China entlarvt Donald Trumps Strafzölle als „Witz“ – und trifft die USA an ihrer Achillesferse
China dreht im Handelskonflikt mit den USA den Spieß um und entzaubert Donald Trumps Strafzölle – betroffen sind hochsensible US-Industrien.
Peking/Washington – China geht im Zollstreit mit Donald Trump in die Gegenoffensive – und trifft die USA an ihrer Achillesferse: Die Volksrepublik hat die Ausfuhr mehrerer Seltener Erden vorerst gestoppt – und droht damit, die Versorgung mit diesen kritischen mineralischen Rohstoffen dauerhaft zu unterbrechen. Vom Handelsembargo betroffen wären weltweit insbesondere Automobilhersteller, Luft- und Raumfahrtunternehmen, Halbleiterfirmen und militärische Auftragnehmer – darunter nicht nur aus den USA, sondern auch aus anderen Industrienationen wie Japan oder Deutschland.
Chinas Schachtzug als Antwort auf Trumps Zölle: Ein Warnsignal an die USA – und auch die EU
Die Umsetzung der neuen Regeln verläuft dabei uneinheitlich: Während in einigen chinesischen Häfen Exporte bereits bei geringsten Spuren schwerer Elemente blockiert werden, genehmigen andere die Ausfuhr – sofern Prüfberichte das Fehlen solcher Bestandteile belegen. Diese Unklarheit sorgt bei Unternehmen weltweit für erhebliche Verunsicherung. Die Krux: China strebt perspektivisch ein offizielles Lizenzierungsverfahren an, in dem Unternehmen eine Genehmigung für den Import Seltener Erden beantragen müssen. Laut Bloomberg rechnen Experten mit einer Verzögerung von bis zu 45 Tagen, ehe Unternehmen eine entsprechende Lizenz erhalten.
Offen ist jedoch noch, welche Voraussetzungen für den Erwerb gelten sollen. Chinas Zollministerium reagierte auf die von Donald Trump zum 2. April eingeführten Strafzölle von 145 Prozent und kündigte an, man wolle „bis zum Ende kämpfen“. So ordnete die chinesische Regierung bereits am 4. April als Vergeltungsmaßnahme den Ausfuhrstopp mehrerer schwerer Seltener Erden an. Konkret umfasst der Exportstopp Chinas sechs der insgesamt 17 Seltenen Erden:
- Samarium: verwendet in Reaktortechnik und Lasergläsern
- Gadolinium: genutzt als Kontrastmittel in der MRT-Diagnostik und in der Reaktortechnik
- Terbium: Bestandteil von Leuchtstoffen für Bildschirme und Legierungszusatz für Magnetwerkstoffe
- Dysprosium: wichtig für hochleistungsstarke Magnete in Elektroautos und Windkraftanlagen
- Lutetium: Einsatz in CT-Geräten, Katalysatoren und medizintechnischen Anwendungen
- Yttrium: verwendet in LED-Technik, Spezialkeramiken, Supraleitern und Militärtechnik
- Scandium: wichtig für Brennstoffzellen und Festoxid-Elektrolyte in der Luft- und Raumfahrt
Gewinnung von Seltenen Erden extrem aufwändig – und umweltschädigend: China hat Machtmonopol
Aufgrund ihrer höheren Ordnungszahl werden sie als „schwere“ Seltene Erden bezeichnet und kommen vor allem in Südchina und Myanmar vor – aber auch potenziell in Vietnam, Australien, Brasilien und sogar Europa. Auch deswegen schielt Trump so hartnäckig auf Grönland und die Ukraine. Häufig liegen die Rohstoffe laut US-Innenministerium jedoch nur in geringer Konzentration vor, was die Trennung der Elemente und ihre anschließende Gewinnung besonders aufwendig und umweltschädlich macht. Selbst wenn in diesen Ländern eine Abbauinfrastruktur existiert, fehlt häufig die Möglichkeit zur Weiterverarbeitung – insbesondere zur Herstellung leistungsstarker Seltenerdmagnete. Diese leistungsstarken Permanentmagneten bestehen aus Legierung Seltener Erden und erzeugen starke magnetische Felder.
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Experten des US-Innenminsteriums schätzen, dass China zwischen 95 und 99 Prozent des Weltmarkts kontrolliert und jährlich rund 200.000 Tonnen produziert. Der US-Elektroauto-Pionier Tesla zählt laut New York Times zu den Hauptabnehmern der Materialien, die er für seine Elektromotoren benötigt – ebenso wie der chinesische Konkurrent BYD.
