus fertig sein. Ein zweites Haus ist auf dem Grundstück geplant, auf dem jetzt noch das evangelische Angerkircherl steht. „Die Häuser werden wirklich schön“, sagt Grabmeyer. In 15 Jahren sollen sie als günstiger Wohnraum für Einheimische zur Verfügung stehen. Den Bau von Flüchtlingsunterkünften als Querfinanzierung für sozialen Wohnungsbau zu nutzen, ist der Kern des SSW-Modells.

Günstiger Wohnraum fehlt

Wie groß die Wohnungsnot ist, habe die Gemeinde erst kürzlich erlebt, berichtete Bürgermeister Norbert Kerkel (FWG). Eine Wohnung habe man anbieten können, 15 Bewerbungen seien dafür eingegangen. Ein wesentlicher Vorzug des SSW-Modells sei für ihn aber auch, Geflüchtete menschenwürdig unterbringen zu können.

Das Schaftlacher Modell ist nicht ganz neu. 2016 hat das eigens zu diesem Zweck gegründete KU zwei Gemeindehäuser am Michael-Schreiber-Weg errichtet. Die Konditionen: Zehn Jahre lang sollen die beiden Häuser als Flüchtlingsunterkunft ans Landratsamt vermietet werden, danach übernimmt die Gemeinde die Häuser selbst, um sie in eigener Regie an Einheimische zu vermieten. Dies sei auch weiterhin der politische Wille, versichert Kerkel. Der Vertrag endet im Oktober 2026.

Wie geht‘ s in den bestehende Gemeindehäusern weiter?

Derzeit leben dem Landratsamt zufolge 33 Menschen in den beiden Gemeindehäusern. Überwiegend handelt es sich um Familien, die meisten wohnen seit Jahren dort. 13 der Bewohner sind sogenannte Fehlbeleger, also Menschen, deren Asylgesuch anerkannt wurde. Sie sollen sich eigene Wohnungen suchen, finden aber selten eine. Endet der Vertrag zwischen Landratsamt und Gemeinde fristgerecht, müssen die bisherigen Bewohner das Haus frei machen.

Die Frage, ob die Behörde die Gemeinde um eine Verlängerung des Mietvertrags bitten wird, lässt das Landratsamt noch offen. Grundsätzlich, so eine Sprecherin, sei die Verlängerung von bestehenden Verträgen „immer eine Option“. Üblicherweise werde darüber etwa sechs Monate vor Ablauf der Vereinbarung verhandelt. Fix ist offenbar derzeit nichts. Über das weitere Vorgehen, erklärt Kerkel, werde der Gemeinderat noch entscheiden.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion