Sanae Takaichi: Japan hat seine erste Premierministerin, aber nicht alle Frauen feiern

Seit Dienstag ist die Spitze der japanischen Regierung neu besetzt: Mit Sanae Takaichi übernimmt zum ersten Mal in der Geschichte eine Frau den Posten der Premierministerin. Eine Wahl, die weltweite Strahlkraft hat. Dennoch stößt die Chefin der Liberaldemokratischen Partei (LDP) insbesondere bei der weiblichen Bevölkerung auf gemischte Reaktionen, berichtet "NBC News".

Denn Takaichi gilt als Vertreterin des konservativen Flügels der LDP, als politisches Vorbild nannte sie in einem Interview einst die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher. Es sei zwar ein historischer Moment, sagte Jeff Kingston, Professor für Asienwissenschaften an der Temple University, gegenüber "NBC News". "Aber es ist wirklich schwer, das zu behaupten, wenn man bedenkt, dass sie eine eher schlechte Erfolgsbilanz bei der Stärkung von Frauen hat."

Japans erste Premierministerin: Traditionelle Werte und Chancengleichheit

Auch andere Kritiker prognostizieren kaum Veränderungen für japanische Frauen. "Ich lege großen Wert auf gleiche Chancen. Und auch die Beteiligung von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten", erklärte Takaichi am Dienstag auf der Pressekonferenz zu ihrem neu gebildeten Kabinett. 

Ihre Positionen: Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe, Beibehalten der Regeln, die es verheirateten Frauen erschweren, ihren Mädchennamen in Japan zu behalten und auch die japanische Kaiserfamilie solle in Zukunft rein männliche Nachfolger haben. Die Zahl der Ministerinnen blieb mit zwei unverändert.

Der Global Gender Pay Gap Bericht, welcher sich insbesondere mit wirtschaftlicher und politischer Teilhabe befasst, verdeutlicht die Gräben zwischen den Geschlechtern. Als viertgrößte Wirtschaft der Welt belegt Japan in diesem auf Rang 118 von 148 Ländern, 10 Prozent der Kabinettsmitglieder sind Frauen. Damit liegt Japan im internationalen Gender-Ranking deutlich hinter europäischen Industriestaaten.

Japan Flaggen
Die neue Regierung in Japan könnte auch Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen mit Deutschland haben. (Symbolbild) Imago

Takaichis Politik: Schlechtes Omen für Deutschland?

Die internationale Geschäftswelt reagierte prompt auf Takaichis Amtsübernahme: Der japanische Aktienmarkt erreichte Rekordstände, in Erwartung der für die 64-Jährige typischen, lockeren Geldpolitik. Für Deutschland als bedeutenden Handelspartner Japans bedeutet dies zweierlei: Einerseits könnten deutsche Exporte mit schwächerem Yen wettbewerbsfähiger werden. 

Andererseits wachsen Unsicherheiten über die Stahl-, Auto- und Maschinenexporte, sollte Takaichi tatsächlich protektionistischere Maßnahmen verfolgen oder Handelsabkommen neu verhandeln wollen. Einem Bericht der Wirtschaftsplattform "Money Control" zufolge, hatte Takaichi bereits vor ihrer Wahl signalisiert, dass manche Handels- und Investitionsabkommen kritisch geprüft werden könnten.

Eine Regierung unter Vorbehalt

Wie zukunftsfähig die Regierung von Sanae Takaichi ist, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Denn nach dem Bruch ihrer LDP mit dem ehemaligen Koalitionspartner "Komeito" sieht sich Takaichi an der Spitze eine Minderheitsregierung – als Partner die rechtsgerichtete Ishin-Partei. Ohne eine Mehrheit in beiden Kammern zu haben, müssen Gesetzesvorschläge demnach durch Oppositionsparteien unterstützt werden, um verabschiedet zu werden.