Circular Republic: Solarmüll wird bald zum Problem - doch drei deutsche Tüftler haben die Lösung

„Eigentlich ist eine Solarzelle wie ein Sandwich aufgebaut. Man muss sie nur einzeln wieder auseinandernehmen“, erklärt Fridolin Franke schultzerzuckend. Der 30-Jährige ist Mitgründer des Start-ups „Solar Materials“ und spricht auf der Circular Republic Messe in München über das schwierigste Recyclingproblem, das noch auf Deutschland zukommen wird: das Recycling von Solarmodulen.

Denn Deutschland droht in den nächsten Jahren eine Flut an Elektroschrott. Experten erwarten mehr als 100.000 Tonnen alte Solarmodule in den nächsten Jahren. Tonnenweise alte Solarmodule – mit wichtigen Rohstoffen drinnen. Für Franke und seine Mitgründer sind die Solarmodule deswegen keine Müllberge, sondern eine Goldgrube. Oder besser gesagt: eine Silbergrube.

Wie drei Deutsche dem alten Solarmüll den Kampf ansagen

„Die Idee ist in unserem Uni-Projekt entstanden. Damals haben wir gemerkt, dass es bislang keine Lösung gibt, um die wichtigen und teuren Rohstoffe in den Solarzellen – vor allem Lithium und Silber – zu retten. Damals hatten wir noch nicht so viel Ahnung vom Recycling“, erinnert sich Franke an die Anfänge seines heute fast vier Jahre alten Start-ups zurück. Doch die drei deutschen Tüftler haben erkannt, dass nicht nur der Bau, sondern auch der Rückbau von Solaranlagen ein Zukunftsmarkt ist – und haben dafür eine Lösung geschaffen.

„Wir kommen aus dem Bereich der Produktionsverfahrenstechnik und haben uns Folgendes überlegt: Anstatt Solarzellen einfach zu schreddern und nur Teile davon schlecht wiederzuverwerten, führen wir den Produktionsvorgang einfach rückwärts aus – und zerlegen alles in seine Einzelteile.“

Die Rettung, der wichtigste Solar-Rohstoffe

Der Erfolg spricht für sich: Innerhalb weniger Jahre haben die deutschen Ingenieure von der Zell- auf die Industriegröße hochskaliert und recyceln mittlerweile 7000 Tonnen, also 350.000 Solarmodule, pro Jahr. Das entspricht rund einem Prozent der Solarmodule, die allein letztes Jahr in Deutschland installiert wurden. Ihr Ziel: Demnächst wollen sie eine Million Solarmodule recyceln.

Bis zu 98 Prozent der Rohstoffe einer Solarzelle kann das deutsche Start-up retten. Eine hohe Quote in der Recyclingbranche. Da es keine Solarmodulproduktion in Deutschland mehr gibt, können die wiedergewonnenen Rohstoffe zwar nicht in einen geschlossenen Kreislauf zurückgegeben werden, aber das Unternehmen verkauft das gewonnene Silber und Lithium an die Industrie und macht somit die deutsche Wirtschaft unabhängiger von Rohstoffen aus dem Ausland.

Was als Uni-Projekt begann, entwickelt sich nun zu einem Schlüsselstück der Energiewende. Denn je mehr Solaranlagen auf deutschen Dächern entstehen, desto dringlicher wird die Frage nach ihrem Ende – und ihrem zweiten Leben. Für Fridolin Franke ist klar: „Wir müssen aufhören, in Müll zu denken, und anfangen, in Ressourcen zu handeln.“ Das dienst nicht nur der Umwelt und dem Klima, sondern auch der Wirtschaft. 

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