Warum Seltene Erden für Hightech, Militär und Industrie unersetzlich sind
Auch in der zivilen Hochtechnologie sind Seltenerdmagnete unverzichtbar: Der US-Chiphersteller Nvidia nutzt beispielsweise Dysprosium für seine Hochleistungsprozessoren – ein Engpass könnte weitreichende Folgen für KI-Anwendungen, Rechenzentren und Cloud-Dienste haben. Auch Apple ist bei der Herstellung seiner Smartphones auf Seltenerdmagnete angewiesen – etwa für Lautsprecher, Vibrationsmotoren und kabellose Ladefunktionen.
Doch der sensibelste Bereich ist das Militär: Aufgrund ihrer extremen Magnetkraft, hohen Temperaturbeständigkeit und Kompatibilität mit empfindlicher Elektronik sind Seltenerdmagnete essenziell für moderne Rüstungstechnologien – etwa in Drohnen, Robotik, Satelliten, Raumfahrt- oder Bodenwaffensystemen. Der US-Kampfjet F-35 enthält laut Angaben des US-Militärs etwa über 400 Kilogramm an Seltenen Erden und daraus produzierten Magneten.
Die USA sind zutiefst abhängig – und haben kaum eigene Verarbeitungskapazitäten aufgebaut
Selbst die USA, die mit der Mountain-Pass-Mine in der kalifornischen Wüste nahe der Grenze zu Nevada über den einzigen aktiven Abbauort für Seltene Erden verfügen, haben seit Ende der 1980er Jahre keine stabile Förderung mehr etabliert. Auch wenn dort noch Rohstoffe abgebaut werden, erfolgt die Weiterverarbeitung überwiegend in China. James Litinsky, CEO des großen US-amerikanischen Bergbauunternehmens und Betreiberfirma der Mine, MP Materials, erklärte zuletzt in der New York Times, dass die Abhängigkeit im militärischen Bereich in Bezug auf Seltene Erden besonders besorgniserregend sei: „Drohnen und Robotik werden weithin als die Zukunft der Kriegsführung angesehen, und nach allem, was wir sehen, sind die kritischen Inputs für unsere zukünftige Lieferkette stillgelegt.“
Diese Einschätzung teilt auch Daniel Pickard, Vorsitzender des Beratungsausschusses für kritische Mineralien beim US-Handelsbeauftragten und Handelsministerium. Auf einer Pressekonferenz räumte er überraschend offen die schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen für die USA ein. Er schob jedoch rasch nach, dass China mit dem Exportstopp seinen Ruf als verlässlicher Lieferant selbst beschädige.
Japan kennt gefährliche Abhängigkeit von China sehr gut – und hat aus den Fehlern gelernt
Pikant: Auch auf importierte Seltenerdmagnete erhebt die US-Regierung Zölle. Unklar ist darüber hinaus, wie groß die Vorräte an Seltenen Erden und Magneten in US-Unternehmen tatsächlich sind. Experten gehen allerdings davon aus, dass die Lagerbestände eher gering sind – Litinskys und Pickards Reaktion stützen diesen Eindruck. Deutlich besser vorbereitet ist hingegen die japanische Wirtschaft, die aus einer Krise von 2010 Konsequenzen gezogen hat: Als Japan damals die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer von einem Privatunternehmen erwarb, reagierte China mit einem Exportstopp seltener Erden. Peking begründete den Schritt offiziell mit Umweltbedenken, erhob jedoch de facto selbst Anspruch auf die unbewohnten, strategisch wichtigen Inseln.
Kurzfristig brach rund 90 Prozent von Japans Importen seltener Erden weg – mit erheblichen Folgen für die Hightech-Industrie. Zwar bewertete die Welthandelsorganisation (WTO) Chinas Vorgehen als Verstoß gegen Handelsregeln, doch Japan erkannte die eigene strategische Verwundbarkeit.
Recycling und weltweite Partnerschaften als Lösung? Vorerst überstrahlt Chinas Selbstbewusstsein alles
In der Folge diversifizierte das Land seine Lieferketten durch Beteiligungen an Minenprojekten in Australien, Vietnam und Afrika – und investierte massiv in Recyclingtechnologien. Die Rückgewinnung Seltener Erden aus Elektronikschrott und Produktionsresten wurde industriell ausgeweitet und zudem umfassend wissenschaftlich begleitet. Daraus ging auch das SEEE-Verfahren hervor, welches bei geringer Umweltbelastung hohe Rückgewinnungsquoten ermöglicht. Doch trotz allem liegt die Abhängigkeit von China nach wie vor bei rund 60 Prozent.
Von solcher technologischen Eigenständigkeit sind die USA dennoch weit entfernt – während China sein geopolitisches Selbstbewusstsein gezielt demonstriert. Die chinesische Zollkommission erklärte als Reaktion auf Trumps Vorgehen, die Zölle seien wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll – und würden als „Witz in die Geschichte der Weltwirtschaft eingehen“.