Ein Bad für Mensch und Natur: „Sollte dieser Plan jemals realisiert werden, springe ich in voller Montur als Erster ins Becken“

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Bringt seit 20 Jahren Mensch und Natur zusammen: Das Vierkirchener Freibad. © Gemeinde Vierkirchen

Vierkirchen feiert das 20-jährige Bestehen seines Naturbades. Ein Rückblick auf die Anfänge und einen Bürgermeister, der in Anzug schwimmen ging.

„Vierkirchen? Ist das nicht dort, wo es dieses Naturbad gibt?“ Diese Frage hört man im Münchner Großraum immer wieder, wenn es um die Gemeinde im nördlichen Landkreis geht. Seit 20 Jahren ist dieses außergewöhnliche Freibad das Aushängeschild des Ortes. Es erfreut sich großer Beliebtheit, auch über die Landkreisgrenzen hinaus. Entsprechend feiern die Vierkirchner das Jubiläum auch jetzt mit einer Veranstaltungsreihe (siehe Kasten).

Badenacht, Fußballturnier, Serenade

Das 20. Jubiläum des Vierkirchner Naturbades wird mit mehreren Veranstaltungen gefeiert. Los geht es mit einer „Langen Badenacht“, die wegen des schlechten Wetters auf Samstag, 27. Juli, verschoben wurde. Bei schönem Wetter ist das Baden bis 22 Uhr möglich (ebenso am 27. Juli und am 10. August). Zu den weiteren Events der Veranstaltungsreihe zählen etwa am Samstag, 13. Juli, ein Fußballturnier oder die Serenade des Musikvereins am Freitag, 19. Juli. Termine der Jubiläumsveranstaltungen sowie Öffnungszeiten und Eintrittspreise sind zu finden unter: www.vierkirchen.de/140/leben/naturbad.

Anfangs gab es Widerstand

Dabei mussten die Befürworter des heute so beliebten Bades in den Gründungsjahren zunächst mit einigem Widerstand kämpfen. „Die Initiative für den Bau lag bei meinem Amtsvorgänger Heinz Eichinger (SPD)“, erinnert sich Harald Dirlenbach (SPD), Bürgermeister in Vierkirchen. „Er hat diese Vision entwickelt und ist am Anfang wohl sogar für ein bisschen verrückt erklärt worden“, erzählt Dirlenbach schmunzelnd. Zunächst habe es im Gemeinderat durchaus einige Skepsis bezüglich eines solchen Bades gegeben. „Aber mein Amtsvorgänger glaubte fest an seine Vision“, sagt der heutige Bürgermeister. „Zumal das angedachte Areal für den Bau einer solchen Anlage ideal war“: das Gelände der Kläranlage, die damals in den Ortsteil Jedenhofen verlegt wurde.

Eichinger hatte selbst nachgeforscht – und von der Möglichkeit einer Umwandlung einer ehemaligen Kläranlage in ein Naturbad erfahren. Er stieß auf ein bestehendes Bad dieser Art im Kreis Fürstenfeldbruck. Besuche vor Ort und auch die Klärung der Finanzierungsfragen ließen die letzten Zweifler verstummen. Als klar wurde, dass der Bau des Bades zum größten Teil ehrenamtlich bewältigt werden sollte, wurde aus den Zweifeln schnell Begeisterung. Der damalige Bürgermeister Heinz Eichinger versprach euphorisch: „Sollte dieser Plan jemals realisiert werden, springe ich in voller Montur als Erster ins Becken.“ Dieses Versprechen löste bei der offiziellen Eröffnung des Bades ein.

Der „Gründungsvater“ des Bades, Heinz Eichinger, beim Einlösen seines Versprechens.
Der „Gründungsvater“ des Bades, Heinz Eichinger, beim Einlösen seines Versprechens. © Gemeinde Vierkirchen

Sollte dieser Plan jemals realisiert werden, springe ich in voller Montur als Erster ins Becken.

„Es gab damals unter den Freiwilligen genügend Fachkräfte, die die Pläne professionell umsetzen konnten“, so Dirlenbach. „An den Planungen, die im Jahr 1999 begannen, war zudem ein Architekt beteiligt, der mit dem Bau von Naturbädern schon Erfahrungen gemacht hatte. Als vorteilhaft erwies sich auch, dass zwei Becken der ehemaligen Kläranlage nach Bau- und Reinigungsmaßnahmen für das Bad als Schwimm- beziehungsweise Reinigungsbecken genutzt werden konnten.

Der Bau

Baubeginn war Ende 2003. In mehreren Monaten Bauzeit entstand eine großflächige und umweltschonende Erholungsanlage.

