Parkplatz-Streit mit einem „Psychopathen“?
Sonderlich spektakulär klang sie eigentlich nicht, die Anklageschrift. Doch als der Geschädigte den Gerichtssaal betrat, über den Beschuldigten, von dem er „tyrannisiert“ worden sein will, schimpfte und ihn als „Psychopathen“ bezeichnete, kam der Prozess ins Rollen.
Auf der Gegenspur sei der Geschädigte im Mai 2023 auf einen Supermarktparkplatz im Schongauer Westen gerollt und habe ihm die Vorfahrt genommen, berichtete der 32-jährige Schongauer vor dem Weilheimer Amtsgericht. Fast sei es zum Zusammenstoß gekommen. Dass er in einem Leihwagen sitzend auf das Auto des Geschädigten zugerast sein und erst in letzter Sekunde abgebremst haben soll, bestritt er.
Autofahrer gerieten aneinander
Im Anschluss an das Verkehrs-Malheur waren die beiden Autofahrer aneinandergeraten. Gegenseitige Beleidigungen sowie den Vorwurf, den Geschädigten gewaltsam gepackt zu haben, gestand der Beschuldigte. Von da an wurde es jedoch kompliziert:
Sein Gegenüber soll, so der Schongauer, mit der Autotür nach ihm geschlagen haben. Er habe nur leider versäumt, der Polizei von seinen Verletzungen mitzuteilen. „Vergessen“, bedauerte der 32-Jährige zähneknirschend. Richterin Isabelle von Heydebrand hatte jedoch so ihre Zweifel an den Erzählungen des Mannes. Regelmäßig korrigierte er seine Aussagen und geriet bei Detailfragen arg in die Bredouille.
Der Angeklagte muss den Geschädigten tyrannisiert haben
Schließlich betrat der Geschädigte den Gerichtssaal und rückte den Angeklagten, der sich selbst bislang eher als Streitschlichter dargestellt hatte, in ein ganz anderes Licht. Völlig aufgebracht schilderte der Zeuge dramatische Szenen, die sich auf dem Parkplatz zugetragen haben sollen. „Er hat mich die ganze Zeit tyrannisiert“, so der 58-Jährige. „Ich habe einen Tinnitus wegen ihm“, tobte der Geschädigte. „Was willst du Zwergerl? Ich watsch‘ dich um“, soll ihm der Angeklagte gedroht haben. Außerdem habe der 32-Jährige eine Passantin beleidigt. „So ein Schmarrn“, murmelte dieser derweil kopfschüttelnd.
Am dreistesten fand der Geschädigte es aber, dass ihn der Angeklagte nach dem verbalen Schlagabtausch gar noch in den Supermarkt verfolgt habe, um ihn auch dort „zur Sau zu machen“. Selbst einer Kassiererin sei das Verhalten des 32-Jährigen merkwürdig vorgekommen. „Was ist denn das für einer?“, soll sie den 58-Jährigen mit seinem Widersacher im Schlepptau gefragt haben. Der Geschädigte hatte seinem Gegenspieler deshalb gleich selbst eine Diagnose gestellt: „Er ist ein Psychopath. Der geht auf Menschen los!“
Einige Widersprüche
Im Anschluss hätten ihn Atemnot und Herzrasen geplagt, so der 58-Jährige. Die Polizei – gerufen hatten sie kurioserweise beide Kontrahenten – soll ihm nahegelegt haben, sich in seinem Auto „in Sicherheit zu bringen“. Doch ganz ohne Widersprüchlichkeiten kam selbst die Geschichte des Geschädigten nicht aus. Auch sie war gespickt mit Details, die sich nur schwer mit seiner Polizeiaussage vereinbaren ließen.
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„Der geht auf Menschen los“
Als er darauf hingewiesen wurde, seufzte der 58-Jährige nur. „Ich darf auch seufzen“, entgegnete Isabelle von Heydebrand. „Sie sind mir schon beide so Helden“, so die Richterin. Doch der Geschädigte kam gerade erst in Fahrt, verlangte aufgrund seines angeblichen „Tinnitus-Schadens“ ein Schmerzensgeld und forderte das Gericht auf, dem Angeklagten ein Kontaktverbot aufzuerlegen. „Mir reicht es nämlich“, protestierte er.
„Das hat sich am Telefon schon dramatisch angehört“, gestand ein Polizist. Vor Ort seien die Beamten dann selbst von dem Angeklagten bedrängt worden. „Der Beschuldigte kam zum Streifenwagen und hat an der Tür gerüttelt“, erinnerte er sich. „Eine Vernehmung vor Ort war nicht möglich.“ „Das können wir uns gut vorstellen“, entgegnete die Richterin. Wie der Beamte erzählte, sei allerdings auch der Geschädigte auf der Dienststelle „hinlänglich bekannt“. Als er hörte, der 58-Jährige könne seit dem Vorfall nicht mehr ordentlich schlafen, winkte er nur ab. „Da braucht er ein Attest. Ich kann auch oft nicht schlafen.“
Auch ein Fahrverbot war gefordert
Die Behauptung des Angeklagten, er habe ruhig und schlichtend agiert, sei im Laufe der Beweisaufnahme klar widerlegt worden, sagte die Staatsanwältin und sprach von einer „totalen Eskalation des Geschehens“. Sie forderte neben einer Geldstrafe auch ein dreimonatiges Fahrverbot. Schon allein den Gedanken, sein Mandant habe mutwillig das Leihfahrzeug gefährdet, hielt der Verteidiger für ausgeschlossen. Außerdem habe der Geschädigte zugegeben, auf der linken Spur auf den Parkplatz eingebogen zu sein. „Zwei dickköpfige Protagonisten – und keiner will wegfahren“, summierte der Verteidiger. Eine Nötigung sah er nicht. Lediglich eine Beleidigung sowie eine „geringfügige Körperverletzung“. „Ich bin aber kein Psychopath! Das muss ich mir nicht gefallen lassen“, stellte der Angeklagte klar.
„Treibende Kraft“ war der 32-Jährige
Letztlich sprang eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot heraus. „Beide haben Sie relativ viel Schmarrn erzählt“, so die Richterin. „Sie haben die Situation klären wollen? Was für ein Quatsch“, richtete sie sich an den Angeklagten. Der 32-Jährige sei bei der Auseinandersetzung klar die „treibende Kraft“ gewesen.
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