Erstes königliches Seminar: Das sind die goldenen Regeln rund um die Weißwurst
Eine Weißwurst darf auf keinen Fall das Zwölf-Uhr-Läuten hören? Mit dieser Mär wurde gründlich aufgeräumt beim ersten Königlichen Weißwurst-Seminar im Landkreis.
Olching – 80 Teilnehmer fanden sich in der Olchinger Dahoam-Wirtschaft ein. Die Feinheiten erklärte ein von Ministerpräsident Markus Söder offiziell zum bayerischen Weißwurst-Botschafter ernannter Experte.
Albert Fritz, genannt „Bertl“, der Dozent aus Zwiesel im Bayerischen Wald vermittelt seit neun Jahren ehrenamtlich sein Wissen um das essbare Kulturgut in amüsanter Weise und im lupenreinsten Waidler-Dialekt. Selbst bei Tourneen jenseits des Weißwurst-Äquators (der zieht sich entlang des 49. Breitengrads) wird das verstanden. Die durchwegs der bairischen Sprache und Esskultur mächtigen Olchinger Studierenden verblüffte der 70-Jährige mit gleichermaßen unbekannten wie delikaten Weisheiten.
Das Zuzeln ist verpönt
So ist das vielfach angepriesene Zuzeln in wurstverarbeitenden Expertenkreisen eher verpönt. Vielmehr gilt: Wer beim Traditionsschmaus nicht standesgemäß mit Messer und Gabel hantieren kann, sollte von der im Idealfall prallen und sich elastisch anfühlenden Wurst einfach herunterbeißen. Ansonsten empfiehlt „Bertl“ einen Längs- oder den nur von wahren Könnern und Kennern beherrschten König-Ludwig-Kreuzschnitt, der bei perfekter Handhabung die Wursthaut als Rautenmuster auf dem Teller hinterlässt.
Apropos: Spricht „Bertl“ von der Haut, geht’s ans Eingemachte. Denn im Gepäck hat der Weißwurst-Diplomat stets die von US-Präsident Barack Obama bei der G7-Gipfel-Brotzeit 2015 in Krün zurückgelassene Wursthülle, die jetzt im konservierten Zustand in einem Gurkenglas zur Schau gestellt wird. Weil Glauben Berge versetzen kann, klingt das aus „Bertls“ Mund ebenso schlüssig wie die Zutaten, die eine perfekte Weißwurst krönen.

Dass dazu Ingwer gehört, mag eine Hommage an einen mittlerweile in Landsberg ansässigen Sternekoch sein, ist aber selbst bei Metzgern umstritten. „In unseren Weißwürsten ist kein Ingwer drin“, bekräftigte jedenfalls Martl Lindinger vom ortsansässigen Niedermayr-Hofladen. Dort war das schmackhafte Schulungsmaterial für die Olchinger Unterrichtsstunde produziert worden.
Weitere Details, die man wissen sollte, um am Unterrichtsende das begehrte Weißwurst-Diplom ausgehändigt zu bekommen: Erfunden wurde die Spezialität am 22. Februar 1857, einem Faschingssonntag, von einem gewissen Sepp Moser in der Wirtschaft „Ewiges Licht“ am Münchner Marienplatz. Im damals verfassten, noch immer gültigen Regelwerk für die originale Fabrikation steht, dass die zehn bis zwölf Zentimeter langen Weißwürst’ mit einem Durchmesser von 28 bis 30 Millimetern nicht paar-, sondern stückweise bei der Bedienung bestellt werden sollen.
In der Regel fällt ein Drittel durch
Bei der mit dem Verzehr einhergehenden Diplomprüfung fallen in der Regel ein Drittel seiner Kandidaten durch, erklärte der Weißwurst-Papst aus dem Bayerischen Wald. In Olching erfüllten alle Beteiligten die Anforderungen zu 100 Prozent.
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Ehrenhalber verliehen wurde die Urkunde an Bergdoktor-Mutter Monika Baumgartner. Die gerade in der gleichnamigen ZDF-Serie zu sehende Gröbenzeller Schauspielerin war zufällig bei einer gleichzeitig zum Schmankerl-Seminar stattfindenden privaten Geburtstagsfeier eingeladen und saß einst in der Jury, als Bayerns erste Weißwurst-Königin gekrönt wurde.
Ab sofort nur noch süßer Senf
Jüngste Diplom-Besitzerin ist die dreijährige Annika, die mit Papa Andreas Brenner, der Mama und den in Eichenau lebenden Großeltern zum Seminar gekommen war. Das Mädchen kann zwar noch nicht schreiben und lesen, ließ sich aber beurkunden, dass sie die geliebte Weißwurst ab sofort vorschriftsmäßig mit süßem Senf würzt, statt sie in Ketchup zu tunken. Um die Zwölf-Uhr-Frage noch zu klären: Seit es Kühlschränke gibt, hat sich die wegen der Frischequalität aufgestellte Regel von selbst erledigt.
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