Trump sieht „feindliche Übernahme“ in Syrien – Erdogan-Regierung wehrt sich

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Im Umsturz in Syrien sieht Donald Trump eine „feindliche Übernahme“ der Türkei. Erdogans Regierung weist die Vorwürfe zurück.

Ankara/Washington D.C. – Auch rund zwei Wochen nach dem Sturz des Machthabers in Syrien, Baschar al-Assad, bleibt das Land international Gesprächsthema. Besonders zwischen der USA und der Türkei sorgt der politische Umbruch für Streit: nachdem der designierte US-Präsident Donald Trump den Sturz von Assad als „feindliche Übernahme“ durch die Türkei bewertete, äußerte sich jetzt die Regierung von Recep Tayyip Erdogan und wies die Vorwürfe entschieden zurück.

Die Geschehnisse in Syrien „Übernahme“ zu nennen, sei „ein schwerer Fehler“, sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan am Mittwoch (18. Dezember) in einem Interview mit dem Sender Al-Dschasira. „Für das syrische Volk ist es keine Übernahme“, fuhr Fidan fort. „Ich denke, wenn es überhaupt eine Übernahme ist, dann ist es der Wille des syrischen Volkes, der nun übernimmt.“

Trump vor Journalisten: Türkei hat Schlüssel zu Syrien in der Hand 

Donald Trump hatte am Montag (17. Dezember) gesagt, die Türkei habe das „schlau“ angestellt: „Die Türkei hat eine feindliche Übernahme vollzogen, ohne dass dabei viele Menschen ums Leben gekommen sind“, sagte er vor Journalisten. „Niemand weiß, was mit Syrien passieren wird“, so der Republikaner bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida weiter. „Ich glaube, die Türkei wird den Schlüssel zu Syrien halten.“

Donald Trump
Donald Trump äußert sich bei einer Pressekonferenz in Florida zur Lage in Nahost. © Evan Vucci/AP/dpa

Kämpfer unter Führung der islamistischen HTS-Miliz hatten am 8. Dezember Damaskus erobert und die jahrzehntelange Herrschaft Assads in Syrien beendet. Der gestürzte Präsident Assad, dem Entführung, Folter und Ermordung von Andersdenkenden vorgeworfen wird, floh nach Russland.

Seit 2011: Erdoğan gilt als wesentlicher Unterstützter der Opposition gegen Machthaber Assad

Seit den frühen Tagen der Massenproteste gegen Assad im Jahr 2011 gilt Erdogan als wesentlicher Unterstützer der Opposition gegen den früheren Machthaber. Millionen von Syrern sind in die Türkei geflohen, das Land beherbergte politisch Andersdenkende und unterstützte Gruppen, die gegen die Armee der syrischen Regierung kämpften.

Fidan sagte jetzt aber, es wäre inkorrekt, die Türkei als die Macht darzustellen, die am Ende Syrien regiere. „Ich denke, das wäre das Letzte, was wir wollen, denn wir ziehen enorme Lehren aus dem, was in unserer Region passiert ist, weil die Kultur der Vorherrschaft selbst unsere Region zerstört hat“, sagte der türkische Außenminister. Wesentlich müsse die Zusammenarbeit sein. „Unsere Solidarität mit dem syrischen Volk sollte heute nicht so charakterisiert oder definiert werden, als ob wir tatsächlich Syrien beherrschen würden. Ich denke, das wäre falsch“, fuhr Fidan fort.

Zu Gerüchten, die Türkei könnte eine Offensive auf die von Kurden gehaltene Grenzstadt Kobane starten, sagte Erdogans Außenminister: „Es gibt jetzt eine neue Regierung in Damaskus. Ich denke, das ist jetzt in erster Linie ihre Angelegenheit.“ Wenn diese das „Problem richtig angehen, gibt es für uns keinen Grund einzugreifen“, führte er aus.

Nach Sturz von Assad: Im Nordosten Syrien wird Eskalation zwischen Kurden und Türkei erwartet

Im Nordosten Syriens wird eine größere Eskalation zwischen den von den USA unterstützten Demokratischen Kräften Syriens (SDF) und den von der Türkei unterstützten Gruppen befürchtet. Die SDF bekämpften 2019 mit Unterstützung der USA erfolgreich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat in Syrien.

Ankara erachtet jedoch die zu den SDF gehörende Kurdenmiliz YPG als verlängerten Arm der in der Türkei als terroristisch eingestuften und verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Türkei hatte nach dem Machtwechsel in Syrien ihre Angriffe auf kurdisch kontrollierte Gebiete verstärkt.

HTS in Syrien ist aus Terrornetzwerk Al-Kaida hervorgegangen – Türkei fordert Umdenken

Europäische Länder und auch andere internationale Akteure suchen derzeit den Kontakt zu den neuen Machthabern. Die HTS ist allerdings ursprünglich aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, und wird von den USA und anderen westlichen Staaten als „terroristisch“ eingestuft.

Fidan erklärte nun, es sei an der Zeit für die internationale Gemeinschaft, angefangen bei den Vereinten Nationen, „ihren Namen von der Terrorismusliste“ zu streichen. „Ich denke, die HTS hat enorme Schritte unternommen, um sich von Al-Kaida“, dem IS „und anderen verwandten radikalen Elementen zu trennen“, sagte der Minister. Auch die Türkei listet die HTS als Terrorgruppe, obwohl sie eine Arbeitsbeziehung zu ihr unterhält (bg/dpa).

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