Trump als „Dealmaker“: Wie kann sich Berlin für eine zweite Amtszeit wappnen?

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Die US-Wahl steht im Herbst an: Was könnte es für Deutschland bedeuten, sollte Kamala Harris nicht gewinnen?

Washington, D. C. – Die große Frage, welche aktuell die Medienlandschaft in Deutschland und die gesamte Welt beschäftigt, lautet: Wie wird die US-Wahl im November 2024 ausgehen? Wird sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin und amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris gegen ihren Konkurrenten Donald Trump durchsetzen oder muss sich die Welt auf eine zweite Amtszeit im Oval Office von Trump einstellen?

Deutschland blickt in diesem Zusammenhang vor allem sorgenvoll auf die eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik. SPD-Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat sich nach der Bekanntgabe des Plans für Bundeshaushalt 2025 besorgt geäußert. Sollte Trump im November gewinnen, stünden die europäischen Partner und Partnerinnen der Ukraine, inklusive Deutschland, voraussichtlich mit weniger US-amerikanischem Rückenwind und mehr Eigenverantwortung dar.

Deutschland müsste in jedem Fall mehr Eigenverantwortung für sich und innerhalb der EU tragen

Pistorius gab damals gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an, man „sehen müsse, was sich in den nächsten Monaten weiter ergeben werde“. Außerdem müsse man in jedem Fall „das Beste daraus machen“. Aktuell war das Haushaltspaket zwar wieder kurzzeitig offen, zumindest aus der Perspektive der FDP, aufgrund zweier vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebener Gutachten. Allerdings ist von einer Nachverhandlung der Höhe der Verteidigungsausgaben bislang eigentlich keine Rede mehr.

Für Bundeskanzler Scholz dürfte weiterhin die geschlossene Erscheinung der westlich orientierten Staaten im gemeinsamen Kampf gegen Russland in der Unterstützung für die Ukraine an oberster Stelle stehen. Mit Kamala Harris scheint diese Einheit nicht in Gefahr – mit Trump wäre die Lage sicherlich eine deutlich andere. Was würde eine zweite Amtszeit für Berlin bedeuten?

Der „Dealmaker“ Donald Trump – auch zukünftig vom Weißen Haus aus?

Trump inszeniert sich öffentlich und vor dem Hintergrund seiner unternehmerischen Vergangenheit häufig als eine Art Dealmaker, der gerne kurzen Prozess macht, auch im Hinblick auf Entscheidungen, die eigentlich viel Zeit benötigen sollten. Diese Tatsache liegt zumindest nahe, dass Trump auch in außenpolitischen Belangen diese Herangehensweise wählen könnte. Klar ist auf jeden Fall, dass er ein hohes Potenzial an Unberechenbarkeit ins Weiße Haus mitbringen würde.

Das könnte mutmaßlich so aussehen, dass Trump die Ukraine anweisen würde, gewisse Gebietsverluste zu akzeptieren und sich eigenhändig mit dem russischen Staatschef unter der Androhung von US-amerikanischen Militärschlägen auseinander zu setzen. Manche halten diese Art von Gedankenspiele für unrealistisch, manche allerdings auch zumindest wie etwas, was man vor der Wahl grob durchdacht und worauf man sich vorbereiten sollte.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump während eines Wahlkampfauftritts im Juli 2024 in Harrisburg, Pennsylvania.
Trump während eines Wahlkampfauftritts im Juli 2024: Wird er das Rennen am 5. November machen - oder doch Kamala Harris, die demokratische Präsidentschaftskandidatin und amtierende Vizepräsidentin? © Imago/USA Today Network

CDU-Politiker Röttgen halte eine Herangehensweise Trumps an die Ukraine-Situation für denkbar

Der in auswärtigen Angelegenheiten sehr erfahrene CDU-Politiker Norbert Röttgen halte es der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge nicht für „völlig auszuschließen“, dass Trump, sobald er einmal im Amt angekommen sei, einen Deal im Ukrainekrieg anvisieren könnte. Thomas Silberhorn, ebenfalls aus der CDU, betont in diesem Zusammenhang, dass Deutschland, sollte es so kommen, vermutlich nicht einbezogen würde – und die angegriffene Ukraine schon gar nicht.

Im Hinblick auf die aktuell laufende Vorbereitung der deutschen Bundesregierung betont Michael Link, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion und Koordinator für transatlan­tische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Wir bereiten uns ausdrücklich auf alle Szenarien vor“. Er führt aus: „Und wir sprechen mit Leuten, die ihm nahestehen, soweit das möglich ist“, sagt er.

Laut FDP-Politiker Link brauche es Einigkeit, Stärke und gute Kontakte in die US-Bundesstaaten

Seine Prognose sei allerdings, dass ein zukünftiger US-Präsident Trump, noch radikaler, nachtragend und bedenkenloser agieren würde als während seiner ersten Amtszeit. Das sei in jedem Fall „gefährlich für unsere Sicherheits- ebenso wie für unsere Handelspolitik“, so Link. Er empfiehlt drei Dinge: Einigkeit, Stärke und gute Kontakte in den einzelnen US-Bundesstaaten. Eine ordentliche Portion Optimismus kann vielleicht auch nicht schaden.

Der SPD-Politiker Michael Roth war während Trumps erster Amtszeit Staatsminister im Auswärtigen Amt. Er erinnert sich nicht gerne an diese Zeit zurück. Roth verweist vor dem Hintergrund dieser Eventualitäten auch auf die Erwartung der europäischen Partner und Partnerinnen von einer Führungsrolle Deutschlands innerhalb der EU und „dass wir vorangehen und anderen in Europa auch Mut machen“, so Roth.

Er führt aus: „Es war eine Zeit, in der wir morgens immer ganz aufgeregt die Nachrichten-Ticker studierten, weil wir befürchteten, dass Trump wieder irgendetwas raushaut, was für großes Chaos und neue Auseinandersetzungen sorgt.“ Es habe in dieser Zeit nahezu bis auf zivilgesellschaftliche Kontakte und Kongress-Besuchen kaum noch Kontakte zwischen den beiden Nationen gegeben. Er denke jedenfalls mit Schrecken an diese Zeit zurück.

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