Trump setzt auf neue KI bei Truth Social – die entlarvt umgehend Lügen des US-Präsidenten

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Truth Social hat jetzt einen eigenen Chatbot. Der sorgt für Aufsehen, weil er Trumps Behauptungen offen als falsch zurückweist.

Washington, D.C. Donald Trump hat seiner Social-Media-Plattform Truth Social ein neues digitales Aushängeschild verpasst – doch der Plan droht nach hinten loszugehen. Der frisch eingeführte KI-Chatbot „Truth Search AI“ sollte eigentlich als patriotische Antwort auf „woke“ Big-Tech-Tools dienen. Stattdessen korrigiert er öffentlich zentrale Falschaussagen des US-Präsidenten – und sorgt damit für politische und mediale Turbulenzen.

Trump setzt auf Chatbot bei Truth Social – der deckt Lügen des US-Präsidenten auf

Das von der US-Firma Perplexity entwickelte Tool steht seit vergangenem Mittwoch allen Truth-Social-Nutzern kostenlos zur Verfügung. Es ist prominent in der Seitenleiste platziert und liefert laut Betreiber „direkte, verlässliche Antworten“.

Doch in mehreren Testläufen, berichtet die Washington Post, widersprach die KI-Trumps Kernthesen. Der Chatbot erklärte, die Wahl 2020 sei nicht gestohlen worden, Zölle wirkten wie eine Steuer auf Amerikaner, und die Kryptoprojekte der Trump-Familie stellten einen Interessenkonflikt dar.

Trumps Social-Media-KI nennt Kapitol-Sturm „gewaltsamen Aufstand“

Besonders brisant: Zum 6. Januar 2021 erklärte die Software, der „Aufstand“ im Kapitol sei gewaltsam gewesen und stehe im Zusammenhang mit Trumps „haltlosen Behauptungen von weitverbreitetem Wahlbetrug“. Auch Trumps jüngste Behauptung, die Kriminalität in Washington D.C. sei „völlig außer Kontrolle“, konterte das System mit FBI- und Justizministeriumsdaten, die deutliche Rückgänge bei Gewaltverbrechen für 2024 belegen, so das US-Medium Daily Beast.

Selbst bei der Frage nach dem „besten Präsidenten“ konterte die KI: Laut jüngsten Umfragen genieße Barack Obama unter lebenden US-Präsidenten die höchste Zustimmung – unter Berufung auf einen Artikel von Fox News. Zwar ergänzte das Tool, konservative Kommentatoren würden Trump häufig an der Spitze sehen, doch die nüchterne Datenlage spreche gegen ihn.

Präsident Trump: Eigene Plattform, eigener Chatbot – und überraschender Widerspruch. © Foto links: IMAGO / NurPhoto | Foto rechts: IMAGO / VCG

Donald Trumps politisches Eigentor im Kampf gegen „woke AI“

Trump hatte noch im Juli per Dekret „woker AI“ den Kampf angesagt, schreibt The Telegraph. Künftige KI-Tools sollten „wahrheitssuchend“, „neutral“ und frei von „ideologischen Urteilen“ sein. Ironischerweise fällt sein eigener Chatbot nun genau unter den Vorwurf, den Trump sonst an linke Plattformen richtet: parteiisch zu sein – allerdings gegen ihn selbst.

Der Politikwissenschaftler David Karpf von der George Washington University sieht darin gegenüber der Washington Post die Grenzen politischer Geschichtsumschreibung: „Sie können aktiv behaupten, dass das, was gestern wahr war, nicht mehr wahr ist. Aber Sie können nicht ändern, was in den vergangenen Jahren tatsächlich gesagt wurde und irgendwo archiviert ist.“

KI widerspricht Trump – Behauptung vs. Faktencheck

Thema Trumps Behauptung Antwort der Truth Search AI
Wahl 2020 „Die Wahl wurde gestohlen.“ „Die Wahl 2020 war nicht gestohlen.“
Zölle „Zölle haben den Aktienmarkt angekurbelt.“ „Belege dafür fehlen, Marktgewinne haben andere Ursachen.“
6. Januar 2021 (Kapitol-Sturm) „Kein Aufstand, friedliche Demonstration.“ „Es war ein gewaltsamer Aufstand, verbunden mit haltlosen Betrugsvorwürfen.“
Kriminalität in D.C. „Verbrechen völlig außer Kontrolle.“ „Kriminalität ist 2024–2025 deutlich gesunken.“
Beliebtester Präsident „Ich bin der populärste Präsident.“ „Barack Obama hat die höchste Zustimmung unter lebenden US-Präsidenten.“

Quellen: Washington Post, Independent, n-tv.de, Daily Beast.

Lügen unter US-Präsident Trump: Experten warnen vor digitalem „Bullshit“-Effekt

Für Zlatko Valentić, Dozent am Institut für Wissenschaftliche Politik an der Universität Freiburg, zeigen die nicht immer wahrheitsgetreuen Aussagen des amerikanischen Präsidenten: Die politische Debatte werde zunehmend von „Bullshit“ geprägt – Aussagen, denen es nicht um Wahrheit, sondern um Wirkung gehe. „Trump erweckt nicht einmal mehr den Anschein, er würde nicht lügen. Wenn am nächsten Tag eine andere gefühlte Wahrheit besser den eigenen Zielen entspricht, dann nimmt man eben die“, erläuterte er kürzlich in einem Interview auf der Homepage der Universität Freiburg.

Faktenprüfer der Washington Post hatten schon in Trumps erster Amtszeit über 30.000 falsche oder irreführende Aussagen dokumentiert. In den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit kamen über 100 weitere hinzu, zählte der Tagesspiegel auf.

Dass nun ausgerechnet seine eigene KI öffentlich widerspricht, könnte für Trump politisch heikel werden – zumal das Tool als sichtbares Symbol seiner „Patriot Economy“, einer US-Wirtschaft im Sinne von „America first“ gedacht war.

Offene Frage: Bleibt der Chatbot auf Trumps Truth Social online?

Ob Truth Social den digitalen Widerspruch länger duldet, ist unklar. Zwar betont Perplexity-Sprecher Jesse Dwyer, die „Quellenauswahl“ liege allein bei Truth Social, doch Entwickler hätten keinen vollständigen Einfluss darauf, was die KI am Ende ausgibt. Beobachter halten es für möglich, dass die Funktion auf Trumps eigener Social-Media-Plattform bald angepasst oder stillschweigend abgeschaltet wird.

Bis dahin bleibt „Truth Search AI“ ein politisches Paradoxon: Ein Werkzeug, das geschaffen wurde, um Trumps Sicht zu stützen – und nun zu seinem lautesten Faktenprüfer geworden ist. (chnnn)

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