Krähe in Wohnung: Dachau wird jetzt Modellregion für neues Vergrämungsprojekt
Das Saatkrähen-Problem in der Stadt wird immer schlimmer. Zuletzt drang ein Vogel sogar in eine Wohnung ein. Nun soll ein Modellprojekt helfen.
Dass die Dachauer, speziell rund um die Münchner Straße, den Bahnhof, die Schleißheimer Straße und den Ernst-Reuter-Platz von den streng geschützten Saatkrähen regelrecht terrorisiert werden, ist seit langem bekannt. Die Stadträte befassten sich schon in mehreren Sitzungen mit dem Thema, es wurden Fachleute gehört und Vor-Ort-Termine abgehalten (wir berichteten).
Zuletzt gab es aber einen Zwischenfall, der eine neue Dimension der Saatkrähen-Plage markiert: Ein Vogel flog – vermutlich auf der Suche nach Nahrung – in eine Wohnung. In einem Zimmer, in dem ein Baby schlief, bekam die Krähe dann aber Panik, sie fand den Weg nicht mehr hinaus, sie „wütete“ durch das Zimmer, wie die Anwohner es schildern. Nur mit Mühe konnten sie die Saatkrähe einfangen und nach draußen befördern. Dem Baby passierte zum Glück nichts.
Doch trotz dieses vergleichsweise glücklichen Ausgangs des Zwischenfalls findet Oberbürgermeister Florian Hartmann: „Das ist Wahnsinn!“ Die Krähen-Plage nehme „mittlerweile Auswüchse an, das kann man nicht mehr dulden“! Klar habe er in der Folge wieder Briefe an die zuständigen Stellen in München geschrieben. Die Antwort habe gelautet, „dass ich irgendwann eine Antwort bekomme“.
Dachau, Erding und Bad Aibling sind Modellregionen
Nun aber scheint tatsächlich zumindest ein langsames Umdenken bei den übergeordneten Behörden, die in der Vergangenheit stets den besonderen Schutzstatus der Saatkrähen betont hatten, stattgefunden zu haben. Die Stadt Dachau wird, neben Erding und Bad Aibling, zu einer von bayernweit drei „Modell- und Pilotregionen“ in Sachen Saatkrähen-Bekämpfung. Wie der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath gestern dazu mitteilte, sei dies ein „wichtiger Schritt für die geplagten Anwohnerinnen und Anwohner“.
Ziel des Projekts sei nun, so Seidenath, „herauszufinden, welche Rahmenbedingungen zu erfüllen sind, um eine nachhaltige Vergrämungswirkung zu erreichen“. Konkret solle das mit der Durchführung des Projekts beauftragte Bayerische Landesamt für Umwelt „die Wirksamkeit von letalen Einzelmaßnahmen als Managementmaßnahme im Vergleich zu nicht-letalen Maßnahmen“ ermitteln. Als letale, also tödliche Maßnahmen, gilt gemeinhin der Abschuss der Tiere.
Nester entfernen hat nichts gebracht – ein Falkner auch nicht
Oberbürgermeister Florian Hartmann gibt zu, nicht ganz zu verstehen, was die Münchner Beamten nun an Neuem herausfinden wollen. Denn die Fakten, wie sich die diversen, sogenannten nicht-letalen Vergrämungsmaßnahmen auf die Saatkrähenpopulationen auswirken, könne man seit Jahren in Dachau gut beobachten.
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Die diversen Versuche des Stadtbauhofs, Nester aus den Bäumen zu entfernen, brachten exakt gar nichts. Zumal die Nester ja aufgrund tierschutzrechtlicher Vorgaben nur so lange entfernt werden dürfen, solange kein Ei im Nest liegt.
Und dann hatte die Stadt in den vergangenen Wochen auch noch einen professionellen Falkner engagiert, der für 25 000 Euro die Dachauer Krähen „bejagen“ sollte. Das Ergebnis, so Hartmann: Die Arbeit des Falkners zeigte Wirkung, zeitweise hätten die Krähen ihre Nester sogar „selbst zurückgebaut“. Das Problem sei nur gewesen: „Sie haben sie halt dann an anderer Stelle wieder aufgebaut.“ In Summe habe also lediglich eine Verschiebung des Problems stattgefunden beziehungsweise seien einfach sogenannte Splitterkolonien der Tiere entstanden.
Krähen werden aktiv gefüttert – sogar mit Hackfleisch
Ein weiteres Problem, das der Falkner im Dachauer Stadtgebiet erkannt haben wollte: dass die Bürger die Krähen aktiv füttern. Hartmann zufolge seien Brotstücke, Reis und stellenweise sogar Hackfleisch gefunden worden. Gerade letzteres, weiß der OB, sei für die Vögel „ein tolles Angebot. Da kann der Falkner fliegen, wie er will. Die Krähen werden da niemals gehen“.
Ob die Aufnahme der Stadt in das Krähen-Vergrämungs-Modellprojekt des Freistaats daher nun wirklich so ein „wichtiger Schritt“ ist, wie der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath es gestern verkündete, halten Hartmann und seine Mitarbeiter bei der Stadt zumindest für fraglich. Dass die Problematik in München nun aber angekommen scheint, nimmt man im Rathaus immerhin „positiv zu Kenntnis. Wir sind echt gespannt, was rauskommt“.