Von wegen "zentrale Lage" - Hinter der frechsten Wohnabzocke in Hamburg steckt ein abgelegenes Ein-Zimmer-Loch
Wer sich in Hamburg Hoffnung auf eine möglichst bezahlbare Wohnung macht, der muss fast schon unverschämtes Glück haben. Auf Vermittlerportalen wie „Immoscout 24“ überbieten sich die Vermieter längst gegenseitig mit den Mietpreisen.
Wohnungs-Annonce verlangt 55 Euro pro Quadratmeter
Eine Anzeige sticht allerdings sogar für (leid)geübte Wohnungssucher heraus: In der Morewoodstraße im Stadtteil Wandsbek wurde eine Ein-Zimmer-Wohnung für 1110 Euro Kaltmiete angeboten.
Für jeden der nur 20 Quadratmter macht das umgerechnet 55 Euro. On top kommen noch einmal 170 Euro für Nebenkosten, sodass die monatliche Miete bei insgesamt 1280 Euro liegt.
Die Lage wird in der Annonce als zentral und nur zehn Minuten von der Hamburger City entfernt beschrieben. Dabei ist die Morewoodstraße im Hamburger Verzeichnis nicht einmal als „gute Wohnlage“ eingestuft, sondern als „normal“.
Von der knapp 15 Minuten entfernt gelegenen U-Bahn-Station Wandsbek Markt dauert es zudem noch einmal 15 Minuten bis zur Innenstadt.
Ausgestattet ist die 1-Zimmer-Wohnung laut den Fotos unter anderem mit einem 90-Zentimeter breiten Bett, einem kleinen Wohnzimmertisch sowie einem schmalen Esstisch mit zwei kleinen Lampen und Hockern. Dieser Esstisch wandert allerdings auf den Fotos oder ist dreimal gekauft und genau gleich ausgestattet worden: Mal steht er direkt neben der Einbauküche, mal gegenüber vom Bett und mal draußen auf einer gepflasteterten Terrasse.
„Diese Marge dort ist schon unanständig“
Handtücher, Besteck, Geschirr und Beleuchtung gibt es laut der Beschreibung auch noch dazu – oder wie in der Anzeige formuliert: „Erstbezug – immer schön“. Schön sind Erstbezüge wohl vor allem für Vermieter, denn Neubauten bis zum Jahr 2014 sind von der Mietpreisbremse ausgenommen.
Der Mieterverein zu Hamburg fordert, diese Ausnahme zu beenden. „Wenn man bedenkt, dass selbst die Wohnungswirtschaft sagt, 20 Euro pro Quadratmeter reichen, um Neubau zu finanzieren, ist diese Marge dort schon unanständig“, kommentiert Chef Rolf Bosse.
Dazu kommt ein weiteres Schlupfloch im Gesetz: Denn sobald in einer Wohnung ein Bett steht, kann der Vermieter einen Möblierungszuschlag verlangen.
Dieser muss nicht extra aufgeführt werden, sodass im Dunkeln bleibt, wie hoch die eigentliche Miete ohne Möbel ist.
„Möblierte Wohnungen versprechen Vermietern ein Maximum an Mieteinnahmen“
Ein Hamburger Gesetzentwurf, diesen Möblierungszuschlag offen legen zu müssen, wurde vom Bundesrat im Juni 2023 beschlossen. Passiert ist seitdem nichts, bis zuletzt lag der Entwurf beim ehemaligen Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).
„Möblierte Wohnungen versprechen den Vermietern ein Maximum an Mieteinnahmen bei einem Minimum an Aufwand“, kritisiert die Hamburger Linken-Politikerin Heike Sudmann. „Schutz für Mieter gibt es kaum.“
Sie fordert eine rechtliche Prüfung, wie in „angespannten Wohnungsmärkten möbliertes Wohnen wenigstens für die nächsten Jahre untersagt werden kann.“
Wohnungs-Annonce wird kurz nach Anfrage an Makler gelöscht
Die Mopo wendete sich an die Maklerin, die die Wohnung in der Morewoodstraße vermittelt. Wie setzt sich dieser hohe Preis zusammen? Wie hoch ist der Möblierungszuschlag? Auf diese Fragen gab es leider keine Antwort, das Unternehmen reagierte nicht auf die Anfrage.
Dafür war die Anzeige wenig später offline – sowohl auf der Seite von „Immobilienscout 24“ als auch auf der eigenen Website des Maklerunternehmens.
Auch die zweite Wohnung, die dort zur Miete angeboten wurde, verschwand plötzlich. Entweder aufgrund der Anfrage – oder weil sich genug Interessenten gefunden haben.
Aber wie schreibt das Makler-Unternehmen wenig tröstend auf seiner Website: „Gesetzesänderungen liegen nicht in Ihrer Hand …..sehr wohl aber die Auswahl Ihres Maklers…“
Von Annalena Barnickel
Das Original zu diesem Beitrag "55 Euro pro Quadratmeter: Dieses Loch ist Hamburgs vielleicht frechste Wohn-Abzocke" stammt von Hamburger Morgenpost.