Das Bauprojekt konnte nur mit der Hilfe zahlreicher ehrenamtlicher Helfer verwirklicht werden.
Das Bauprojekt konnte nur mit der Hilfe zahlreicher ehrenamtlicher Helfer verwirklicht werden. © Gemeinde Vierkirchen

Bei der Realisierung des Bauvorhabens war es den Verantwortlichen wichtig, nur naturverträgliche Materialien wie Holz oder einheimische Steine und Kies zu verwenden. Kernstück des Bades wurde die biologische Reinigung des Badewassers in einem separat angelegten Regenerationsteich. Hier werden bis heute in einem Selbstreinigungsverfahren die Verunreinigungen auf rein biologischem Wege in mineralische Salze umgewandelt. Zahlreiche Wasserpflanzen im Regenerationsteich, wie Schilf und Seerosen, nutzen diese Nährstoffe.

Die Wasserqualität bezeichnet Dirlenbach als „dauerhaft gut“. Lediglich bei Extremwetter kann es durch Zuflüsse aus den Äckern zu einer Verschlechterung kommen. In solchen Fällen werde das Bad sofort geschlossen. Eine Wiedereröffnung erfolge dann erst nach strengen Qualitätskontrollen. „Unsere Grenzwerte sind schon fast unverhältnismäßig weit niedrig angesetzt“, stellt Dirlenbach klar. „Jeder Badesee kann eine deutlich höhere Belastung durch Bakterien aufweisen, bevor die Behörden einschreiten.“

Fische gebe es in dem Gewässer nicht, lediglich Molche und Frösche tummelten sich in und um das Wasser. „Alle harmlos“, bekräftigt der Bürgermeister.

Die Eröffnung

Eröffnet wurde die Anlage im Juni 2004. „Damals war der Eintritt noch kostenlos“, erinnert sich Andrea Bestle, Mitarbeiterin im Vierkirchener Bürgermeisterbüro und zuständig für das Naturbad. „In der darauffolgenden Badesaison mussten wir dann aber Eintrittsgebühr verlangen“, so Bestle. Zu groß sei der Andrang auf den kostenlosen Badespaß gewesen. „Eigentlich war das vorrangig für die Vierkirchener Bevölkerung gedacht, aber dann kamen immer mehr Leute aus dem Umkreis. Das mussten wir dann kanalisieren“, so die Büromitarbeiterin.

Bringt seit 20 Jahren Mensch und Natur zusammen: Das Vierkirchener Freibad.
Bringt seit 20 Jahren Mensch und Natur zusammen: das Vierkirchener Freibad © Gemeinde Vierkirchen

Dass die Anlage vorrangig zur Nutzung durch die Einheimischen gedacht war, erklärt auch, dass heute noch keine größeren Parkflächen vor dem Bad existieren. Die Besucher sollten eben zu Fuß oder mit dem Fahrrad aus der näheren Umgebung kommen. Mittlerweile lockt das Bad aber auch Menschen aus anderen Landkreisen an, so dass es im Sommer immer wieder zu Problemen mit unzulässig geparkten Fahrzeugen gibt. Die Besucherzahlen bezeichnet der Bürgermeister als „relativ konstant“. Knapp 20 000 Badefreunde zählte man im vergangenen Jahr.

Das Naturbad zieht mittlerweile sogar Prominente wie die Musik-Kabarettistin Martina Schwarzmann an, die immer wieder einmal im Bad gesichtet wird. „Sie schaut sich das bei uns ganz gerne an, weil sie sich in einem Verein engagiert, der in Altomünster ebenfalls so ein Bad bauen möchte“, so Bestle. Die Künstlerin, die bei Altomünster lebt, habe dafür sogar schon ein Benefizkonzert gespielt.

Die Helfer und Mitarbeiter

Ein Großteil der Arbeiten im Bad bewältigen auch heute noch Ehrenamtliche. Die Kassenkraft ist etwa unentgeltlich tätig. Auch die Bademeister und Rettungsschwimmer erledigen ihren Dienst am Wochenende und an Feiertagen ohne Vergütung. Für die Zeit unter der Woche wurden zwei hauptamtliche Rettungsschwimmer, ehemalige Bademeister, von der Gemeinde in Teilzeit eingestellt.

„Außerdem wurden in der Verwaltung noch vier Personen zum Rettungsschwimmer ausgebildet, die bei schlimmeren Personalengpässen aushelfen können“, so Dirlenbach. Es ist einer der ehrenamtlichen Wasserretter. Von schlimmeren Unfällen weiß der Rathauschef nichts zu berichten. Lediglich dreimal in all den Jahren war ein Einsatz der Rettungsschwimmer notwendig geworden – all diese Vorfälle gingen jedoch glücklicherweise glimpflich aus.

Markus Wittenzellner

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