Seit 40 Jahren kümmert sich die Brücke Dachau e.V. um straffällig gewordene Jugendliche, Heranwachsende und Erwachsene. Sie leistet wichtige Erziehungs- und Präventionsarbeit. Doch der Verein hat massive finanzielle Sorgen.
Dachau – Gestohlene Fahrräder, Zigaretten oder Kleidung, Hassbotschaften in sozialen Netzwerken oder Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz – wie Experten im Landkreis Dachau feststellen, kommen immer mehr Jugendliche und Heranwachsende in der Pubertät mit dem Gesetz in Konflikt. In den meisten Fällen bleibt es bei einer einmaligen Straftat – auch dank der Arbeit der Brücke Dachau.
„Die meisten Jugendlichen und Heranwachsenden begehen zum Glück nur kleinere Delikte und bleiben auch Ersttäter“, sagt Carolin Wagner, Geschäftsführerin der Brücke Dachau. Dabei ist egal, in welchem Umfeld die Jugendlichen aufwachsen. Straftaten und kleinere Delikte kommen in allen sozialen und Bildungsschichten vor, so Wagner. „Wichtig ist dann aber, den straffälligen Jugendlichen eine Perspektive aufzuzeigen, wie sie ihr Leben in den Griff bekommen können“, erklärt die Geschäftsführerin weiter.
Und hier kommt die Brücke Dachau ins Spiel. Denn mit seiner pädagogischen Arbeit gibt der Verein straffällig gewordenen Jugendlichen und Heranwachsenden eine Perspektive und hilft ihnen, schwierige Lebensphasen zu meistern.
Wichtig ist dabei: Anders als im Erwachsenenstrafrecht gibt es im Jugendstrafrecht keinen starren Ahndungskatalog. Vielmehr hat das Jugendgericht die Möglichkeit, individuell auf die Situation des Jugendlichen und Heranwachsenden einzugehen.
Sozialpädagogischer Fachdienst
Das bedeutet, dass sich das Urteil des Jugendgerichts und der Staatsanwaltschaft in den meisten Fällen auf die Einschätzung der Mitarbeiter des sozialpädagogischen Fachdienstes der Brücke Dachau – auch Jugendhilfe im Strafverfahren genannt – stützt. Diese Tätigkeit wurde der Brücke vom Landratsamt Dachau als gesetzliche Pflicht übertragen.
„Unsere drei Mitarbeiter haben dabei die Aufgabe, die Jugendlichen im persönlichen Gespräch kennenzulernen, ihre aktuelle Lebenssituation einzuschätzen, bei Gericht eine sozialpädagogische Prognose abzugeben und eine geeignete Ahndung vorzuschlagen, die den gewünschten erzieherischen Effekt erzielt“, erklärt Wagner. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete die Brücke 369 abgeschlossene Gerichtsverfahren. „Das entspricht einer Steigerung von zehn Prozent im Vergleich zu 2022“, so Wagner weiter. Das Verhältnis von Jungen zu Mädchen liegt bei etwa drei zu eins.
Ambulante Angebote der Brücke Dachau
Die vom Jugendgericht auferlegten pädagogischen Maßnahmen sind etwa Beratungsgespräche oder die Vermittlung gemeinnütziger Arbeit beispielsweise in Recyclinghöfen, Kindertagesstätten oder Alten- und Pflegeheimen. Auch die Ableistung von Sozialstunden kann den Jugendlichen vom Gericht aufgebrummt werden. All diese Maßnahmen, die von der Brücke Dachau angeboten werden (siehe Infokasten), folgen dem Grundsatz „Erziehen statt Strafen“ und sollen eine Alternative zur Freiheitsstrafe sein.
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Pädagogische Maßnahmen der Brücke Dachau
Die Brücke Dachau e.V. bietet ein vielfältiges sozialpädagogisches Angebot für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende. So können diese unter Anleitung der Mitarbeiter der Brücke Dachau Sozialstunden in der Landschaftspflege ableisten. Hier wird gemeinnützige Arbeit mit Naturschutzarbeit verbunden. Außerdem bietet der Verein Leseweisungen an, bei denen die Jugendlichen zum Lesen verpflichtet werden und das Gelesene in Gesprächen mit den Mitarbeitern reflektieren. Darüber hinaus finden Beratungsgespräche statt. In den persönlichen Gesprächen wird den Jugendlichen zugehört und eine engere Bindung zu ihnen aufgebaut. Auch soziale Verhaltenstrainings, in denen sich die Jugendlichen mit den Hintergründen und Motiven ihrer Straftat auseinandersetzen, gehören zum Angebot der Brücke. Darüber hinaus gibt es Medienworkshops zum verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Medien sowie Arbeitswochenenden, bei denen körperliche Arbeit mit pädagogischer Gruppenarbeit kombiniert wird. Die Brücke moderiert auch einen Täter-Opfer-Ausgleich für Jugendliche und Erwachsene. fr
Leistungen für Erwachsene
Die zweite Säule der Brücke hat sich in den vergangenen Jahren entwickelt und richtet sich speziell an straffällig gewordene Erwachsene. Hier vermittelt die Brücke beispielsweise einen Täter-Opfer-Ausgleich, häufig für Betroffene häuslicher Gewalt oder Nachbarschaftsstreitigkeiten. Aber auch die sogenannte Geldverwaltung wird von der Brücke geregelt. „Wenn straffällig gewordene Erwachsene ihre Geldstrafe nicht bezahlen können, gibt es die Möglichkeit, die Strafe in Form von Sozialstunden abzuarbeiten. Die Brücke Dachau teilt dazu in zur Verfügung stehende Einrichtungen ein“, erklärt Wagner.
Angespannte Finanzlage des Vereins
Mit ihrer Arbeit leistet die Brücke seit nunmehr 40 Jahren einen wichtigen Beitrag für den Landkreis Dachau und hilft straffällig gewordenen Jugendlichen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Doch die Zukunft des Vereins steht aufgrund der angespannten Finanzlage des Landkreises Dachau auf wackeligen Beinen. „Der Landkreis hat uns zuletzt wichtige Zuschüsse gestrichen. Für dieses Jahr wird es schon sehr knapp, aber im nächsten Jahr sind wir verstärkt auf Spenden und Unterstützer angewiesen“, erklärt die Geschäftsführerin.
Auch Vorsitzende Ursula Walder betonte bei der Jubiläumsfeier der Brücke im Foyer der VR Bank Dachau, wie unsicher die Zukunft des Vereins sei: „Es ist gerade die schwierigste Zeit für die Brücke Dachau.“
Spenden
Wer an die Brücke Dachau spenden möchte, kann dies unter DE04 7005 1540 0380 9782 21 tun. Weitere Informationen unter www.bruecke-dachau.de.