Peiting – Die Marktgemeinde Peiting blickt auf kein einfaches Jahr zurück. Im Interview spricht Bürgermeister Peter Ostenrieder (CSU) über finanzielle Hiobsbotschaften, Freibad-Ärger und anstehende Projekte. Außerdem äußert sich der Rathauschef zur Krankenhaus-Entwicklung und macht klar, dass man sich in der Gemeinde auf weitere Zuweisungen von Geflüchteten einstellen muss.
Herr Ostenrieder, wenn Sie auf das abgelaufene Jahr zurückblicken. Wie würden Sie es aus Ihrer Sicht zusammenfassen?
Unerwartet schwierig und fordernd, aber dennoch einiges erreicht. Gerade die finanzielle Situation war ein Schlag in die Magengrube.
Tatsächlich gab es in dieser Beziehung heuer einige Hiobsbotschaften zu verkraften. Das betrifft etwa das Eisstadion, wo die Kosten für die geplante Sanierung aus dem Ruder gelaufen sind.
Das war schon heftig. Da sind wir in Sphären vorgestoßen, die einfach nicht darstellbar waren. Da blieb nichts anderes übrig, als die Sanierung einzudampfen auf das technisch Notwendige.
Unmut auch bei anderen Vereinen
Von den Bürgern gab es zum Teil Unmut darüber, dass die Gemeinde so viel Geld in die Halle steckt.
Das kam auch bei mir an, auch aus anderen Vereinen. Der Gemeinderat war aber einhellig der Meinung, dass man die Halle nicht aufgeben will, weil man sie als Bestandteil des sportlichen Lebens in Peiting sieht. Da steht ja auch eine Geschichte dahinter. Man darf ja auch nicht vergessen, dass die Halle schon immer Geld gekostet hat. Jetzt steht eben nach mehreren Jahrzehnten eine Sanierung an, wie sie auch beim Freibad nötig war und auch mal bei der Dreifachhalle der Fall sein wird. Da kann man ja nicht immer sagen, jetzt machen wir alles zu.
Die Finanzen waren im vergangenen Jahr ein großes Thema. Noch nie dürfte es in Peiting einen Bürgermeister gegeben haben, in dessen Amtszeit so an der Gebühren- und Steuerschraube gedreht worden ist, wie es jetzt der Fall war. Das hat Ihnen viel Ärger eingebracht.
Meine news
Das stimmt. So etwas wünscht man sich natürlich nicht. Aber ich bin nicht angetreten, um nur bei Sonnenschein Bürgermeister zu sein. Dass ich mich damit bei manchen unbeliebt mache, ist mir klar. Aber bei so wichtigen Entscheidungen, da geht es um die nächsten Jahre, kann man nicht mit allen gut Freund sein. Wir müssen wegen der massiv gestiegenen Kosten nicht nur die Ausgabenseite, sondern auch die Einnahmenseite anschauen. Das machen wir jetzt, wie es auch in einem Betrieb üblich ist. Das habe ich auch den Vereinen, die künftig wirklich tief in die Tasche greifen müssen, persönlich erklärt. Da bin ich nicht auf Tauchstation gegangen.
Ärger gab es auch erneut im Wellenfreibad, wo kurz vor dem Start das Personal seinen Hut nahm.
Ja, das ist leider ein Dauerbrenner. Wir konnten zum Glück mit Markus Häringer eine super Lösung finden. Er wird auch 2024 das Bad führen, wir suchen aktuell einen weiteren Bademeister, um die Öffnungszeiten ausweiten zu können. Ich hoffe, dass sich so im nächsten Jahr alles stabilisiert.
Nach so viel Negativem: Was ist aus Ihrer Sicht gut gelaufen in 2023?
