Alle reden über Bodentruppen, dabei sollte Ukraine zum "Stachelschwein" werden

In Deutschland bahnt sich eine hitzige Debatte über die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine an. Die Soldaten könnten nach einem Friedensabkommen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj als Sicherheitsgarantie dienen. Während zum Beispiel CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter solche Pläne befürwortet, kommen von SPD-Politiker Ralf Stegner und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer Ablehnung.

Sicherheitsexperten warnen nun davor, dass die Diskussion wenig zielführend ist. "Mit dem Wort 'Bodentruppen' kann man reißerisch Menschen erschrecken und Ablehnung auslösen", schreibt der Analyst Nico Lange bei X. Sollte es tatsächlich zu einem Waffenstillstand kommen, brauche die Ukraine neben militärischer Unterstützung mindestens vier wichtige Dinge.

Ukraine muss zum "Stachelschwein" werden

Zuvorderst betont Lange, dass die Ukraine "leistungsfähige Streitkräfte" brauche, deren Fähigkeiten weiter wachsen würden. Dahinter steht die Idee, das Land zu einem "eisernen Igel" oder "Stachelschwein" zu machen, wie manche Experten das Konzept nennen. Die Ukraine selbst soll demnach so stachelig – also abschreckend – werden, dass Russland sich nicht mehr traut, damit in Berührung zu kommen. Die Europäer und die USA könnten das zum Beispiel mit Wirtschafts- und Rüstungskooperationen unterstützen.

Darüber hinaus erachtet Sicherheitsexperte Lange es als wichtig, dass es als Teil von Sicherheitsgarantien eine Überwachung des Friedens auf dem Schwarzen Meer gibt. Hier sieht er Küstenstaaten wie zum Beispiel die Türkei in der Pflicht. 

Zudem brauche es eine konventionelle Abschreckung mit Abstandswaffen wie dem "Tomahawk"-Marschflugkörper der USA. Lange nennt zudem die politische Koordinierung als wichtiges Thema. Es müsse klar sein, "wer mit wem spricht und was genau geschieht, sollte Russland die Ukraine wieder überfallen".

Es geht nicht nur um Bodentruppen, sondern um vier Säulen

Schließlich listet auch Lange eine europäische Militärpräsenz – zusätzlich oder ohne die USA – in der Ukraine auf. Auf Bodentruppen allein kommt es dabei aber nicht an: Es gehe darum, hinter den Streitkräften der Ukraine zu stehen und zum Beispiel mit Kampfflugzeugen bei der Luftverteidigung zu unterstützen.

Laut "Table Media" ist das auch an der Planung beteiligten Insidern bewusst. Bei ihnen sei die Rede von "vier Säulen", auf denen eine militärische Absicherung stehen würde: einem Monitoring der Lage, einer militärischen Präsenz von Kampfeinheiten, einer absichernden Luftverteidigung und einer ausreichenden Waffenausstattung der Ukrainer.

"Das Allerletzte, was Putin akzeptieren würde, wären Bodentruppen"

Nicht nur Lange, auch der frühere Top-Diplomat Wolfgang Ischinger warnt vor einer "unnötigen Geisterdebatte" um Bodentruppen. Der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz wies im ZDF-"Morgenmagazin" darauf hin, dass es ohnehin unwahrscheinlich sei, dass diese entsandt werden könnten. 

Aus russischer Sicht sei die Präsenz einer europäischen Brigade in der Ukraine praktisch gleichbedeutend mit einer Nato-Mitgliedschaft. Und eben diese Mitgliedschaft lehne Putin kategorisch ab. 

Ischinger schlussfolgert: "Deswegen dürfen wir getrost davon ausgehen, dass das Allerletzte, was Putin bei Friedensverhandlungen, bei einem Text, der auszuhandeln ist, akzeptieren würde, die Präsenz von deutschen oder englischen oder französischen Truppen in der Ukraine sein wird."