Wenn US-Präsident Donald Trump und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj am Freitag aufeinandertreffen, wird der "Tomahawk" weit oben auf der Tagesordnung stehen. Die Ukraine hätte den weitreichenden Marschflugkörper gerne in ihrem Arsenal, doch die Vereinigten Staaten zieren sich bislang, die Waffe zu liefern.
Trump macht mit "Tomahawk"-Entscheidung Druck auf Ukraine-Verbündete
Womöglich könnte sich das nach dem Treffen in Washington ändern – auch weil Trump damit ein größeres strategisches Ziel verfolgt. Wie die "Kyiv Post" unter Berufung auf westliche Beamte schreibt, geht es dem US-Präsidenten offenbar nicht nur darum, die Verteidigung der Ukraine zu stärken. Mit einer "Tomahawk"-Lieferung soll offenbar auch Druck auf zögerliche europäische Verbündete ausgeübt werden.
Weitreichende Marschflugkörper sind für die Ukraine von entscheidender Bedeutung, weil sie damit Ziele tief im russischen Hinterland angreifen könnte, darunter auch wichtige Militärbasen und Rüstungsstandorte. Das würde den Druck auf Präsident Wladimir Putin erhöhen, sich auf ernsthafte Friedensgespräche einzulassen.
Nach "Tomahawk"-Lieferung soll der "Taurus" folgen
Weil der Kreml-Chef darum weiß, baut er schon lange eine Drohkulisse gegen weitreichende Marschflugkörper auf. Er sprach kürzlich davon, eine "Tomahawk"-Lieferung an die Ukraine würde zu einer "absolut neuen, qualitativ neuen Etappe der Eskalation" führen – die dann auch atomar ausgetragen werden könnte.
Ähnlich äußerte sich der Kreml in der Vergangenheit über Debatten zur Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern. In Deutschland hat deshalb zunächst die Ampelregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) und später auch die schwarz-rote Regierung unter Friedrich Merz (CDU) Abstand davon genommen, die Waffe an die Ukraine zu geben.
Trump erhofft sich nun offenbar, dass eine Zustimmung zur "Tomahawk"-Lieferung als "notwendiger Katalysator für die Beendigung der europäischen Zurückhaltung" wirkt, wie die "Kyiv Post" schreibt. Im Klartext: dass auch Deutschland "Taurus" zur Verfügung stellt und andere Länder ihre Militärhilfen noch einmal erhöhen, um den Krieg zu Ende zu bringen.
Trumps doppelter Ärger über Russland lässt ihn umdenken
Es ist überraschend, dass ausgerechnet Trump offenbar so denkt. Zu Beginn des Jahres hatte er nämlich noch erklärt, keine weitere militärische Unterstützung für die Ukraine zu leisten. Daraufhin hatten die europäischen Staaten den Ausfall zunächst kompensiert – ihre Hilfen brachen im Juli und August aber dramatisch ein, wie neue Zahlen des Ukraine Support Trackers des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigen.
Trumps mögliche Wende ist wohl darauf zurückzuführen, dass er von Putins Weigerung, ernsthafte Friedensgespräche aufzunehmen, frustriert ist. Zudem ist die US-Regierung verärgert darüber, dass Russland vor Beginn des Winters seine Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung verschärft, um eine humanitäre Katastrophe herbeizuführen.
US-Verteidigungsministerium hat bereits Lieferpläne erstellt
Für Trump könnte jetzt der richtige Zeitpunkt für den Kurswechsel gekommen sein. Er hat die "Tomahawk"-Lieferung einige Zeit hinausgezögert. Jüngst hatte das ein ukrainischer Verteidigungspolitiker im "Telegraph" als Strategie gewertet, Putin ein letztes Mal Zeit zu geben, sich auf Verhandlungen einzulassen. Da das nicht geschehen ist, könnte die Waffenlieferung nun erfolgen. Zudem ist Trump derzeit getragen von seinem Erfolg in den Gaza-Friedensverhandlungen.
Wie die "New York Times" berichtet, ist in den USA alles für die "Tomahawk"-Lieferung bereitet: Das Verteidigungsministerium hat bereits Pläne erstellt, wie die Waffen verkauft oder transferiert werden könnten. Möglich ist zum Beispiel, dass wie seit einigen Monaten üblich, europäische Staaten die Waffen den USA abkaufen und dann an die Ukraine übergeben.
So funktioniert der Tomahawk
- Hersteller: US-Rüstungsunternehmen Raytheon
- Verschiedene Versionen mit Reichweiten bis zu 2500 Kilometern, kann damit Ziele weit im russischen Hinterland treffen
- Geschwindigkeit: rund 900 Kilometer pro Stunde
- Länge: etwa sechs Meter
- Gewicht: bis zu 1,5 Tonnen
- Flughöhe: weniger als 200 Meter (dadurch vom gegnerischen Radar schwer zu orten)
- Kann konventionell oder nuklear bestückt werden
- Stückkosten: bis zu 2 Millionen US-Dollar je nach Version