Tatsächlich hat der Gemeinderat die ganze Diskussion um Kostensteigerungen sehr sehr zielorientiert und zukunftsorientiert geführt. Da muss ich wirklich sagen, Hut ab, wenn ich das mit anderen Gremien vergleiche. Das war sehr professionell. Natürlich gefreut hat mich die Eröffnung unserer neuen Kita Sonnenschein. Sehr, sehr gut gelaufen ist auch die Unterbringung von Geflüchteten in Peiting. Da haben wir einen sehr starken Helferkreis. Es ist das A und O, dass man vor Ort jemand hat, der Ansprechpartner ist für die Menschen.
Tatsächlich war es um das Thema Asyl zuletzt ruhig in Peiting, nachdem im Sommer die große Flüchtlingsunterkunft in Betrieb gegangen ist. Doch der Landkreis sucht weiter händeringend Unterbringungsmöglichkeiten. Wie schätzen Sie die Situation in Bezug auf Ihre Gemeinde ein?
Ich gehe davon aus, dass Peiting als einer der großen Orte im Landkreis sein Soll noch nicht erfüllt hat, wenn man sich die Entwicklung ansieht. Wir werden uns auf weitere Zuweisungen einstellen müssen.
Da Wohnraum knapp ist, dürfte es wieder auf Container oder ein Thermozelt hinauslaufen, wenn es soweit kommt, oder?
„Wir richten uns darauf ein, dass wir nochmal liefern müssen.“
Wenn es keine privaten Eigentümer gibt, die Möglichkeiten zur Verfügung stellen, bleibt uns im Fall der Fälle nur diese Option.
Hätte die Gemeinde überhaupt noch Grundstücke, wo sich ein solches Vorhaben realisieren ließe?
Es gibt noch ein paar kleinere Standorte, aber da muss man schauen, wie sich der Bedarf entwickelt. Wir richten uns aber darauf ein, dass wir nochmal liefern müssen.
Zurück zum Positiven: Mit dem Peitingmobil hat der Gemeinderat das von Ihnen initiierte ÖPNV-Projekt verlängert. Seit heuer gibt es in Peiting zudem eine eigene Tafel. Wie wichtig stufen Sie diese beiden Weichenstellungen ein?
Beides sind soziale Faktoren für die Teilhabe der Menschen. Durch den ganzen Ort ist eine Welle der Freude gegangen, als wir beschlossen haben, dass das Peitigmboil weiterfährt. Auch das Maß, in dem die Tafel angenommen wird, zeigt, dass es eine richtige Entscheidung war. Leider gibt es auch bei uns viele Menschen, die darauf angewiesen sind.
Blicken wir voraus aufs kommende Jahr. Sie haben in der letzten Sitzung vor Weihnachten versprochen, dass es ein interessanter Haushalt wird. Müssen die Bürger jetzt Angst haben, dass sie noch mehr zur Kasse gebeten werden?
Ich gehe nicht davon aus (lacht). Wir haben jetzt einen großen Schluck aus der Pulle genommen. Interessant dürfte eher werden, welche Projekte wir priorisieren, welche wir schieben müssen, welche nicht mehr realisierbar sind.
Juze-Neubau soll angepackt werden
Ein großes Vorhaben, das die Gemeinde seit Jahren vor der Brust hat, ist der Neubau des Juzes.
Der Zeitplan ist momentan sehr klar. Im Frühjahr werden wir die aktuelle Planung vorstellen. Ziel ist es, dass wir 2025 endlich mit dem Bau beginnen können. Wir schieben das Projekt ja jetzt schon über zehn Jahre vor uns her. Ich hoffe, es ist alles finanziell darstellbar, die Gewerbesteuerzahlen machen uns da im Moment Sorgen.
Auch beim Bahnhofsareal soll sich ja zeitnah etwas tun.
Ja, da sind wir gerade in der Vorbereitung einer Ausschreibung für einen Planungswettbewerb für Investoren. Aktuell wird das Gelände begutachtet. Ziel wäre es, bis zum Herbst eine Entscheidung herbeizuführen, wie es mit dem Areal weitergeht. Im Idealfall könnte schon ab 2025 gebaut werden.
