Circular Republic Festival: Der ambitionierte Plan, wie München zum neuen Silicon Valley werden soll
Wie München zum neuen Silicon Valley werden soll
10.30 Uhr: Bei einem Blick ins Publikum, sagt Matthias Ballweg, wird schnell deutlich, worum es hier geht: „Hier sitzen auch viele Anzugträger!“ Und selbst die eher leger gekleideten Vertreter der vielen vertretenen Startups hätten ja auch dasselbe Ziel, sagt Ballweg: „Schließlich wäre jeder hier gern ein Milliardär.“
Für Ballweg, Mitgründer des Münchner Circular Republic Festivals, ist die hochrangige Gästeriege nur eines der vielen Zeichen dafür, dass die Kreislaufwirtschaft schon längst erwachsen geworden ist. Ums Klima geht es dabei nur am Rande – stattdessen steht das Geld machen im Vordergrund, oder besser: Das Geld sparen.
Ressourcen wiederverwenden, sie also in den „Kreislauf“ zurückzuführen, statt sie auf den Müll zu werfen und neu auszugraben, ist mittlerweile längst ein Wirtschaftsfaktor geworden. Wer sein Lithium, sein Aluminium oder auch einfach nur sein Holz wiederverwerten kann, ist in der Wirtschaft der Zukunft im Vorteil.
Ein Beispiel dafür seien die Batterien, die in den E-Autos seines Unternehmens verbaut werden, sagt Alexander Bilgeri, beim Autokonzern BMW verantwortlich für Nachhaltigkeit.
Mitte der 2030er-Jahre sei eine große Welle ausrangierter Autobatterien aus der ersten Generation von Elektroautos zu erwarten. Man kann diese Batterien dann wegwerfen – oder man kann ihre Komponenten wiederverwerten und zurück in den Kreislauf führen. Eine der beiden Varianten ist wesentlich kostengünstiger als die andere.
„Es geht nicht mehr darum, irgendwas für die Umwelt zu tun und vielleicht die Welt zu retten“, sagt Bilgeri. „Wir können jetzt in Firmen zum Controller gehen und zeigen: Damit lässt sich eine Menge Geld sparen, oder eine Menge Geld verdienen. Und der positive Effekt auf die Umwelt ist dann noch ein zusätzlicher Nebeneffekt.“
Veranstaltungen wie das Circular Republic Festival sollen helfen, diese Vision noch schneller Realität werden zu lassen. Denn die anstehende Transformation können viele alteingesessene Konzerne nicht alleine stemmen – sie brauchen die Hilfe von Startups. „Es gründen sich viele Unternehmen, und es fließt eine Menge Geld von Investoren hinein“, weiß Helmut Schönenberger zu berichten, der CEO von UnternehmerTUM der Technischen Universität München. Die bayerische Landeshauptstadt weise die idealen Voraussetzungen auf, um zum „Circular Valley“ zu werden, quasi einer nachhaltigen Version des Silicon Valley in Kalifornien.
Die derzeit instabile geopolitische Lage mag für viele Unternehmen der sogenannten Green Economy ein Hindernis sein, für die Kreislaufwirtschaft kann sie sich aber als hilfreich erweisen. Denn mit der klugen Wiederverwertung von Ressourcen machen sich Unternehmen auch unabhängiger von Lieferungen aus dem Ausland. Als Privatperson freue er sich nicht über das Weltgeschehen, sagt Bilgeri. „Aber für die Kreislaufwirtschaft ist sie ein Katalysator.“
Eine Chance, die Europa ergreifen muss, sagt Schönenberger. Auf EU-Ebene ist tatsächlich schon viel für die Kreislaufwirtschaft getan worden, aber es komme auch auf die Wirtschaft selbst an, auf Kooperation und auf Enthusiasmus. Europa könne weltweit zum Vorreiter für Kreislaufwirtschaft werden, glaubt Schönenberger: „Jetzt liegt es an uns, es auch wahrwerden zu lassen.“
Themen-Special Kreislaufwirtschaft
Was wäre, wenn unsere Haushaltsprodukte, unsere Autos, unsere Klamotten, ja selbst unsere Gebäude am Ende ihres Lebens nicht auf dem Müll landen - sondern wenn wir die enthaltenen Stoffe wiederverwenden, in einer Art ewigem Kreislauf? Die sogenannte "Kreislaufwirtschaft" ist die nächste große Transformation, der sich Unternehmen auf der ganzen Welt stellen. Eine Woche lang widmet sich FOCUS online Earth in Reportagen, Expertenbeiträgen und Analysen dem Themenfeld in seiner ganzen Breite.