Zwei Jahre nach „Süpermarket“-Brand: Ladenbesitzer sitzt in U-Haft

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Vollkommen zerstört: Rauch dringt aus dem Geschäft am Markt Schwabener Marktplatz, während die Löscharbeiten laufen. Schnell ging die Kripo von Brandstiftung aus, die Festnahmen ließen auf sich warten. © Gaulke

Den Brand im „Süpermarket“ in Markt Schwaben soll vor zwei Jahren der Ladenbesitzer selbst beauftragt haben. Vor wenigen Tagen verhaftete ihn die Polizei.

Markt Schwaben – Das Handy von Gökhan K. läutet durch, aber niemand nimmt ab. Seit Faschingsdienstag, 13. Februar, ist sein Besitzer kein freier Mann mehr. Der 36-Jährige, einst Betreiber des türkischen „Süpermarket“ in Markt Schwaben sitzt in Untersuchungshaft. Er soll vor über zwei Jahren einen ebenfalls in Haft sitzenden, heute 35-jährigen Iraner angestiftet haben, das Geschäft anzuzünden. Dem Vernehmen nach, um die Versicherung zu betrügen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft München II. Bis zu einer Verurteilung gilt aber weiterhin die Unschuldsvermutung.

Brand in Markt Schwaben: Polizei ermittelt seit zwei Jahren - nun die Festnahme

Geändert hat sich aber der Blickwinkel der Anklagebehörde und der polizeilichen Ermittler auf die Vorgänge am späten Abend des 22. Januar 2022. Damals bricht in dem türkischen Lebensmittelladen ein Feuer aus, das sich durch das Haus bis unters Dach frisst und das Gebäude zur Beinahe-Ruine reduziert. Schnell fällt der Verdacht der Ermittler auf Gökhan K. In einer Pressemitteilung rund zwei Wochen nach dem Brand benennt die Polizei einen damals 34-jährigen türkischen Staatsangehörigen. In Markt Schwaben, wo das Geschäft prominent am Marktplatz lag, ist schnell allen klar: Das muss der Betreiber selber sein.

Was in dem Fall anschließend für Stirnrunzeln und Zweifel sorgt: Der Beschuldigte, für den gleichzeitig die Unschuldsvermutung zu gelten hat, bleibt zwei Jahre lang auf freiem Fuß. Kurz nach dem Brand gibt er der Ebersberger Zeitung ein verzweifeltes Interview: „Das war mein Baby, meine Existenz!“ Als er dann als Beschuldigter bezeichnet wird, scheint Gökhan K. aus allen Wolken zu fallen. Ein halbes Jahr nach dem Brand besucht er die Redaktion, äußert sich erneut zum Geschehen. Er sei es nicht gewesen, er habe nichts davon, weil die Versicherungssumme lächerlich sei, habe Privatinsolvenz anmelden müssen, sei hoch verschuldet. „Alles, was ich habe, habe ich in den Laden gesteckt“, sagt K. damals.

Vorwürfe: Schwere Brandstiftung und versuchter Totschlag in fünf Fällen

Heute ist zu vernehmen, dass die vorgestellte Versicherungsleistung nicht mit der tatsächlichen übereingestimmt haben soll, ein entsprechender Betrug also sehr wohl ein Motiv darstelle. Die Staatsanwaltschaft äußert sich dazu nicht. Ein Sprecher teilt der EZ aber mit, dass sich die Situationseinschätzung mit Blick auf den bisher Beschuldigten jüngst von „tatverdächtig“ auf „dringend tatverdächtig“ verschärft habe, deshalb der Haftbefehl. Nicht nur steht der Tatverdacht der Schweren Brandstiftung im Raum, sondern auch jener des versuchten Totschlags in fünf Fällen – so viele Menschen hatten sich bei Ausbruch des Feuers im Gebäude aufgehalten.

Opfer oder Täter? – Was den Ladenbesitzer Gökhan K. angeht, haben sich Kripo und Staatsanwaltschaft nun offenbar festgelegt.
Opfer oder Täter? – Was den Ladenbesitzer Gökhan K. angeht, haben sich Kripo und Staatsanwaltschaft nun offenbar festgelegt. © Johannes Dziemballa

Offenbar hatte es umfangreiche Überwachungsmaßnahmen der Kripo gegen den Verdächtigen gegeben. Zudem habe sein mutmaßlicher Komplize, der anderthalb Jahre nach dem Brand im vergangenen Juli verhaftet wurde, mit seinen Aussagen zu der Neueinschätzung beigetragen, erläutert die Staatsanwaltschaft. Die beiden hätten sich gekannt.

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Verdacht der Ermittler: Gemeinsame Brandstiftung - Kunden schockiert

Im Klartext darf man das so verstehen: Gökhan K. könnte einen Kumpan dazu angestiftet haben, den Laden anzuzünden, um selbst ein Alibi zu haben. Dann wurde der Iraner verhaftet – offenbar sagte er aus. Gegenüber der EZ schilderte K. Tage nach dem Brand, er sei mit Bekannten im nahen Pastetten gewesen, als er von dem Feuer erfahren habe, und mit dem Auto zum Geschehen gerast, wo er mit ansehen habe müssen, wie sein Lebenswerk in Rauch aufging. Was in jener Nacht tatsächlich passiert ist, wird wohl ein Gericht beurteilen müssen.

In Markt Schwaben hat die Brandstiftung nicht nur eine bauliche Wunde im Ortszentrum hinterlassen. Viele Kunden von Gökhan K., der als beliebter Geschäftsmann im Ort galt, reagierten geschockt, mochten die Vorwürfe kaum glauben. Sogar ein Spendenkonto wurde für den Ladenbesitzer eingerichtet. Die Ermittler dagegen scheinen sich sicher, dass die Aufklärung der Ereignisse jener Januarnacht nach über zwei Ermittlungsjahren in die entscheidende Phase geht.

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