Welches größere Projekt soll 2024 noch umgesetzt werden?
Die Arbeiten für den integrative Mehrgenerationenspielplatz am Pfarrweg sind vergeben, ab dem Frühjahr wird mit der Umsetzung begonnen. Da geht’s übrigens nicht um ein Prestigeobjekt, sondern darum, das Ortszentrum zu stärken. Der Einzelhandel wird es die nächsten Jahre wegen des zunehmenden Onlinegeschäfts schwerer haben, deshalb ist es für uns als Ort wichtig, den Ortskern mit Angeboten wie dem Spielplatz interessant zu halten.
Vorhaben auf der Streichliste?
Welche Vorhaben stehen auf der Streichliste?
Das Parkdeck an der Mädchenschule gehört nicht dazu, das darf ich an der Stelle betonen, weil das immer wieder in dem Zusammenhang genannt wird. Die Städtebauförderung sieht es nach wie vor als wichtig für den Ortskern. So schnell werden wir das aber nicht angehen. Was gestorben ist, das ist die Umwandlung der beiden Tennis- in Tartanplätze. Wenn es die Kapazitäten erlauben, wollen wir versuchen, mit kleinem Geld dort selbst etwas zu schaffen. Möglich wäre etwa ein Beachvolleyballfeld, das ist keine Raketentechnik.
Peiting kämpft ja nicht allein mit finanziellen Schwierigkeiten. Auch den Landkreis plagen massive Geldnöte, vor allem wegen der Krankenhaus GmbH. Eine Erhöhung der Kreisumlage steht im Raum. Ist das überhaupt zu stemmen?
Wir müssen das schaffen. Klar ist es schmerzlich, wenn die Kreisumlage auf 55 oder 56 steigt und unsere Steuerkraft nachlässt. Letztendlich kommen wir aber nur weiter, wenn wir miteinander arbeiten.
Sie sind als Aufsichtsratsmitglied der Krankenhaus GmbH für viele mit Schuld an der Misere.
Krankenhaus GmbH: Politischer Wille im Kreistag war immer da
Natürlich gibt es auch von Bürgermeisterkollegen Vorwürfe mir gegenüber. Man darf aber nicht vergessen: Die Entscheidungen in der Gesellschaft, die zugegebenermaßen viel Geld gekostet haben, waren auch immer politischer Wille im Kreistag. Da schließe ich keine Partei aus. Es hieß immer, wir wollen mehrere Krankenhäuser erhalten, auch wenn seit Jahrzehnten klar war, dass dies auf Dauer schwierig werden würde. Da gibt es viele Kollegen im Kreistag, die das anscheinend vergessen haben. In meinen Augen ist die Konzentration auf ein Haus eine sinnvolle Lösung. Das geplante Ambulanzzentrum in Schongau ist aus meiner Sicht zukunftsträchtig, wenn man die Entwicklung anschaut. Immer mehr OPs werden ambulant durchgeführt. Auch wenn es aus meiner Sicht für Schongau eine gute Lösung ist: Ich glaube nicht, dass damit das Ende der Krankenhaus-Zentralisierungs-Diskussion im Landkreis erreicht ist.
Die Lage, das ist auf jeden Fall sicher, sie bleibt schwierig. Wie bewahrt man sich da den Optimismus?
Es ist ganz wichtig, dass man auch das Positive sieht. Wir haben eine erstklassige Gesundheitsversorgung im Landkreis, auch wenn wir Orte haben, die künftig einen Tick weiter in ein Krankenhaus fahren müssen. Die Gefahr ist, wenn man das, was noch da ist, auch noch schlecht redet, dann geht keiner mehr hin. Und wenn keiner mehr hin geht, ist das nicht zu halten. Was die Finanzen betrifft, hoffe ich, dass Freistaat oder Bund uns Kommunen unter die Arme greifen. Aktuell herrscht ein Flächenbrand, das System an sich läuft nicht mehr rund.