Nach Jahren der Planung: Windkraft-Projekt in Oberbayern gescheitert – Kommt jetzt Plan B?

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Wegen des nahen Vogelschutz-Gebiets am Lech sind die Köpfinger Wiesen als Windkraft-Standort vom Tisch. Stattdessen soll das Bürger-Projekt nun auf den Bergwiesen verwirklicht werden. Kritisch könnte dabei die Nähe zur Wieskirche sein. © Openstreetmap/Münchner Merkur

Wegen Naturschutzbedenken steht das Windkraft-Projekt auf den Köpfinger Wiesen bei Peiting nach Jahren der Planung vor dem Aus. Retten soll das Vorhaben nun ein alternativer Standort, der in der Vergangenheit schon einmal im Fokus stand. Die Zeit drängt.

Peiting – Am Dienstag in der Gemeinderatssitzung machte Peter Ostenrieder seinem Ärger über die jüngsten Entwicklungen noch einmal Luft. Schon am Tag zuvor hatte der Rathauschef in der Sitzung des Regionalausschusses des Planungsverbands deutliche Worte zum Peitinger Windkraft-Dilemma gefunden.

Wie berichtet, pocht die Obere Naturschutzbehörde auf die Einhaltung einer 1000-Meter-Pufferzone um das europäische Vogelschutzgebiet am Lech, wovon die drei geplanten Windrad-Standorte auf den Köpfinger Wiesen bei Peiting betroffen sind.

Ostenrieder sprach von einem „Genickschlag“, der völlig aus dem Nichts gekommen sei. Das vorgelegte Fachgutachten sei ein „reines Verhinderungsschreiben“. Zur Untermauerung verwies er auf eine darin genannte Studie über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Zugvögel, die in China erstellt worden war. Daran sei per se nichts Schlimmes, wohl aber, dass in der untersuchten Region über 1800 Windräder stünden. „Wir haben nur drei geplant. Für mich ist das als Vergleich unzulässig.“ Was ihn besonders störte: Jeder habe seit zwölf Jahren von dem Projekt gewusst, „die beteiligten Behörden saßen immer mit am Tisch“.

Über die Naturschutz-Bedenken konnte auch Norbert Merk (CSU) nur den Kopf schütteln. Er fahre seit Jahren im Urlaub auf die Insel Fehmarn. „Ich kenne keine Insel, auf der es mehr Zugvögel gibt, und auch keine, auf der mehr Windräder stehen. Mehr sag‘ ich dazu nicht.“

Doch auch wenn der Planungsverband am Montag darauf verzichtete, die Köpfinger Wiesen als Vorrangfläche aus dem Regionalplan herauszunehmen: Unter den aktuellen Vorzeichen sei an eine Realisierung des geplanten Vorhabens nicht mehr zu denken, machte Ostenrieder im Gemeinderat klar. Zwar könnten zwei der drei geplanten Windkraftanlagen unter Einhaltung der Pufferzone theoretisch durch eine Verschiebung der Standorte in dem Gebiet verwirklicht werden. Doch diese Zahl sei aus wirtschaftlicher Sicht zu gering. „Zwei Anlagen sind nicht rentabel zu erstellen.“

Alle Hoffnung aber ist wohl noch nicht verloren, dass die „Bürgerwind Pfaffenwinkel Planungs-GmbH & Co. KG“, die bekanntlich hinter dem Projekt steht, ihre Windkraft-Pläne doch noch umsetzen kann – allerdings an anderer Stelle. Wie der Rathauschef berichtete, rückten in den vergangenen Tagen die weiter südlich liegenden Bergwiesen wieder in den Fokus. Das Areal war bereits zu Beginn der Planungen vor zwölf Jahren als Standort im Gespräch gewesen, wegen der Nähe zur Wieskirche und Artenschutz-Bedenken nicht weiter verfolgt worden.

Tatsächlich liegen die Bergwiesen mit knapp sieben Kilometer Entfernung deutlich näher an der Welterbe-Stätte und damit innerhalb des sensiblen Zehn-Kilometer-Radius um die Wieskirche. Ein Ausschlusskriterium ist das allerdings nicht. Laut dem Denkmalkonzept, das der Landkreis und die Gemeinde Peiting zuletzt für viel Aufwand erstellen ließen, muss wie schon bei den Köpfinger Wiesen mit einem sogenannten Heritage Impact Assessment (HIA) geprüft werden, ob Windräder an der Stelle mit dem Welterbe vereinbar sind.

Kritisch sind dabei vor allem die Sichtbeziehungen. „Die Gondeln der Windräder dürfen von der Wieskirche aus nicht zu sehen sein“, erklärte Ostenrieder. Wegen Vorgaben der Bundeswehr werde man aber ohnehin die totalen Hochpunkte meiden müssen, sagt Robert Sing, dessen Ingenieurbüro mit den Planungen der Windkraftanlagen betraut ist. „Wir hoffen auf jeden Fall, dass die Alternative auch eine ist.“

Ich kenne keine Insel, auf der es mehr Zugvögel gibt, und auch keine, auf der mehr Windräder stehen. Mehr sag‘ ich dazu nicht.

Für das Gutachten sind laut Ostenrieder die gleichen Experten an Bord, die schon das Denkmalkonzept erstellt hatten. Entsprechend schnell, hofft man, sollen Ergebnisse vorliegen. Denn die Zeit drängt. Ende Juni läuft die EU-Notfallverordnung aus, die Genehmigungsverfahren beim Ausbau erneuerbarer Energien erleichtert, indem sie in Vorranggebieten für die Windenergie Ausnahmen von der Artenschutz- und Umweltverträglichkeitsprüfung vorsieht.

„Ziel ist, dass wir bis zu diesem Termin den Bauantrag stellen können“, sagt Sing. Im Gespräch sind laut Ostenrieder aktuell drei bis vier Windräder, die auf den Bergwiesen entstehen könnten. Kostenpunkt: 6 Millionen Euro pro Anlage.

Wie Ostenrieder auf Nachfrage von Andreas Barnsteiner (BVP) erklärte, liegt das Areal, auf dem die Windräder errichtet werden sollen, komplett auf Peitinger Flur. Es zähle zu den Windkraft-Potenzialflächen, die man im vergangenen Jahr an den Planungsverband gemeldet habe. Zudem gelte hier der Teilflächennutzungsplan für Windkraft, den die Gemeinde vor Jahren aufgestellt hatte.

Jetzt bleibe zu hoffen, dass nicht noch irgendeine Fledermaus oder die „Pufferzone von der Pufferzone“ auftauche und auch diesen Standort zunichtemache, kommentierte Christian Lory (Unabhängige) die jüngsten Entwicklungen. Und wer bezahle eigentlich die Gutachten? Für das HIA komme allein der Betreiber auf, sagte Ostenrieder. Das rund 100 000 Euro teure Denkmalkonzept wiederum hatten Landkreis und der Markt angeschoben, 80 Prozent der Kosten trug der Freistaat, der Anteil der Gemeinde lag bei 6000 Euro.

Fest steht: Für die Köpfinger Wiesen verschwindet die Untersuchung erst einmal in der Schublade. Ganz wollte Ostenrieder die Hoffnung aber noch nicht aufgeben, dass sich dort irgendwann vielleicht doch noch Windräder drehen, wie er auf Nachfrage von Marion Gillinger (ÖDP) erklärte. Sollte die Fläche wider Erwarten das weitere Regionalplan-Verfahren überleben, „könnte sie noch mal Thema werden“.

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