An Café und Schoko-Laden: Hakenkreuz-Schmierer haben es auf Wolfratshauser Paar abgesehen

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Hakenkreuze und Beleidigung: Das hinterließen Unbekannte in der Nacht an der Schokoladenmanufaktur Bernhofer in Wolfratshausen. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Mit Beschimpfungen und Nazi-Symbolen haben Unbekannte zwei Geschäftshäuser in Wolfratshausen beschmiert. Beide werden von einem homosexuellen Paar betrieben.

Sie sind auf Augenhöhe angebracht und kopfgroß. Bei den Passanten sorgen sie für bestürzte Reaktionen, bei der Polizei für erhöhte Aufmerksamkeit. Am Donnerstagmorgen bemerkten viele Wolfratshauser die großen Hakenkreuz-Schmierereien an zwei Ladenlokalen am Obermarkt, direkt an der Bundesstraße, mitten in der Öffentlichkeit. Die Bernhofer Schokoladenmanufaktur und die Brasserie Bernhofer – ein Café nur wenige Meter entfernt – wurde von Unbekannten beschmiert. Dazu haben die Täter eine Beleidigung hinterlassen. „Fuck LGBTQ“ steht neben der Eingangstür zum Schoko-Laden. Die Abkürzung ist ein Akronym für die lesbische, schwule (englisch: gay), bisexuelle, transgender und queere Gemeinschaft.

An Café und Schoko-Laden: Hakenkreuz-Schmierer in der Altstadt haben es auf Paar abgesehen

Am Donnerstagmittag prangten die Schmierereien noch auf den Häuserfassaden. Sabine Halamek schüttelt angewidert den Kopf, als sie ihr Fahrrad an den schwarzen Sprühereien vorbeischiebt. „Das gibt mir einen richtigen Stich“, sagt sie gegenüber unserer Zeitung. Der Angriff gegen die beiden Ladenbetreiber „ist etwas, von dem ich gedacht habe, dass es das hier gar nicht gibt“. Halamek weiß, dass viele Homosexuelle noch mit Stigmatisierungen kämpfen –„immer noch, traurig, oder?“. Aber solche Attacken, versehen mit Nazi-Symbolen schockieren die Wolfratshauserin. „Das ist so eine unglaubliche Intoleranz“ – sie beendet den Satz nicht, schüttelt nur den Kopf.

Passanten reagieren bestürzt – eine ist „fassungslos“

Eine Passantin lauscht Halameks Erklärungen und blickt auf die unübersehbaren schwarzen Hakenkreuze. „Da wird mir direkt kalt“, sagt sie. „Das gibt‘s vielleicht in Ostdeutschland, dachte ich.“

Auch am Café wurde geschmiert. Kaum zu erkennen auf dem Foto sind die beiden Swastiken an den Glasfronten.
Auch am Café wurde geschmiert. Kaum zu erkennen auf dem Foto sind die beiden Hakenkreuze an den Glasfronten. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Eine Frau mit rosa Mütze steht lange vor dem Schaufenster und grübelt. „Ich bin fassungslos“, sagt Nicolle von Pieverling. „Die beiden Männer sind so nette Menschen, die niemandem etwas tun. Sie bereichern unsere Stadt.“ Chocolatiere Georg und sein Gatte Chris Bernhofer eröffneten den Laden vor über sieben Jahren. Neben dem persönlichen Aspekt schockiert die Wolfratshauserin noch etwas anderes: Dass Läden wegen der persönlichen Orientierung der Betreiber beschmiert werden, „das kennt man nur aus dem Geschichtsunterricht“, sagt von Pieverling.

Fachkommissariat ermittelt bereits in der Region - es gibt mehrere Vorfälle

Seit vielen Monaten mahnt die Initiative „Gemeinsam für Demokratie und Vielfalt“, die verbalen Angriffe von rechts ernst zu nehmen und zu bekämpfen. Als Martin Lorenz von den handfesten rechten Attacken in der Altstadt hört, ist er kurz sprachlos. „Das ist Wahnsinn“, ist der erste Satz, den er nach langem Schweigen sagt. Und nochmal: „Wahnsinn.“

Zusammen mit einigen Mitstreitern habe er gewusst, dass es Extremismus gibt. „Aber er hat sich immer versteckt, sich nie so deutlich gezeigt. Dass jetzt Menschen, die niemandem etwas tun, so gezielt angegriffen werden, das macht mich völlig sprachlos.“ Es ist nicht die erste Aktion dieser Art in der Region. Vor einigen Wochen wurde das Haus der Geretsriederin Resi Harth von Unbekannten besprüht. Hakenkreuze und Hetze – „Scheiss Jude“ zum Beispiel – wurden auf die Mauer und auf ein großes Plakat am Haus der politisch linken Aktivistin gesprüht. „Das sind Einschüchterungsversuche“, sagt Lorenz. Er hofft auf ein genaues Hinschauen der Polizei. „Da muss was passieren. Man darf nicht bloß in der Zeitung lesen, dass ermittelt wird – es muss auch wirkliche Konsequenzen für die Täter geben.“

Polizei hofft bei Ermittlung auf Hinweise von Zeugen

Der Wolfratshauser Polizei-Vizechef Alexander Möckl bestätigt, dass ermittelt wird. Direkt nachdem die Schmierereien bei der Dienststelle gemeldet wurden, ist eine Streife an den Obermarkt gefahren, hat Fotos gemacht und nach Spuren gesucht. Das war am Donnerstag gegen 8.20 Uhr. „Wir haben den Hinweis von Passanten bekommen“, sagt Möckl. Der Polizei-Vize legt Wert auf eine Differenzierung: „Es gibt leider immer wieder dumme Schmierereien. Aber wenn sich dieser Fall ganz konkret gegen einzelne Personen richtet, wäre das neu bei uns.“

Dass jetzt Menschen, die niemandem etwas tun, so gezielt angegriffen werden, das macht mich völlig sprachlos. Das sind Einschüchterungsversuche.

Auch der Leiter des Fachkomissariats Staatsschutz bei der Kripo Weilheim, Steffen Frühauf, sieht das so. „Man muss trennen. Für uns ist so etwas kein Spaß und kein Blödsinn. Wir nehmen diese Fälle sehr ernst und ermitteln gründlich.“ Oft seien die Polizeibeamten auf Hinweise von Augenzeugen angewiesen. Auch bei den Wolfratshauser Hakenkreuzen hofft Frühauf auf Hinweise.

Der Wolfrathauser Polizei-Vize Möckl spricht von einem Einzelfall. Mit der anstehenden Bundestagswahl fürchtet er allerdings eine Zunahme von möglicherweise politisch motivierten Taten – wie zum Beispiel das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole wie Hakenkreuze.

Café und Einzelhandelsgeschäft des Chocolatiers Georg Bernhofer und seines Gatten sind derzeit geschlossen. Nicht aufgrund der Schmierereien, sondern wegen eines schon lang geplanten Betriebsurlaubs. Die beiden standen am Donnerstag nicht für ein Gespräch mit unserer Zeitung zur Verfügung.

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