Streit zwischen Chefs und Betriebsrat eskaliert: Werk von Bosch soll wohl geschlossen werden
Verhärtete Fronten im Streit um das Werk Hildesheim: Nachdem die Landesregierung mit Vermittlungen zwischen Bosch und IG Metall gescheitert ist, befürchten die Mitarbeiter die Schließung des Standortes.
Hildesheim - Der Streit beim Automobilzulieferer Bosch um die Zukunft des Standorts Hildesheim hat sich zugespitzt. Betriebsrat und Geschäftsführung sprechen nicht mehr miteinander, meldet die FAZ. Dabei sei eigentlich geplant gewesen, die Fabrik zu einem Leitwerk für die Elektromobilität auszubauen. Nun befürchte die IG Metall sogar, dass die Produktion in Niedersachsen ganz schließen könnte, heißt es weiterhin.
Autozulieferer Bosch drückt bei Stellenabbau aufs Tempo
Der Autozuliefer- und Technologiekonzern Bosch drückt derzeit beim Stellenabbau aufs Tempo, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Seit Mitte letzten Jahres wurden Streichpläne für mehr als 12.000 Arbeitsplätze weltweit angekündigt - nicht nur in der Autozuliefersparte Mobility, sondern auch bei Elektrowerkzeugen und der Hausgeräte-Tochter BSH.
In Deutschland stehen mehr als 6000 Stellen auf der Kippe, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. In Hildesheim hatte Bosch im November vergangenen Jahres erklärt, rund 750 Jobs von 1500 Arbeitsplätzen wegen der schlechten Auftragslage zu streichen. Rund 600 Stellen sollen Bosch zufolge bereits bis Ende 2026 abgebaut werden.
Gewerkschaft kritisiert Bosch-Geschäftsführung wegen Stellenabbau: Werk droht wohl das Aus
Der Grund für den Abbruch der Gespräche ist nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall die Weigerung von Bosch, den im Werk bleibenden Mitarbeitern eine längerfristige Absicherung zuzusagen. „Wir fordern, dass der bislang bis Ende 2027 zugesagte Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für die verbleibenden Kollegen verlängert wird und dass in den kommenden Jahren verbindlich Aufträge nach Hildesheim kommen“, sagte Karoline Kleinschmidt, erste Bevollmächtigte der IG Metall Alfeld-Hameln-Hildesheim, der FAZ. „Das ist das Mindeste, was wir brauchen.“ Der Betriebsrat sei der Geschäftsführung bei den Gesprächen schon sehr, sehr weit entgegengekommen.
Die Geschäftsführung von Bosch sieht das anders. Trotz intensiver Bemühungen und vielfältiger konstruktiver Vorschläge des Unternehmens sei es nicht gelungen, sich zu verständigen. „Wir haben viele Vorschläge für ein wettbewerbsfähiges Zukunftskonzept für das Hildesheimer Werk gemacht und bedauern sehr, dass wir uns nicht einigen konnten“, betont Karsten Müller, Vorstand des Geschäftsbereichs Elektroantriebe laut dem Online-Portal Die Niedersachsen. „Mit der aktuellen Kostenstruktur des Werks können wir keine neuen Aufträge gewinnen. Damit fehlt eine wirtschaftlich tragfähige Perspektive für den Produktionsstandort in Hildesheim.“ Das Unternehmen prüft nun die nächsten Schritte.
Landesregierung schaltet sich in den Streit um Bosch-Standort ein
Auch die niedersächsische Landesregierung hat sich in den Streit eingeschaltet. Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) kritisierte das Unternehmen scharf. „Ein schlechteres Bild kann man als Unternehmen gar nicht abgeben“, sagte der SPD-Politiker laut der SZ. Zuvor hatte die Geschäftsleitung es abgelehnt, an einem Gespräch mit Lies und den Arbeitnehmern teilzunehmen. Lies hatte noch als Wirtschaftsminister zu dem Treffen eingeladen und angeboten, zwischen dem Unternehmen und seinen Beschäftigten zu vermitteln. Doch laut der Staatskanzlei hat die Geschäftsleitung die Einladung nicht angenommen, das Gespräch fand daher nur zwischen Politik und Arbeitnehmern statt. Die Landesregierung fordert eine sichere Zukunftsperspektive für den Standort Hildesheim.
IG Metall: Am Bosch-Standort in Hildesheim könnte ein Exempel statuiert werden
Wie Bosch der FAZ nun bestätigte, will Bosch-Chef Stefan Hartung zumindest mit Ministerpräsident Lies sprechen. Dabei werde Hartung die wirtschaftliche Situation des Werks Hildesheim einordnen und Hintergründe zur Beendigung der über viele Monate mit den Arbeitnehmervertretern geführten Gespräche zu einer wettbewerbsfähigen Neuaufstellung des Werks erläutern.
Die IG Metall befürchtet, dass Bosch am Werk Hildesheim ein Exempel statuieren will, das auf andere Standorte des Unternehmens ausstrahlen soll. „Die Geschäftsführung erklärt, nach dem Stellenabbau seien wir konkurrenzfähig. Und wenn nicht, werde der Standort geschlossen“, berichtet IG-Metall-Vertreterin Kleinschmidt.
Gespräche auch am Bosch-Standort Schwäbisch Gmünd festgefahren
Fest gefahren sind die Gespräche zwischen Bosch-Geschäftsführung und dem Betriebsrat auch am baden-württembergischen Standort Schwäbisch Gmünd. In dem Werk, in dem Bosch vor allem Lenkungseinheiten herstellt, plant das Unternehmen den Abbau von 2000 der insgesamt 3600 Arbeitsplätze, berichtet die Gmünder Tagespost.
Bosch erlebte 2024 eine schwache Nachfrage in allen Geschäftszweigen - neben der Autozulieferung, wo vor allem die E-Mobilität lahmte, auch bei Industrietechnik, Hausgeräten sowie Energie- und Gebäudetechnik. Der operative Gewinn des Stiftungskonzerns brach um ein Drittel auf 3,1 Milliarden Euro ein.
Wegen des hohen Wettbewerbsdrucks und dem Strukturwandel in der Autoindustrie läutete Bosch im vergangenen Jahr einen Stellenabbau ein. Die Umsetzung geht Bosch-Chef Hartung aber zu langsam, weil sich Verhandlungen mit den Betriebsräten hinziehen. „Wir können uns keine Verzögerung mehr leisten, das schwächt unsere Position im Wettbewerb weiter“, mahnte er laut Reuters zur Eile und stellte klar, dass der bisherige Abbau noch nicht das Ende des Schrumpfkurses ist.