Die „René will Rendite“-Kolumne - Die meisten Empfehlungen zum Investieren in Gold sind falsch

Hört man sich unter Experten um, ähneln sich die Empfehlung: Der Gold-Anteil im Depot sollte so fünf bis zehn Prozent betragen. Die meisten tun sich etwas schwer dabei, Gold richtig zu fassen. Gold wirft keine Rendite ab, es hat keinen „inneren Wert“, wie die Experten sagen. Die Formeln, die sie sonst verwenden, um den fairen Preis für Aktien zu berechnen, greifen daher nicht. Viele sehen Gold daher eher als Absicherung für den absoluten Notfall, als Schutz vor dem großen Zusammenbruch des Finanzsystems.

Weniger wird dagegen darüber gesprochen, wie sich die Eigenschaften von Gold auf die Performance eines Depots auswirken können. Geht man das Ganze finanzmathematisch an und weniger nach Bauchgefühl, zeigt sich, dass Gold viel mehr Platz im Depot haben sollte, als allgemein geraten. 

Über den Autoren

Clemens Schömann-Finck ist Finanz-Experte und steht hinter dem Youtube-Kanal "René will Rendite". Bei FOCUS online beleuchtet er aktuelle Themen rund um Börse und Geldanlage. Abonnieren Sie hier seinen Newsletter für mehr Finanz-Infos.

Aber der Reihe nach: Was Gold als Bestandteil für ein Depot interessant macht, ist vor allem seine geringe Korrelation zu anderen Assetklassen. Korrelation heißt: Wie sehr ähneln sich die Bewegungen? Ein Wert von eins heißt, dass die Entwicklung absolut gleich ist. Ein Wert von null heißt dagegen, dass die Kursverläufe völlig gegensätzlich sind. Die Korrelation zwischen Gold und dem globalen Aktienmarkt beträgt 0,09. Gegenüber einem US-Aktienmarkt sind es 0,02 und gegenüber europäischen Aktien 0,08. Das heißt: Steigen Aktien, fällt Gold - und andersherum. Auch die Entwicklung zwischen Staatsanleihen und Gold hat nur wenig miteinander zu tun, selbst wenn hier die Korrelation etwas ausgeprägter ist. 

Mit Blick auf die Aufteilung des Geldes auf verschiedene Assets in einem Depot ist eine geringe Korrelation natürlich interessant. Denn man will in aller Regel keine starken Schwankungen in der Performance, sondern, dass sich ein Portfolio insgesamt recht gleichmäßig entwickelt. Das spricht für einen gewissen Gold-Anteil im Depot.

Geringe Korrelation von Gold

Der zweite wichtige Aspekt beim Bau eines Depots ist natürlich die Rendite. Eine geringe Korrelation ist zwar schön und gut, wenn aber eines der Assets überhaupt nicht läuft, ist der Preis zu hoch. Zuletzt war die Performance von Gold zwar wahnsinnig gut. Allein im Jahr 2024 stieg der Preis in Dollar gerechnet um gut 30 Prozent. Und auch in diesem Jahr ging es weiter bergauf. Das Plus seit Januar liegt bereits bei 20 Prozent. Aber es gab ehrlicherweise auch Phasen, in denen es überhaupt nicht gut lief. Bei der Frage nach der optimalen Quote sollte daher die jüngste Entwicklung nicht überwertet werden. 

Der optimale Gold-Anteil fürs Depot

Die sogenannte Sharpe-Ration fasst beide Aspekte zusammen. In ihr fließen sowohl die Volatilität als Maßstab für das Risiko also auch die Rendite mit ein. Dabei gilt: Je höher die Ratio, desto besser. 

Der Vermögensverwalter und Fondsanbieter Incrementum hat unter diesem Aspekt nun einmal für den Zeitraum 1970 bis 2024 untersucht, wie hoch der optimale Goldanteil mit Blick auf eine möglichst hohe Sharpe Ratio sein sollte. Das Ergebnis weicht deutlich von der „Fünf bis zehn Prozent“-Empfehlung der meisten Experten ab. Stattdessen sollte der Anteil eher zwischen 20 und 30 Prozent liegen. Bei diesem Wert lag die Sharpe Ratio im Untersuchungszeitraum mit 0,53 in einem reinen Aktienportfolio (am Beispiel des S&P 500) am höchsten. Zum Vergleich: Ohne Gold lag sie bei 0,45. Weitere Ergebnisse sehen Sie in der Tabelle:

Goldanteil im Depot
Bei einem Goldanteil von 20 bis 30 Prozent ist die Sharpe Ratio in einem Aktiendepot am höchsten Incrementum

Stieg der Goldanteil weiter, ging die Sharpe Ratio zurück. Denn man darf nicht vergessen: Zwar performte Gold wie gesagt zuletzt sehr gut, davor war es aber oft nicht Fall. Die Rendite-Einbußen überstiegen daher bei einer noch höheren Quote die Vorteile aus der geringeren Volatilität.

Incrementum berechnete für den Untersuchungszeitraum auch die optimale Gold-Quote in einem Aktien/Anleihe-Depot. Ausgangspunkt war dabei das sehr populäre 60/40-Depot. Die höchste Sharpe Ratio lag in diesem Fall bei einem Gold-Anteil von 14 bis 18 Prozent. Knapp 55 Prozent des Depots entfielen in diesem Fall auf Aktien und 31 Prozent auf Anleihen.

Goldanteil Aktien Anleihen
Bis zu einem gewissen Grad senkt ein höherer Goldanteil die Volatilität im Depot, hier dargestellt am Beispiel eines 60/40-Depots Incrementum

Der ETF-Anbieter WisdomTree führte eine ähnliche Untersuchung durch. Dabei nutzen die Experten eine sogenannte Monte-Carlo-Simulation: Für beliebige Zehn-Jahres-Zeiträume in den vergangenen 50 Jahren (01/1973 - 06/2023) wurden verschiedene Allokationen untersucht. Ausgangspunkt war auch hier ein 60/40-Portfolio. Insgesamt wurden bei dieser Simulation 20.000 Ziehungen durchgeführt. Es stellte sich heraus: Das beste Ergebnis gemessen an der risikoadjustierten Rendite (Verhältnis zwischen Performance und Volatilität) wurde mit einem Anteil von 16 bis 19 Prozent erzielt. Der Wert weicht also kaum von der Incrementum-Untersuchungen ab. 

Wie so oft beim Investieren ist am Ende entscheidend, mit was man sich als Anleger wohl fühlt. Einen gut begründeten Richtwert zu haben, kann aber bei der Abwägung helfen.