„Reine Verhinderungsplanung“: Neue „Pufferzonen“ bei Windkraftflächen sorgen für Ärger
Die Suche nach geeigneten Standorten für Windkraft im Oberland ist herausfordernd. Zusätzlich erschwert wird der Bau durch neue Vorgaben der Staatsregierung.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Das vorgeschriebene Ausweisen von Vorrangflächen für Windkraft ist in den vier Oberland-Landkreisen alles andere als einfach. Zwischen Schutzgebieten und Arealen mit zu geringen Windgeschwindigkeiten bleiben kaum geeignete Standorte übrig. 75 – oder 1,79 Prozent der Gesamtfläche – wurden nun in Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach, Garmisch-Partenkirchen und Weilheim-Schongau in einem mühseligen Prozess identifiziert.
Bürgerinitiative will in Peiting drei Windräder bauen – doch Vogelschutz steht im Weg
Mit ihnen geht der Planungsverband ins Beteiligungsverfahren, in dem Fachbehörden und Öffentlichkeit gehört werden. Doch ausgerechnet für den Standort, für den es bereits konkrete Planungen gibt, besteht kaum noch Aussicht auf Realisierung. Entsprechend erzürnt ist der Bürgermeister von Peiting (Weilheim-Schongau) auf Umwelt- und Wirtschaftsministerium. Peter Ostenrieder sprach am Montag im Planungsausschuss von „Willkür“.
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Im Zentrum des Ärgers stehen die Köpfinger Wiesen bei Peiting. Während vielerorts im Oberland Windräder kritisch gesehen werden, will dort seit 2013 eine Bürgerinitiative drei Windräder bauen. Erst mussten die Bedenken der Unesco, die Anlagen könnten das Weltkulturerbe Wieskirche beeinträchtigen, mit einem teuren Gutachten aus der Welt geschaffen werden. Nun gibt es eine neue Hürde, die unüberwindlich erscheint. Entlang des nahen Lechs ist ein Vogelschutzgebiet ausgewiesen.
Neue Einschränkungen beim Bau von Windrädern „ärgerlich und ein Stück weit frustrierend“
Das wäre kein Problem, die Windvorrangfläche liegt außerhalb. Nun wurde aber wohl vom bayerischen Umweltministerium in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium noch eine 1000 Meter breite Pufferzone angrenzend zum Schutzgebiet festgelegt, in der weitere Prüfungen vonnöten sind. Und diese Zone überschneidet sich mit dem Vorranggebiet. Bei einer Vorabprüfung kam die Obere Naturschutzbehörde zum Schluss, „dass der Artenschutz mit dem Vorranggebiet nicht zu vereinen ist“.
Vorgeschlagen wird daher, die Peitinger und drei weitere Flächen, die in Pufferzonen liegen, aus der Vorplanung zu entfernen. Das aber will Landrat und Verbandsvorsitzender Josef Niedermaier auf keinen Fall. „Wo kommen diese 1000 Meter her? Die sind auf einmal vom Himmel geregnet.“ Die Peitinger Bürger, die hier investieren wollen, würden sich zurecht vor den Kopf gestoßen fühlen. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die Festlegung. Er sei dafür, mit diesen Flächen ins Verfahren zu gehen. „Dann wird sauber dokumentiert, wer dagegen Einwände hat, und dann diskutieren wir das hier.“ Die neuen Einschränkungen seien „ärgerlich und ein Stück weit frustrierend“, bekannte Niedermaier.
„Offensichtlich sind Menschen weniger wichtig als Zugvögel“
Deutlicher wurde Ostenrieder. Die Fläche sei seit zwölf Jahren festgelegt, seinerzeit habe man ein Gutachten erstellen lassen, mit Blick auf das Vogelschutzgebiet. Das sei zum Schluss gekommen, dass die Windräder keine erheblichen Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des Schutzgebiets haben. Nachdem man die Bedenken bezüglich der Wieskirche ausgeräumt habe, „waren wir guter Dinge – und dann kommt die Pufferzone“. Deren Breite von 1000 Metern „ist rein willkürlich festgelegt. Ein Naturschutzgebiet hat einen Rand. Danach ist es aus“, sagte Ostenrieder. In anderen Bundesländern würden andere Vorgaben gelten. Frage man nach, wie es zu den 1000 Metern komme, heiße es nur: „Ja, das ist halt so.“ Zudem würde das Ursprungsgutachten ignoriert. „Das ist der strittige Punkt“, ergänzte Niedermaier. Ostenrieder sieht hier „eine reine Verhinderungsplanung. Damit sind die Anlagen auf den Köpfinger Wiesen gestorben.“
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Der Murnauer Bürgermeister Rolf Beuting plädierte dafür, mit allen Flächen ins Verfahren zu gehen. Für den Ausbau der Windkraft habe der Gesetzgeber ein „überragendes öffentliches Interesse“ festgeschrieben. „Und das ist eine der Flächen, für die wir eine Planung haben, anders als bei vielen anderen Flächen, auf denen wir nicht wissen, ob dort jemals etwas gebaut wird.“ Auch der Eberfinger Bürgermeister Georg Leis empfindet die 1000 Meter als Willkür. „Bei Wohnbebauung reden wir über einen Abstand von 500 Metern. Offensichtlich sind Menschen weniger wichtig als Zugvögel.“ Einstimmig wurde beschlossen, mit allen Flächen ins Verfahren zu gehen. (va)