„Schneise der Verwüstung“: Unzählige Wahlplakate zerstört - Ausmaß laut Polizei „außergewöhnlich“

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Eine Zerstörung nach der anderen: Zahlreiche Wahlplakate wurden an der Äußeren Beuerberger Straße in Wolfratshausen und an anderen Orten im Nordlandkreis beschmiert. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Die Wolfratshauser Polizei spricht von einem „unüblichen und außergewöhnlichen“ Ausmaß: Fast im gesamten Dienstgebiet der Inspektion wurden nahezu alle Wahlplakate beschädigt.

Bad Tölz-Wolfratshausen - Als Felix Leipold kürzlich in Wolfratshausen unterwegs war, traute der Bundestags-Direktkandidat der Freien Wähler (FW) seinen Augen nicht: So gut wie jedes Wahlplakat an der Äußeren Beuerberger Straße zur Bundestagswahl war beschädigt. Mal wurde die Augen von Bayerns Wirtschaftsminister Huber Aiwanger mit roter Farbe beschmiert, mal Teile von Söders Gesicht weggerissen.

Auf einem anderen prangt auf Friedrich Merz‘ Stirn eine aufgemalte Zielscheibe. Darunter steht „AFD“. Leipold: „Da wurde eine Schneise der Verwüstung hinterlassen.“ Seit Sonntag darf zur Bundestagswahl plakatiert werden. „Die hängen gerade mal ein paar Tage, das ist schon krass“, findet der Geretsrieder.

Vor Bundestagswahl: Unzählige Plakate zerstört - „Hängen gerade mal ein paar Tage“

Auf zerstörte Plakate stieß er auch in seiner Heimatstadt, etwa am Waldfriedhof und an der Kreuzung beim Eiscafé L‘Arena. Betroffen waren dort laut Leipold vor allem Plakate zu seiner Kandidatur und die der FDP. Leipolds Devise lautet nun: nachplakatieren. „Es bleibt uns ja nichts anderes übrig.“ Gleichzeitig kündigt er an: „Ich werde es beobachten. Wir haben noch eine Vielzahl von Plakaten auf Lager – uns geht der Atem so schnell nicht aus.“

Wahlplakate in Ger zerissen.
Zerissen wurde in Geretsried auch ein Wahlplakat des Direktkandidaten der Freien Wähler, Felix Leipold. © Privat

Als „leidiges Übel, das uns inzwischen in jedem Wahlkampf begleitet“, bezeichnet Andreas Wild, Kreisvorsitzender der Grünen, zerstörte Aushänge. Momentan habe seine Partei noch nicht überall ihre Werbung aufgehängt. Am Münsinger Ortseingang allerdings schon. „Das Plakat hing keine 24 Stunden und war beschmiert.“

Wilds Meinung nach habe diese Zerstörungswut eindeutig zugenommen: „In manchen Orten, etwa Lenggries, mussten wir bei der letzten Wahl täglich nachplakatieren.“ Zwar nehme im Wahlkampf der digitale Anteil stetig zu. Trotzdem seien Aushänge nicht wegzudenken. „Darauf zu verzichten, kann sich keine Partei erlauben“, so der Kreisvorsitzende. „Allein, um die Leute wachzurütteln und zum Wählen aufzurufen.“

Plakate zerstört: „Leidiges Übel, das uns in jedem Wahlkampf begleitet“

Privat das ein oder andere Foto von beschmierten Postern zugeschickt bekommen hat CSU-Kreisvorsitzender Thomas Holz. „Wir bringen jedes zerstörte Plakat konsequent bei der Polizei zur Anzeige“, betont der Kochler. Er verstehe den Sinn dahinter nicht, ärgert sich Holz. „Jede Partei darf vor der Wahl Werbung machen, das ist ihr gutes Recht.“

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An der Wahlurne könne letztendlich jeder für sich entscheiden, hinter welcher Partei er sein Kreuz setze. Ähnlicher Tenor kommt von der SPD. Kreisvorsitzender Klaus Barthel erhielt bislang zwar keine Hinweise von Beschädigungen. Jedoch stellt er klar: „Es wäre völlig absurd, wenn wir uns von solchen Randalierern von der Straße verdrängen lassen. Das wird nicht passieren.“ Wahlkampf finde auch auf der Straße statt. „Davon lassen wir uns nicht abbringen.“ Die aktuellen Entwicklungen bleiben der Wolfratshauser Polizei nicht verborgen.

Am Donnerstag entdeckten Beamte, dass fast im gesamten Dienstgebiet der Inspektion – Eurasburg, Münsing, Icking, Egling, Wolfratshausen – nahezu alle Wahlplakate beschädigt worden waren. Lediglich einige Exemplare der AfD blieben laut Pressebericht unbeschädigt. „Teilweise wurden Plakate besprüht, verunstaltet, abgerissen oder anderweitig beschädigt“, zählt Polizeihauptmeister Alexander Möckl auf. Den Schaden schätzt er auf mehrere 1000 Euro.

Zerstörte Wahlplakate vor Bundestagswahl: Ausmaß laut Polizei „außergewöhnlich“

„Das Ausmaß der Beschädigungen ist unüblich und außergewöhnlich“, so Möckl. Die genaue Tatzeit stehe nicht fest. Nun führt die Polizei strafrechtliche Ermittlungen und steht in engem Austausch mit dem Kommissariat für Staatsschutzangelegenheiten der Kriminalpolizeiinspektion Weilheim. Zeugen, die verdächtige Personen oder Fahrzeuge beobachtet haben oder sonstige Hinweise geben können, werden gebeten, sich telefonisch unter Ruf 0 81 71/4 21 10 zu melden.

Bei der Geretsrieder Polizei sind zu diesem Thema keine Hinweise oder Anzeigen eingegangen, berichtet Inspektionsleiter Emanuel Luferseder. Er hat nicht den Eindruck, dass die Zahl der Plakatbeschädigungen zunimmt. Dafür bringt er die Frage ins Spiel, ob hinter jedem solchen Vorfall politische Motivation steckt. Luferseder glaubt: Nicht selten handelt es sich um klassische Fälle von Vandalismus. „Da steht etwa ein junger Erwachsener unter Drogen oder Alkohol und denkt, er macht eine coole Aktion.“ kof

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