Gratis-Parken für E-Autos: Viele Fragen offen, deutliche Kritik

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Weilheim
  4. Weilheim

Kommentare

In Weilheim weisen Schilder auf die bisher geltende Regelung hin. © Katrin Kleinschmidt

Für alle überraschend, hat das bayerische Kabinett am Dienstag beschlossen, dass Autos mit E-Kennzeichen drei Stunden lang kostenlos parken dürfen. In den Rathäusern der Städte im Landkreis sorgt das für Stirnrunzeln.

Landkreis – Ganz so neu ist die Idee übrigens nicht. Schon seit Jahren durften Fahrer mit E-Kennzeichen in Weilheim und Penzberg kostenlos parken, wenn ein entsprechender Aufkleber am Parkautomaten prangte. Dann reichte es, seine Parkscheibe ins Fenster zu legen und bis zu zwei Stunden Parken waren gratis. Das galt nicht nur für reine E-Autos, sondern auch für Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenautos.

Dementsprechend hielt sich bei Joachim Bodendieck, Leiter des Ordnungsamtes in Penzberg, gestern auch die Aufregung in Grenzen. Aber: „Ich war schon sehr überrascht, dass der Freistaat das einfach so anordnet“, räumte er ein. Weil normalerweise die Kommunen dafür zuständig sind, ihren ruhenden Verkehr zu regeln. Er habe bislang „nur einen Auszug aus der Pressemitteilung der Staatskanzlei“ erhalten. Da sei schon vieles unklar.

Eines dürfte aber bereits feststehen: E-Auto-Fahrer, die darauf spekulieren, künftig das Geld für das Parkhaus am „Piorama“ sparen zu können, können sich auf eine Enttäuschung vorbereiten. Erstens ist sehr unwahrscheinlich, dass die Neuregelung auch für Parkhäuser gilt, zweitens wird das Parkhaus von den Stadtwerken und nicht direkt von der Stadt Penzberg betrieben.

„Lauter ungelegte Eier“ bei der Neuregelung

Völlig unklar, so Bodendieck weiter, sei, ob der Freistaat auch die Kosten für die von ihm versprochenen Segnungen übernehmen wird. Denn der Stadt entstehen durch die Neuregelung natürlich Einnahmeausfälle. Ob diese von München ausgeglichen werden, dazu sei bislang nichts bekannt.

Gerhard Beck, Leiter der Verkehrsbehörde der Stadt Weilheim, ließ seinen Unmut durchaus erkennen: „Lauter ungelegte Eier“, schimpfte er mit Blick auf die angekündigte Neuerung. Insbesondere eine Frage treibt ihn um: „Hat das Auswirkungen auf die geltende Höchstparkdauer?“

Bislang habe man beispielsweise in der Altstadt eine Höchstparkdauer von einer Stunde festgelegt. Aus gutem Grund. Die Regelung soll für eine gewissen Fluktuation und damit dafür sorgen, dass man auch die Chance hat, einen freien Parkplatz zu finden. Beck würde nun gern wissen, ob diese Regelung in Zukunft nur noch für Verbrennerfahrzeuge gelten soll, während E-Autos drei Stunden stehenbleiben dürften. „Das kann einem aber derzeit niemand sagen“, so der Leiter der Verkehrsbehörde.

Immer weniger Parkraum für die Mehrheit der Autos

Er gibt auch zu bedenken, dass die Zahl der E-Fahrzeuge zwar kontinuierlich zunehme, aber dennoch deutlich mehr Autos mit Verbrennerantrieb unterwegs seien, „die auch nicht mehr oder weniger Parkfläche beanspruchen als ein E-Auto“. Wenn nun die Höchstparkdauer für E-Autos aufgehoben werde und die Stellplätze an den Ladesäulen ohnehin für Verbrennerautos tabu sind, „laufen wir Gefahr, dass für den weitaus größeren Teil der Fahrzeuge immer weniger Parkraum zur Verfügung steht“. Von der Neuregelung seien in Weilheim wahrscheinlich 120 bis 150 Parkplätze betroffen, nicht aber das Altstadt-Parkhaus, das von den Stadtwerken betrieben werde.

In Schongau gab es bislang keine Park-Sonderregelungen für E-Fahrzeuge. Warum, das konnte Geschäftsleiterin Bettina Schade gestern nicht sagen. Auch sie blickt durchaus sorgenvoll auf die Neuregelung. In der Schongauer Innenstadt gibt es zwei Parkzonen: gelb und grün. Auf allen „gelben“ Parkplätzen – etwa vor dem Rathaus oder in der Weinstraße – dürfe maximal eine Stunde geparkt werden, diese aber kostenfrei. Das soll dafür sorgen, dass man schnell seine Einkäufe erledigen kann und dann Platz für den nächsten macht. Auf den „grünen“ Parkplätzen ist die erste Stunde gratis, danach kann man aber für 50 Cent pro Stunde weiter stehen bleiben.

Parkraum könnte blockiert werden

Bettina Schade fragt sich nun, ob E-Fahrzeuge künftig die „gelben“ Parkplätze drei Stunden lang blockieren dürfen, was für eine deutliche Verknappung des raren Parkraums sorgen würde. „Bei den ,grünen‘ Parkplätzen wäre die Umsetzung der Regelung sicher kein Problem“, sagt sie aber gleich dazu. Ungemach droht allerdings auch bei den kostenpflichtigen Parkplätzen am Lido. Hier gilt bisher, dass eine Stunde kostenlos ist, danach bezahlt werden muss. Das sorge auch dort für eine gewisse Fluktuation, weil viele die Gratis-Stunde nutzen, um kurz ins Wasser zu springen und dann wieder zu fahren. Wenn dort demnächst zahlreiche E-Autos drei Stunden stehen, könnte das zu einer Verknappung des Parkplatzangebots führen, befürchtet Schade. Weniger wichtig ist ihr da schon die Frage, ob der Freistaat die Kosten für die ausbleibenden Einnahmen übernimmt oder nicht. Die Beträge, um die es geht, seien überschaubar.

Minister präzisiert

Große Ratlosigkeit herrschte gestern, wie genau die neue Gratis-Parkregelung für E-Fahrzeuge umgesetzt werden soll. Zumindest die Frage, wo die Regelung gelten soll, konnte gestern geklärt werden. Auf Anfrage der Heimatzeitung teilte das Innenministerium mit, dass die Kostenbefreiung nur für öffentliche Parkflächen gelten soll, die mit einem blauen „P“-Verkehrszeichen gekennzeichnet sind. Nicht gültig sei die Gebührenbefreiung bei Privatparkplätzen – auch vor Supermärkten. „Das können zudem Parkplätze sein, die mit einer Schranke versehen sind, oder Parkhäuser, bei denen man bei der Einfahrt ein Ticket ziehen muss.“ Bei Zweifeln solle sich der Autofahrer beim Parkautomaten den Aushang anschauen, heißt es weiter in der Stellungnahme.

Auch interessant

Kommentare